Ausstellung zeigt Kirchenkunst aus ehemaliger Paulinerkirche
Ab Dezember sind 30 restaurierte Epitaphe im neuen Paulinum zu sehen»Wahnsinn, was die dort geleistet haben in der kurzen Zeit«, sagt Rudolf Hiller von Gaertringen. »Es war klar, dass sieben Tage hinten und vorne nicht gereicht haben«, schiebt der Leiter der Kunstsammlungen der Leipziger Universität hinterher und beschreibt damit den kurzen Zeitraum zwischen 23. und 30. Mai 1968: Exakt sieben Tage nach dem entsprechenden Beschluss wurde die damalige Leipziger Universitätskirche St. Pauli auf Geheiß des SED-Regimes gesprengt.
Fieberhaft versuchten ein Denkmalpfleger, eine Studentin und eine Gruppe Handwerker in diesen sieben Tagen, aus der Kirche zu retten, was zu retten ist. Notdürftig wurden die Kirchenschätze – Altare, Skulpturen, Epitaphe – dann zunächst jahrelang im Keller des ehemaligen Reichsgerichts gelagert, berichtet Hiller von Gaertringen. Längst nicht alle, fügt er an. Doch seien von den etwa 60 Epitaphen von 1968 immerhin 45 gerettet worden. Die Werke aus Holz, Metall und Stein stammen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert.
30 von ihnen wurden seit 2002 restauriert. Bald sind sie im Leipziger Paulinum, dem Nachfolgebau der gesprengten Kirche, zu sehen. Schon ab Freitag (17. November) dokumentiert in der angrenzenden Galerie im Neuen Augusteum eine Ausstellung ihre Rettung und die Geschichte des Gebäudes – und zeigt weitere, nicht hergerichtete Epitaphe. Das Paulinum selbst wird am 1. Dezember mit einem Festakt eröffnet.
Unter dem Titel »Transformationen. Von der Universitätskirche zum Paulinum« geht die Ausstellung im ersten von vier Bereichen zunächst auf die Geschichte des historischen Gebäudes ein. Ab 1230 von Dominikanermönchen als Kloster errichtet, dokumentieren vor allem Bilder seinen Wandel. Im 16. Jahrhundert widmete Martin Luther (1483–1546) das Haus zur ersten deutschen evangelischen Universitätskirche um. Es folgten ein Umbau zur Gründerzeit, die Nutzung als Teil des sozialistischen Campus in der DDR, schließlich die Sprengung.
Über Fotos und im Mai 1968 gerettete Originalstücke erzählt die Schau dann vor allem den Weg des historischen Inventars. Wurde mit der Restaurierung des ehemaligen Paulineraltars schon in den 1980er Jahren in der Thomaskirche begonnen, lagerten viele andere Stücke über Jahre im Keller. Erst 2004 schuf die Universität für sie ein eigenes Depot.
Kurz zuvor war mit der Restaurierung begonnen worden. Über mehrere Ausstellungen wurde versucht, private Geldgeber für das Projekt zu gewinnen – was gelang. 1,2 Millionen Euro flossen laut Kustos Hiller von Gaertringen insgesamt in die Arbeiten. Zwei Drittel davon stammten aus Spenden und Stiftungsgeldern, den Rest zahlte die Hochschule.
Die Ausstellung solle »ein Resümee ziehen, welche Arbeit gemacht worden ist«, sagt der Kustos. Paulinum und Ausstellung ergänzen sich nun »komplementär«, fügt er hinzu. Deutlich wird das im vierten Teil der Schau, die Fotos von den Bauarbeiten im Inneren des Paulinums zeigt. Die hatten sich wegen spezieller Glaselemente an den Säulen immer wieder verzögert.
Doch nun finden sich an den Wänden des Neubaus etliche der historischen Kunstschätze. Nach 15 Jahren der Restaurierung schließe sich damit nun ein Kreis, sagt Hiller von Gaertringen. »Für uns ist das ein großartiger Moment.« Die Schau ist mit einer Pause während der Weihnachtsferien bis 20. Februar 2018 zu sehen.
Die Ausstellung »Transformationen. Von der Universitätskirche zum Paulinum« ist vom 17. November bis 16. Dezember sowie vom 9. Januar bis 20. Februar dienstags bis freitags von 11 bis 18 Uhr und samstags von 11 bis 14 Uhr zu sehen – in der Galerie im Neuen Augusteum, Augustusplatz 10, 04109 Leipzig.