Christliche Gemeinde gibt Halt
Pham und seine Frau Nguyen sind Katholiken – die Abschiebung ist noch nicht abgewendetDer Fall des Chemnitzer Vietnamesen Pham Phi Son (65) bewegt die Öffentlichkeit in ganz Deutschland. Mehr als 83 000 Menschen aus ganz Deutschland haben eine Petition unterschrieben mit der Forderung auf ein Bleiberecht für die Familie. Die Behörden in Chemnitz wollen ihn abschieben.
Pham kam 1987 als Vertragsarbeiter nach Chemnitz. Nach der Wende hatte er verschiedene Jobs, meist in der Gastronomie. Bis 2017 lebte er als unbescholtener Bürger, er hatte eine Wohnung, Arbeit, zahlte Steuern und kam nie mit dem Gesetz in Konflikt. Dann wurde seine Tochter Emilia geboren. Pham wollte ihre Geburt und ihre deutsche Staatsangehörigkeit beurkunden lassen, doch da fiel der Stadt Chemnitz etwas auf: Ein Jahr zuvor hatte der Mann Urlaub in Vietnam gemacht, war dort erkrankt und deshalb länger als sechs Monate geblieben. Nach sechs Monaten Aufenthalt außerhalb Deutschlands erlischt aber in der Regel die Niederlassungserlaubnis für Deutschland. Die Stadt Chemnitz sorgte dafür, dass die Familie Wohnung und Arbeit verlor. Eine Klage gegen den Entzug des Aufenthaltsrechts vor dem Verwaltungsgericht scheiterte. Auch die sächsische Härtefallkommission lehnte den Härtefallantrag ab. In diesen Sommer entschied der Vorsitzende der Härtefallkommission, der CDU-Politiker Geerd Mackenroth, kein zweites Mal über den Härtefallantrag zu entscheiden.
Pham und seine Frau Nguyen Thi Quynh Hoa (46) sind gläubige Katholiken. In Vietnam gibt es eine katholische Minderheit, der, je nach Quelle, zwischen 10 und 30 Prozent der Bevölkerung angehören. Die vietnamesischen Katholiken in Sachsen haben seit 2015 in Leipzig eine eigene Gemeinde. Sie treffen sich regelmäßig zu Gottesdiensten in den Räumen der Gemeinde Hl. Familie im Stadtteil Schönefeld. Ihr Seelsorger, der Jesuitenpater Stefan Taeubner, spricht perfekt Vietnamesisch und kennt sich auch mit den religiösen Besonderheiten der Vietnamesen bestens aus. So kann die Messe in vietnamesischer Sprache gefeiert werden. Auf dem Altar stehen zu besonderen Anlässen Früchte und Räucherstäbchen.
Taeubner war es, der der Familie hilft, seit ihr 2017 die Ausländerbehörde das Aufenthaltsrecht entzogen hatte. Nur durch einen Zufall ist die Familie damals der Abschiebung entkommen und auch dieser Zufall hat mit der Kirchgemeinde zu tun. Als die Beamten eines Nachts die Familie zur Abschiebung abholen wollten, ist die mit ihrer Kirchgemeinde auf einem Ausflug auf der Wartburg. Pham ist davon überzeugt, dass die Heilige Elisabeth von Thüringen, die auf der Wartburg lebte, ihn beschützt hätte. Nach dem Ausflug mit der Kirchgemeinde tauchte die Familie fast vier Jahre lang in einem anderen Bundesland unter. Die kleine Tochter Emilia durfte das von den Eltern mit Kuscheltieren dekorierte Zimmer nur verlassen, wenn sie zum Arzt musste. Zu groß war die Angst, entdeckt und abgeschoben zu werden.
Nach Ermutigung durch Stefan Taeubner kehrte die Familie im Januar aus der Illegalität nach Chemnitz zurück. Die Chemnitzer Ausländerbeauftragte Etelka Kobuß half ihnen, wieder eine Wohnung zu finden. SPD, Linke und Grüne in Sachsen unterstützen die Petition auf ein Bleiberecht. Der Flüchtlingsrat, der die Petition initiierte und eine unbefristete Niederlassungserlaubnis durch die Ausländerbehörde Chemnitz forderte, hat die Petition inzwischen zurückgezogen und versucht zunächst auf juristischem Weg, ein Bleiberecht zu erreichen. Eine laufende Petition würde einer rechtlichen Überprüfung im Wege stehen, heißt es.
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