Impulsgeber für Kirchenmusik
Die Hochschule für Kirchenmusik in Dresden feiert ihren 75. Geburtstag. Den Rahmen dafür bilden die Landeskirchenmusiktage vom 10. bis 14. April in Meißen. Doch es gibt nicht nur Grund zum Feiern.Wenn Christfried Brödel über das Motto »grenzenlos« nachdenkt, fällt ihm natürlich die Musik ein. »Musik überwindet Grenzen«, sagt der frühere Rektor der Kirchenmusikhochschule Dresden. »Das Grenzüberschreitende ist für die Musik ganz wichtig.« Neben der Diakonie sei die Kirchenmusik die andere wichtige Brücke von Kirche in die Welt, meint der 76-Jährige. Denn mit Musik würden Menschen erreicht, die vom gesprochenen Wort nicht erreicht werden. Und das sei zunehmend wichtiger in einer Zeit, in der das Verständnis für Glauben und Kirche abnimmt, sagt Christfried Brödel.
Nun tragen die Landeskirchenmusiktage vom 10. bis 14. April das Motto »grenzenlos« und sind zugleich dem Jubiläum 75 Jahre Hochschule für Kirchenmusik Dresden gewidmet. Für Christfried Brödel passe das Motto auch zum Jubiläum. »Die Hochschule ist nichts anderes als Kirchenmusik«, sagt der promovierte Mathematiker, der 25 Jahre lang Rektor der »KiMu« genannten Einrichtung war. Kurze Zeit nach seinem Amtsantritt 1988 öffneten sich die Grenzen der DDR und damit auch die Möglichkeiten für die Hochschule. »Wir waren vorher eine Ausbildungsstätte am Rande der Legalität«, denkt Christfried Brödel an viele Beschränkungen und Hürden zurück. Zugleich erinnert er sich an die Kopplung von katechetischer und kirchenmusikalischer Ausbildung und betont: »Wir hatten damals nie einen Mangel an Bewerbern.«
Heute dagegen muss die Hochschule auf Messen, mit Tagen der Offenen Tür sowie in sozialen Medien um junge Menschen werben. Als eine von sechs evangelischen Kirchenmusikhochschulen in Deutschland »genießt sie einen guten Ruf«, meint Christfried Brödel. Trotzdem: Nach vielen Jahren mit 60 bis über 70 Studierenden und Weiterzubildenden sank die Zahl auf derzeit 54. Ein Alarmzeichen nicht nur für Sachsen, wo die Kantorendichte so hoch wie nirgendwo sonst in Deutschland ist. Auch deshalb fordert der seit 2013 amtierende Rektor Stephan Lennig mit Blick auf alle Kirchenmusikhochschulen: »Alle vorhandenen Studienplätze sind unbedingt erforderlich, um den hohen Bedarf an Absolventen deutschlandweit zu decken.«
Seit ihrer Gründung 1949 unter der Leitung von Martin Flämig hat die Hochschule in 75 Jahren über 1000 Studierende zum kirchenmusikalischen Dienst in den Kirchgemeinden und auch in anderen Berufsfeldern ausgebildet. Eine ihrer Stärken von den Anfängen bis heute sei »die enge Verbindung von hohem künstlerischen Niveau und gleichzeitig großer Nähe zu den alltäglichen Anforderungen in der Gemeinde«, sagt Rektor Stephan Lennig. »Daran müssen wir unbedingt festhalten.«
Die 17-jährige Karla Träger aus Leipzig und der 24-jährige Erik Balcar aus Annaberg-Buchholz wollen gern zu diesen Absolventen gehören. Sie macht Abitur und möchte Jesus in der Musik weitergeben, er ist Verwaltungsfachangestellter, als ehrenamtlicher Organist in mehreren Gemeinden unterwegs und möchte zum Lob Gottes anleiten. Ihre Argumente für die Bewerbung: »Die Hochschule ist eng an die Landeskirche gebunden, sie ist klein, übersichtlich und familiär, die Lage an der Elbe schön«, sagen sie. Gerade haben beide ihre Eignungsprüfungen absolviert und warten im Garten der KiMu auf das Ergebnis. Ab Herbst wollen sie Kirchenmusik B studieren, um hauptamtlich als Kantoren zu arbeiten.
Seit 1990 wurde das Studienangebot um den Kern des Diplomstudiengangs Kirchenmusik B herum deutlich erweitert: Neben diesem Abschluss für hauptamtliche Kirchenmusiker gibt es verschiedene Aufbaustudiengänge und die besonders als Fernstudium beliebte C-Ausbildung für nebenamtlich Tätige. Hinzu kommen Studiengänge in Kooperation mit der Evangelischen Hochschule und der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber, beide in Dresden. »Und wir waren die Ersten in Deutschland, die Dozenten für Popularmusik angestellt haben«, blickt Christfried Brödel nicht ohne Stolz bis 1997 zurück.
So wirkt die KiMu als Impulsgeber für die Kirchenmusik der Landeskirche und nimmt zugleich deren Impulse auf. Das geht, weil sich die Landeskirche ihre eigene Ausbildungsstätte leistet – zumindest noch. Aber die Finanzen der Landeskirche sind im Gegensatz zur Musik zunehmend begrenzt. 2018 entschied die Kirchenleitung deshalb, dass angesichts von Einsparungen eine »Angliederung an die Dresdner Hochschule für Musik Carl Maria von Weber geprüft und entwickelt« werden soll. Auf der Ebene der beiden Hochschulen sei die Prüfung von Fusion oder vertiefter Zusammenarbeit längst abgeschlossen, sagt Rektor Stephan Lennig. Auf der Ebene Freistaat und Landeskirchenamt seien die »konstruktiven Gespräche und Beratungen« noch im Gange. Die Zeit drängt, denn im Herbst ist Landtagswahl.
»Eine Fusion kann auch gut sein«, meint der frühere Rektor Christfried Brödel, »um die Weitsicht zu vergrößern und die eigenen Begrenzungen auf die Kirchenmusik aufzugeben.« Finanziell glaubt er nicht an größere Einspareffekte. Andererseits verhandelt die EKD schon seit einigen Jahren über eine solidarische Finanzierung der kirchenmusikalischen Ausbildung in Deutschland, wovon Sachsen profitieren würde. Aber auch dort scheinen die Diskussionen noch grenzenlos.
Konzerte zum Jubiläum der Hochschule |
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Unter dem Motto »grenzenlos« werden vom 10. bis 14. April in Meißen die Landeskirchenmusik- tage und das Jubiläum 75 Jahre Hochschule für Kirchenmusik Dresden gefeiert. Der Rektor der Hochschule, Stephan Lennig, erwartet »ein großartiges Fest der Kirchenmusik, das motivierend in den Alltag aller Beteiligten hineinstrahlt«.
Für ihn werde im Motto deutlich, »dass es uns nicht um einen einzelnen bestimmten Musikstil geht, sondern dass gerade die große Vielfalt der Musik die Ausbildung an unserer Hochschule prägt und dass deshalb auch eine große Bandbreite an Musik bei den Landeskirchenmusiktagen erklingen wird.« Der Rektor möchte damit »inspirierende Impulse für die kirchenmusikalische Arbeit in unserer Landeskirche setzen«. Neben dem Seminarprogramm für die Kirchenmusiker gibt es jeden Tag ein öffentliches Konzert zu erleben: am Mittwoch 19.30 Uhr vom Hochschulchor in der Frauen- kirche, am Donnerstag 19.30 Uhr von der Sächsischen Posaunenmission in der Frauenkirche, am Freitag 19 Uhr vom Dresdner Kreuzchor in der St. Afra-Kirche und am Sonnabend 17 Uhr das große Abschlusskonzert mit dem Teilnehmendenchor und der Elblandphilharmonie in der Johanneskirche. Öffentlich ist auch der Festgottesdienst am Bläsersonntag 12 Uhr im Dom. (so) Konzerttickets gibt es an der Abendkasse oder bis 8. April unter: Telefon (03 51) 31 86 40, E-Mail: ticket@kirchenmusik-dresden.de |
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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