»Wir haben keine Zeit mehr«
Luisa Neubauer fand beim Start der Kanzelreden in der Michaeliskirche Leipzig klare Worte
Am 9. Oktober sprach die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer in der Leipziger Michaeliskirche über die Kraft gesellschaftlicher Träume. Die 26-jährige Studentin gilt als eine der führenden Vertreterinnen der deutschen Umweltbewegung und eröffnete mit ihrem Vortrag die Leipziger Kanzelreden 2022/23. In den kommenden Monaten erwartet die Kirchgemeinde weitere prominente Gäste, die von ihren Träumen für eine bessere Zukunft erzählen werden. »Das, was wir hier machen, passiert eigentlich in jedem normalen Gottesdienst«, erklärt Pfarrer Ralf Günther. »Wir stellen uns Fragen, die uns im Alltag bewegen.« Vor allem ältere Gemeindeglieder und Besucher folgten der Einladung.
Neubauer sprach in ihrer Rede anerkennend vom Engagement ihrer Großmutter, erhob aber auch schwere Vorwürfe gegen die älteren Generationen. Jahrzehntelang hätten sie in einem Traum vom endlosen Wachstum gelebt und damit das Leben ihrer Kinder und Enkel in Gefahr gebracht. »Wir bekommen das jetzt zu spüren«, so Neubauer. Sie verwies nicht nur auf die steigende Zahl an Naturkatastrophen, sondern auch auf die heftige Ablehnung der vor vier Jahren gegründeten Klimabewegung »Fridays For Future«.
Im Nachgespräch stellten sich zahlreiche Gottesdienstbesucher hinter die Aktivistin, die sich für die positiven Rückmeldungen bedankte: »Wir jungen Menschen haben so wenig Macht in diesem Land, wir können jede Unterstützung gebrauchen.« Besorgt äußerte sich die evangelische Christin über den zunehmenden Verlust von Hoffnungen und politischen Visionen. Immer öfter werde sie gefragt, ob ihr Engagement nicht vergeblich sei. »Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir von unseren Träumen reden und uns gegenseitig unterstützen.« Neubauer reagierte damit auch auf Sorgen aus der Gemeinde. »Mich bedrängt der enorme Zeitdruck, unter dem wir stehen«, erklärte ein Mann im Nachgespräch. Eine ältere Frau beklagte das Gefühl von großer Hilflosigkeit. Neubauer betonte, dass die Klimabewegung sich gerade deshalb für konkrete Veränderungen einsetze: »Wir machen das nicht als Hobby. Wir handeln aus der Not und wir haben keine Zeit mehr, jetzt noch viele Kompromisse einzugehen.«
Die Bedeutung von politischen Visionen betonte auch Pfarrerin Friederike Deeg in ihrer Predigt. Sie verwies dabei nicht nur auf die Friedensvisionen des Propheten Jesaja, sondern auch auf den Erfolg der friedlichen Demonstrationen vor 33 Jahren. »Jedes Jahr erinnern wir uns daran und wir träumen weiter in der Hoffnung, dass am Ende alle jubeln.«
Nächste Kanzelrede am 13. 11. von Stadtplaner Engelbert Lütke Daldrup.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.