Die evangelischen Kirchen haben in ethischen Fragen offenbar völlig den Kompass verloren. Es wird Zeit, sich wieder aufs Profil zu besinnen und mutiger zu werden. Man kann sich als evangelischer Christ diesbezüglich viel mehr auf die Katholiken verlassen.
Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist das eine Blamage, die Konsequenzen haben muss: Der Vertreter der EKD im Beirat des Musikpreises Echo hat für die Zulassung der Skandalrapper Farid Bang und Kollegah zur Preisverleihung gestimmt – trotz übelster antisemitischer Texte auf deren Album »Jung, Brutal, Gutaussehend 3«.
Eigentlich ist das unvorstellbar. Denn hatte sich die EKD nicht gerade im Vorfeld des Reformationsjubiläums auf ihr besonderes Verhältnis zu Israel und dem jüdischen Volk besonnen? Hatte man nicht in unzähligen Erklärungen Luthers Antisemitismus und die christliche Judenmission verurteilt? Wie kann es sein, dass ein Mitarbeiter des EKD-Kulturbüros dann trotzdem so ein Votum abgibt? Eines ist klar: Die bescheidenen Erklärungsversuche, die der Kulturbeauftragte Johann Hinrich Claussen gegenüber dieser Zeitung abgab, überzeugen nicht. Denn ist es nicht gerade die Aufgabe eines Kirchenvertreters in einem Ethik-Gremium, auch einmal gegen den Strom zu schwimmen und die Grenzen der Kunstfreiheit zu markieren? Und wieso sitzt eigentlich nicht der Kulturbeauftragte selbst in diesem Ethikbeirat? Der Rat der EKD und die Mitglieder der Kirchenkonferenz wären gut beraten, auf ihren nächsten Sitzungen über eine grundlegende Neuorganisation ihrer Kulturarbeit nachzudenken.
Denn klar ist doch: Ohne große Not wurden hier Grundüberzeugungen des deutschen Protestantismus – zu denen auch das entschiedene Eintreten gegen jede Form von Antisemitismus gehört – einer bequemen Mehrheitsmeinung geopfert. Und die EKD wurde von ihren Mitarbeitern öffentlich blamiert. Das geht so nicht. Und es darf auf keinen Fall so weitergehen.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.
Diskutieren Sie mit