Brücken des Friedens gesucht
Der Katholikentag in Erfurt (29. Mai bis 2. Juni) steht unter dem Motto »Zukunft hat der Mensch des Friedens«. Wie kann das gelingen? Gedanken des gastgebenden Bischofs.Der Beter erörtert die Frage, wer am Ende die besseren Karten hat: Der Gerechte, der sich für Gerechtigkeit, Versöhnung und Frieden engagiert, oder der Frevler, der nimmt, was er bekommen kann. Gegen Ende des Psalms steht dann der Satz: »Zukunft hat der Mensch des Friedens« (Psalm 37,37). Dieser Satz provoziert Fragen: Ist das wirklich so? Hat wirklich der Mensch des Friedens Zukunft und nicht derjenige, der radikal nur seine eigenen Interessen verfolgt, der göttliche und menschliche Gesetze missachtet und der sogar bereit ist, seine Interessen mit Gewalt durchzusetzen? Und zieht nicht am Ende doch der Mensch des Friedens den Kürzeren? Wenn Sie Menschen des Friedens nennen sollten, Menschen, deren Lebenswerk der Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung ist, würden Ihnen vielleicht auch die Namen Mahatma Gandhi oder Martin Luther King einfallen. Beide wurden bekanntlich erschossen. Wie kann man also das Leitwort des Katholikentags erklären oder auch rechtfertigen?
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Satz im Kontext eines Gebetes steht. Es ist ein Ringen vor Gott und mit Gott. Der Psalm hat also einen religiösen Horizont. Der Beter lässt sich nicht in seiner Überzeugung erschüttern, dass Gott auf der Seite der Friedfertigen steht. Auch wenn der Frev- ler kurzfristig Erfolg hat, gilt ihm die Drohung:
»Eine Weile noch, dann gibt es keinen Frevler mehr. Schaust du nach seiner Stätte – ist er nicht mehr da« (Psalm 37,10). Gott selbst wird also den Frevlern ein böses Ende bereiten. Am Ende des Psalms heißt es: »Die Zukunft der Frevler ist ausgetilgt« (Psalm 37,38). Dagegen steht Gott auf der Seite der Gerechten und Friedfertigen, sodass der Mensch des Friedens Zukunft hat. Aus christlicher Sicht verheißt diese Zusage das messianische Friedensreich, das Jesus Christus am Ende der Welt und ihrer Geschichte errichten wird und das er uns durch seinen Tod und seine Auferstehung erschlossen hat.
Diese Hoffnung auf ein ewiges Friedensreich wird durch die Bergpredigt genährt, in der Jesus gesagt hat: »Selig, die Frieden stiften« (Matthäus 5,9). Die Menschen, die Jesus in der Bergpredigt seliggepriesen hat, sind nach irdischen Maßstäben gerade nicht glücklich: Es sind die Armen und Trauernden, die Menschen, die Hunger und Durst haben und die, die verfolgt werden. Auch die Friedensstifter haben häufig kein leichtes Schicksal. Sie können leicht zwischen die Fronten geraten und dabei Schaden nehmen.
Die Auszeichnung durch einen Friedenspreis ist dann oft nur ein kleiner irdischer Trost. Die Zukunft, die dem Menschen des Friedens im Psalm 37 versprochen wird, ist also für uns Christen die den Friedensstiftern in der Bergpredigt verheißene Seligkeit im mes- sianischen Friedensreich Jesu Christi.
Nun findet der Erfurter Katholikentag nicht in einer Umgebung statt, in der sich alle zum christlichen Glauben bekennen. Vielmehr ist der Mehrheit der Bevölkerung Religion fremd. Wie aber ist der Satz »Zukunft hat der Mensch des Friedens« für Menschen ohne Hoffnung aus der Religion verständlich? Entweder ist dieser Satz schlichtweg falsch, oder man muss über das Wort »Zukunft« nachdenken.
Zukunft ist ja ein sehr weiter Begriff. Er reicht von der Zukunft, die wir morgen erleben werden, bis hin zum Ende der Welt und ihrer Geschichte. Mit »Zukunft« ist im Psalm 37 sicher nicht der nächste Tag gedacht. Solch kurzfristige Zukunftsperspektiven können im Psalm 37 nicht gemeint sein.
Wenn der Satz »Zukunft hat der Mensch des Friedens« auch ohne religiösen Hintergrund verständlich sein soll, dann muss diese Perspektive auch über das Ende des eigenen Lebens hinausreichen.
Da haben nämlich Mahatma Gandhi und Martin Luther King und viele andere Friedensstifter langfristig eine Zukunft der Versöhnung, des Friedens und der Gerechtigkeit eröffnet, auch wenn sie selbst die Früchte nicht ernten konnten.
Der Autor ist promovierter katholischer Theologe und Bischof im Bistum Erfurt.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.