Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) mahnt einen verantwortlichen Umgang mit deutscher Geschichte an. Vor allem die Sprache sei dafür "ein sensibles Messinstrument", sagte Tillich am Freitag beim Holocaustgedenken im sächsischen Landtag in Dresden. "Wer Begriffe aus der NS-Zeit benutzt, überschreitet eine rote Linie. Jeder einzelne Vergleich ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer", betonte er.
Wer so spreche, poste oder kommentiere, der bediene sich "einer Sprache, die spaltet und verunglimpft, die ausgrenzt und diffamiert, die abwertet und demütigt, die polarisiert und ausschließt, die abspricht und entrechtet". All das sei mehr als eine Entgleisung und mehr als eine gezielte Provokation. Es sei auch mehr als nur Populismus. "Es ist eine neue Sprache des Hasses", der es zu vehement zu widersprechen gilt, sagte Tillich.
Mit der Gedenkstunde im Dresdner Landtag gedachten Vertreter aus Politik, Gesellschaft sowie von Verbänden der Opfer des Nationalsozialismus. Die Gedenkrede hielt der 1926 geborene Jacek Zieliniewicz aus Polen – einer der letzten noch lebenden Zeitzeugen des Holocaust. Er hatte die Konzentrationslager Auschwitz und Dautmergen überlebt. Seit Jahren spricht er als Zeitzeuge über seine leidvollen Erfahrungen in der NS-Zeit, unter anderem an deutschen und polnischen Schulen.
"Das Sprechen über Auschwitz ist schwer und notwendig zugleich", sagte Tillich in seiner Rede. Gedenken und Erinnerung seien jedoch wichtig und dürften nicht aufhören. Der Regierungschef zeigte sich zugleich besorgt über verblassendes historisches Wissen. "Das Erinnern bekommt Lücken. Diese Lücken schleichen sich auch in Sachsen in unseren Alltag. Am Anfang sind es oft Wissenslücken. Achten wir darauf, dass aus ihnen keine Lücken der Menschlichkeit werden", forderte er.
Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) rief in seiner Rede dazu auf, dass "die Opfer des Nationalsozialismus immer von uns gesehen werden" – auch wenn die Spuren an den einstigen Orten des Terrors zunehmend verwischten oder inzwischen gar unsichtbar seien. Den bundesweiten Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar hatte der frühere Bundespräsident Roman Herzog 1996 ins Leben gerufen. In mehreren sächsischen Städten fanden am Freitag Gedenkveranstaltungen statt.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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