Auch im Glauben aufgeblüht
Landesgartenschau: Die Ausstellung in Torgau geht am 9. Oktober zu Ende. Für Ehrenamtliche im Kirchenwäldchen ist das Freude und Leid zugleich. Insgesamt aber war es ein großes Aufblühen.Ruhig und wieder gut gefüllt strömt die Elbe am Stadtpark von Torgau vorbei. Da ertönt, keine hundert Meter vom Ufer entfernt, die Glocke am Ast einer alten Eiche. Täglich um 15 Uhr ruft sie die Besucher der Landesgartenschau zur Andacht ins Kirchenwäldchen am »Elbbalkon«.
»Nimm Platz, atme auf«, heißt es hier bei bunt geschmückten Bänken, Tischen, einem Bauwagen für seelsorgliche Gespräche sowie Hängematten zum Entspannen. Manchmal setzt sich nur ein Gast an die kleine Holzbühne, manchmal drängen sich die Gäste dicht an dicht, etwa als Landesbischof Tobias Bilz auf den Brettern predigte.
Heute, Ende September, sind es bei Sonnenschein und milden Temperaturen rund 25 Menschen. Im dichten Blätterdach von Ahorn-Bäumen, Eschen, Kastanien und Eichen sitzen zudem einige gefiederte Gäste. Kurz schrecken sie auf, als vier Bläser aus Thallwitz-Röcknitz (Kirchenbezirk Leipziger Land) die Andacht musikalisch beginnen.
Martin Carlitz in seiner weißen Albe mit grüner Stola fügt sich farblich ein in die wieder grünende Naturkulisse und diesen, wie er sagt, »beschaulichen Platz an der Elbe«. Der Ruhestandspfarrer blickt anlässlich des Erntedankfestes und des nahen Endes der Schau zurück auf ganz unterschiedliche Zeiten. Anfangs noch die Baugeräte, im April die Eröffnung und später »ein großartiges Rosenjahr«, Himbeeren, Brombeeren und auch Pflaumen »meist überreichlich«, meint der 70-Jährige. Doch er erinnert auch an die große Dürre, Sonnenblumen und Mais seien vertrocknet.
Jutta Schneller hat getan, was sie konnte, damit die Dürre im Kirchenwäldchen kaum sichtbar wurde. Ohnehin hatte der schattige Ort schon Vorteile – auch für viele Besucher. Doch die Christin habe auch mehrmals in der Woche »meine Bäume« gegossen, zeigt sie auf einen jungen Ahorn und die alte Eiche mit der Glocke. Die Ruheständlerin gehört zur Gruppe der rund 15 Ehrenamtlichen, die als Gästebegleiter feste Dienste im Kirchenwäldchen übernommen haben. »Ich war als Einzige den ganzen Tag hier«, sagt sie. Ihre Anfahrt aus dem gut 30 Kilometer entfernten Bad Liebenwerda in Brandenburg hätte sich nur für ein paar Stunden nicht gelohnt.
Angesichts des nahenden Abschlusses der Gartenschau blickt sie etwas wehmütig zurück auf die schöne Zeit in Torgau. »Ich war im Glauben schon ein wenig eingeschlafen«, erzählt sie von der Zeit vorher. »Aber die Erfahrungen hier und die Gespräche mit den Gästen und der Gruppe haben mir wieder Mut gemacht«, sagt sie.
Auch ihre evangelische Mitstreiterin Steffi Gatzke aus dem sächsischen Arzberg ist sehr zufrieden mit diesem Ehrenamt. Die 59-Jährige hatte zum Jahreswechsel ihre Arbeit verloren und suchte etwas Neues. »Diesen Schritt habe ich nicht bereut.«
Die Projektleiterin des Kirchenwäldchens kann die Freundschaft der ökumenischen »Gemeinde auf Zeit« nur bestätigen. »Sie haben gemerkt, dass sie hier gemeinsam etwas gestalten können«, meint Nicol Speer. So seien »tolle Netzwerke entstanden«. Sie rechnet damit, dass eine gemeinsame Aktivität die Gruppe über die Gartenschau hinaus verbinden wird.
Vorher aber steht noch der festliche Abschluss der Landesgartenschau am 9. Oktober an. Unter anderem wird alles aus dem Kirchenwäldchen versteigert, was noch nicht anderweitig vorgemerkt ist. »Es ist schon schade um den Ort«, sagt Projektleiterin Nicol Speer. »Aber das ist besonderes Schutzgebiet und wir sind hier nur zu Gast.«
Nach dem Abschluss mit der traditionellen Andacht muss sich auch Georg Kewitz seinen Tagesplan etwas umstellen. Der Katholik aus Torgau gehe jeden Tag 20 Kilometer zu Fuß, wobei er die Andacht im Kirchenwäldchen immer in seine Strecke integriert habe. »Dann muss ich ohne Andacht gehen«, sagt der 68-Jährige. »Aber ich bleibe auf dem Weg.«
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