Von Wutbürgern und Mutbürgern
Zu der Frage, wie Christen sich zur AfD verhalten können, äußern sich Kirchenvertreter und AfD-Anhänger in einem neuen Buch
In seinem Buch »Alternative für Christen« lässt Herausgeber Wolfgang Thielmann, Pastor und Publizist, elf evangelische Kirchenvertreter zu Wort kommen, die darüber berichten, wie sie es mit dem Religionsbild der AfD halten und welchen Umgang sie mit dieser Partei pflegen.
Der sächsische Pfarrer Sven Petry schildert Beispiele, warum Christen die AfD wählen. Eine Ursache sieht er darin, dass diese Partei es verstehe, der vorhandenen Wut der »Wutbürger«, die vielfältige Ursachen habe, eine Stimme zu geben und fordert deshalb zu »vertrauensbildenden Maßnahmen der Kirchen« durch vorgelebte Toleranz auf. Dazu gehöre, »die Bereitschaft, Ängste zu hören, die man nicht teilt und Meinungen zu respektieren, die man nicht versteht«.
Ein Beispiel für eine solche andere Meinung ist der Aufsatz von Hartmut Beucker aus Wuppertal mit dem Titel »Warum ich für die AfD kandidiere«. Der Jurist und Presbyter argumentiert, dass in seinen Augen aus der Flüchtlingskrise inzwischen »eine Staatskrise und eine Demokratiekrise« geworden und er deshalb in die AfD eingetreten sei, weil in deren Parteiprogramm »die politischen Fragen, die mich beschäftigen, ganz in meinem Sinne beantwortet [sind]«.
Dafür, dass seine Superintendentin Ilka Federschmidt, die hier auch zu Wort kommt, ihn aufforderte, sein Ehrenamt als Presbyter niederzulegen, nachdem bekannt wurde, dass Beucker für die AfD im Landtag kandidierte, zeigt er kein Verständnis, da für ihn die strikte Trennung von Kirche und Staat gilt. Den gezogenen Vergleich zwischen Christen in der AfD und Deutschen Christen hält er für pure Hysterie.
Der Berliner Bischof Markus Dröge beschreibt seine Sicht der Dinge so: Während durch den Rechtspopulismus die Menschen zu Wutbürgern werden, mache das Evangelium sie zu »Mutbürgern«. Deshalb fordert er die Christen auf, sich mutig und kritisch mit der AfD auseinanderzusetzen und deren rechtspopulistischen Missbrauch des Glaubens zu entlarven.
Assistiert wird er von Manfred Rekowski, Präses des Rheinlands, der dafür plädiert, von der AfD Abstand zu halten, aber mit ihr zu reden, im Wissen darum, dass »aus dem universalen Evangelium keine national zentrierte Religion werden [kann]«.
Ebenfalls informativ ist die abschließende Dokumentation »Christen in der AfD?«, die eine auf dem Kirchentag 2017 in Berlin geführte Diskussion wiedergibt, an der neben Bischof Dröge die mittlerweile aus der AfD ausgetretene Annette Schultner teilnahm. Zentraler Streitpunkt auch hier: das Verhältnis von Kirche und Staat.
Dem selbst gestellten Anspruch, mit diesem Buch »Kirchen, Gemeinden und Gruppen zu helfen« das Gespräch mit den Positionen der AfD zu befördern, wird Herausgeber Thielmann durch die pointierte Meinungsvielfalt seiner Autoren in sachlicher Form gerecht.
Wolfgang Thielmann (Hg.: Alternative für Christen? Die AfD und ihr gespaltenes Verhältnis zur Religion. Neukirchner Verlag 2017, 192 S., 17 Euro.
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