Diakone öffnen sich der Zukunft
Das Moritzburger Diakonenhaus wird 150 Jahre alt – als sich wandelnde geistliche GemeinschaftEinrichtung und Gemeinschaft zugleich – das Moritzburger Diakonenhaus hat Veränderungen erlebt und ist auch heute in Bewegung. Mit einem »Fest der Gemeinschaft« wollen die Mitglieder vom 29. April bis 1. Mai das 150-jährige Bestehen feiern.
Heute sei das als Verein organisierte Diakonenhaus zum einen Ort für Bildung, Dienst am Menschen, Gastlichkeit und geistliche Einkehr, sagt Thomas Knittel. Der 53-Jährige ist seit 2016 Vorsteher. Das Philippus-Institut für berufsbegleitende Studien, das Seniorenzentrum »Haus Friedensort« mit fast 100 Plätzen, eine Produktionsschule für berufliche Integration und ein Gästehaus als Tagungsherberge gehören dazu.
Eng damit verbunden ist zum andern die Gemeinschaft der Moritzburger Diakone und Diakoninnen. Der ausschließlich männliche Gemeindediakon, bis Anfang der 1990er Jahre Standard, sei Geschichte, sagt Thomas Knittel. »Inzwischen hat sich das ausdifferenziert.«
532 Mitglieder gehören derzeit zur Gemeinschaft, 35 Kandidatinnen und Kandidaten kommen demnächst hinzu. Steve Müller ist 2021 eingesegnet worden. Der gelernte Tischler, 1989 in Plauen/Vogtland geboren, lernte die Gemeinschaft während des Religionspädadagogik-Studiums in Moritzburg von 2014 bis 2019 kennen. Das Interesse an jedem Einzelnen als Person sei erlebbar, sagt er. »In der Gruppe sind alle füreinander da, tragen sich gegenseitig in Freude und Leid, auch durch das Gebet.« Von Älteren könne er lernen, wie man Alltag, Beruf und Glaubensleben in Einklang bringe.
Nach zwei Jahren als Gemeindepädagoge im Kirchenbezirk Meißen-Großenhain ist Steve Müller seit Anfang April neuer Leiter des Brüderhauses. Nun, sagt er, sei er selbst auch Gesicht und Sprachrohr der Diakonengemeinschaft und mache Studentinnen und Studenten mit ihr vertraut.
Seit 1997 die ersten Frauen eingesegnet wurden, sei der Anteil der Diakoninnen stark gestiegen, sagt Thomas Knittel. In der gesamten Gemeinschaft machten sie zwar nur etwa ein Viertel aus. Von den noch beruflich Aktiven aber seien schon die Hälfte Diakoninnen; bei den Kandidatinnen sogar zwei Drittel.
Als Netzwerk von Menschen mit geistlichem Hintergrund schätzt Kristin Preuß die Gemeinschaft. Die 43-jährige, aus Annaberg stammende Gemeindepädagogin ist Schulsozialarbeiterin am Dreikönigsgymnasium in der Dresdner Neustadt. Noch seien in den Leitungen der Konvente wenig Frauen vertreten, konstatiert sie. Das liege aber nicht daran, dass Männer Frauen daran hinderten. Nur müssten Frauen das mit Kindern und Haushalt unter einen Hut bringen. »Männer können sich leichter von der Hausarbeit befreien.«
Für Susanne Wolf-Dechandt ist das eher eine Generationenfrage als eine der Geschlechter. Die 36-Jährige ist bei der Diakonie Sachsen für Freiwilligendienste und Ehrenamt zuständig. Männer ihres Alters nähmen schon selbstverständlicher Elternzeit, während ihre Partnerin arbeite. Die Gemeinschaft sei eine von Menschen in ähnlichen Lebenskonstellationen. Das umfasse Arbeit wie Privatleben. »Ich weiß mich begleitet.«
Die Geschichte des Moritzburger Diakonenhauses begann 1872 in Gorbitz bei Dresden. Emil Höhne gründete eine Brüderanstalt mit »Rettungshaus« für sozial gefährdete Kinder und bildete Diakone aus – nach dem Vorbild von Johann Hinrich Wichern in Hamburg.
1899 zogen sie nach Moritzburg um. Jungen wohnten nun im »Knabenhof« (Am Knabenberg) mit Schule und Kapelle; im »Mädchenhof« (Emil-Höhne-Str.) befanden sich Wäscherei, Küche, Speisesaal. Daneben, am Fuße der Kastanienallee, wurde 1911 das erste Brüderhaus erbaut. 1942 musste das ganze Areal zwangsweise verkauft werden. Erst 1992 bekamen sie die Häuser zurück. Neue Gebäude fanden sie an der Bahnhofstraße. Bis heute dient dieser Komplex als »Brüderhaus«. 1948 kaufte die Landeskirche Sachsens die ehemalige Schloßschänke an der Schloßallee. Als »Johann-Sebastian-Bach-Haus« wurde das Gebäude Ausbildungsstätte für Diakone mit musikalischer Spezialisierung. 1991 begannen die ersten sieben Frauen die Ausbildung. 1995 wurde die »Brüderschaft« zur »Gemeinschaft Moritzburger Diakone und Diakoninnen«. 1997 wurde das neue Aus- und Weiterbildungszentrum eingeweiht mit Fachhochschule, Theologisch-Pädagogischem Institut, Diakonischer Akademie, Kapelle, Tagungsherberge, dazu das Seniorenzentrum »Haus Friedensort«. 1998 kam die Evangelische Fachklinik Heidehof dazu. 2019 startete die Evangelische Schule für Sozialwesen. 2020 gab das Diakonenhaus die Hochschule an die EHS Dresden ab. Eine Arbeitsgemeinschaft arbeitet seit Mai 2021 den 2012 bekannt gewordenen Missbrauch durch Diakon Kurt Ströer auf. |
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