Abschied von barocker Schönheit
Gedenkgottesdienst zum Kirchenbrand in Großröhrsdorf vor einem JahrDer Schmerz sitzt auch ein Jahr nach der Katastrophe noch tief: Am 4. August 2023 brannte die Stadtkirche im sächsischen Großröhrsdorf bis auf die Grundmauern aus. Trotz Trauer schaut die Kirchgemeinde aber auch nach vorn.
Im sächsischen Großröhrsdorf im Landkreis Bautzen ist am Sonntag an den verheerenden Brand der evangelischen Stadtkirche vor einem Jahr erinnert worden. In einem Gedenkgottesdienst am Jahrestag der Katastrophe warb Pfarrer Stefan Schwarzenberg um Zuversicht: Die Trauer müsse nicht das letzte Wort behalten. Die Ruine sei zwar eine offene Wunde in der Stadt, ein kollektiver Schmerz. Die Aussicht auf die Weihe einer neuen Kirche lasse jedoch nach vorn schauen.
Schwarzenberg nannte den Jahrestag eine „weitere Station“ auf dem Weg. „Es wird weitergehen“, versicherte er. Der Gedenktag ein Jahr nach dem Brand der „barocken Schönheit“ sei auch ein Anlass, „sich von der historischen Stadtkirche zu verabschieden“, sagte der Pfarrer. Wie ein neues Gebäude aussehen soll, hat die Kirchgemeinde noch nicht entschieden.
Bis zum 1. September findet eine Online-Umfrage statt, deren Ergebnisse die Grundlage für einen Architektenwettbewerb bilden sollen. Entstehen soll laut Gemeinde eine zeitgemäße und innovative Kirche. Reste des historischen Gebäudes sollen möglichst integriert werden.
Der sächsische Oberlandeskirchenrat Thilo Daniel betonte in seiner Predigt, es brauche Mut und Vertrauen, etwas Neues zu beginnen. Die Gemeinde stehe vor einer schwierigen Entscheidung. Daniel zeigte Verständnis dafür, dass sie sich dafür Zeit lasse. „Sie haben sich Zeit genommen, trotz drängender Fragen“, sagte der Oberlandeskirchenrat von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Er sei zuversichtlich, dass „eine gute Entscheidung“ gefunden werde.
Der Gedenkgottesdienst war zunächst auf dem Friedhof neben der Kirchenruine geplant, wurde jedoch wetterbedingt in das Kirchgemeindehaus in Großröhrsdorf verlegt. Weit mehr als 100 Menschen nahmen daran teil, unter ihnen auch der Bautzener Landrat Udo Witschas (CDU). Wegen begrenzter Platzkapazitäten verfolgten einige Besucherinnen und Besucher die Veranstaltung draußen vor dem Gebäude. Für den Nachmittag hatte die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde auf die Pfarrwiese in Großröhrsdorf zu einem Konzert mit Posaunenchören eingeladen.
Bei dem Brand am 4. August 2023 war die barocke Stadtkirche bis auf die Grundmauern zerstört worden. Auch wertvolle historische Kunstschätze gingen verloren, darunter eine geschnitzte Madonna aus dem 15. Jahrhundert und eine Nachbildung des Altars der Leipziger Thomaskirche. Der Gesamtschaden wird auf etwa 35 Millionen Euro geschätzt. Für den Bau einer neuen Kirche wurden bisher rund 511.800 Euro gespendet. Am nächsten Wochenende will sich die Gemeinde auf dem Stadtfest in Großröhrsdorf mit einem Stand präsentieren.
Gut ein halbes Jahr nach dem Feuer in der Stadtkirche war im Februar ein Mann wegen schwerer Brandstiftung zu einer neunjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden (AZ: 9 KLs 550 Js 27281/23). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte legte Revision ein.
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