Aller Augen warten auf dich, Herr, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Psalm 145, Vers 1
Aller Augen warten auf Dich? Dass Menschen auf Gott warten und voller Sehnsucht nach IHM sind, ist heute in unserem reichen Land alles andere als selbstverständlich. Vor allem hat es für die meisten Menschen kaum noch was mit Gott zu tun, dass wir genügend zu essen und zu trinken haben. Liegt es auch daran, dass Erntedank an Bedeutung in unseren Gemeinden verliert? Gott ist auch nicht mehr selbstverständlich unter uns Christen. Ich denke, es ist gut so, dass Gott keine evidente Wirklichkeit mehr ist!
Wir sind heute wieder herausgefordert, tiefer und gründlicher nach Gott zu suchen und unsere eigenen Antworten zu finden, auch wenn wir zuweilen die Gottesferne fast bis zur Verzweiflung durchleiden müssen. Erleben wir nicht dies auch in unserer derzeitigen kirchlichen Situation?
Die lange selbstverständliche Sozialgestalt von Kirche geht zu Ende. Fragen wir uns geistlich, was die Gründe sind, dass wir kleiner, ärmer, gesellschaftlich unbedeutender werden? Und das ist nicht nur eine Frage der Demografie. Auch bei der Gestalt von Kirche sind wir gefordert, tiefer und gründlicher nachzudenken, als es lange Zeit der Fall war. Es ist ein Fehler gewesen, dass zum Reformationsjubiläum die Frage nach der Kirche nicht gründlich thematisiert wurde: Was macht Kirche eigentlich aus? Was für eine Kirche wollen wir in Zukunft? Beat Weber übersetzt unseren Vers »Die Augen aller, auf dich sollen sie harren ...« Die Aufforderung macht deutlich: Hinkehr zu Gott tut Not. Ich glaube, dass unsere jetzige Zeit für unseren Glauben ein Segen, eine günstige, geeignete Zeit sein kann. Biblisch gesprochen ER-füllte Zeit (Kairos). Gott lässt sich ganz neu in der Tiefe finden! Auch als denjenigen, der uns Speise gibt. Roland Kutsche