Das war der Bischofswahl-Krimi - und das will der künftige Landesbischof Carsten Rentzing
Andreas Roth
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Können nur warten: Landesjugendpfarrer Tobias Bilz und Pfarrer Carsten Rentzing.
Der SONNTAG hilft den Synodalen vorm vierten Wahlgang bei der Entscheidung: Was spricht für und gegen die Kandidaten?
Fünf Mal mussten die Synodalen bisher zur Wahlurne schreiten.
Abschied nach dem vierten Wahlgang: Dietrich Bauer (li.) und Margrit Klatte (2. v. re.) mussten nach dem vierten Wahlgang ausscheiden.
Heiße Debatten unter Synodalen: Welcher Kandidat wird unterstützt?
Der zukünftige Landesbischof Carsten Rentzing nach seiner knappen Wahl.
Der derzeitige Landebischof Jochen Bohl und Synodalpräsident Otto Guse gratulieren Carsten Rentzing zum Wahlsieg.
Künftiger Landesbischof will Hand über Gräben reichen
Die Wahl war knapp - in seinen ersten Worten vor der Landessynode ging der gerade zum künftigen Landesbischof gewählte Carsten Rentzing auf all jene zu, die ihm wegen seiner konservativen Positionen kritisch gegenüber stehen. "Ich möchte all jenen, die mir ihre Stimme nicht geben konnten und vielleicht auch Sorgen mit meiner Wahl verbinden, signalisieren, dass ich für jeden in dieser Landeskirche ein offenes Ohr und ein offenes Herz haben werde", sagte der Markneukirchener Pfarrer. "Es ist meine tiefste Überzeugung, dass uns der Herr zusammengerufen hat. Ich reiche Ihnen allen die Hand und bitte Sie nur um das Quäntchen vorauseilendes Vertrauen, das jeder in einem solchen Amt nötig hat." Vor der Presse betonte er, dass er sich nicht als Vertreter eines bestimmten konservativen Teils der Landeskirche sehe. "Ich hoffe sehr, dass meine Hand, die ich über die Gräben reichen will, angenommen wird."
Warum kam es zu dieser längsten Bischofswahl der sächsischen Kirchengeschichte - und was sagt sie über die Landeskirche aus? Hintergründe lesen Sie im nächsten SONNTAG. Dazu ein großes Interview mit dem künftigen Landesbischof Carsten Rentzing. Und Sie erfahren, was Synodale sagen, die nicht für Carsten Rentzing gestimmt haben.
14:57 Das Finale
Synodenpräsident verkündet das Ergebnis des sechsten Wahlgangs: 40 Synodale stimmen für Carsten Rentzing, 38 für Tobias Bilz, eine Stimme war ungültig. Damit ist der Markneukirchener Pfarrer Rentzing neuer sächsischer Landesbischof, wenn Jochen Bohl Ende August aus dem Amt scheidet. Carsten Rentzing atmete tief durch, reichte Tobias Bilz die Hand - dann folgt die Schlange der Gratulanten. Fast die Hälfte von ihnen hat für seinen Gegenkandidaten gestimmt. Nun wird er auch ihr Bischof sein.
12:50 Nachdenken und diskutieren
In der Mittagspause wird viel diskutiert in der Dresdner Dreikönigskirche. Alles scheint offen: Wird es im sechsten wahlgang eine Mehrheit geben - oder bleibt das Unentschieden? Gerade die Synodalen, die sich bei der - geheimen - Wahl für keinen der beiden Kandidaten entscheiden konnten, werden jetzt die Last spüren: Kompromiss oder Blockade der Wahl? So oder so, es ist eine schwere Gewissensentscheidung. 14:45 wird wieder gewählt.
11:45 Uhr Ergebnis fünfter Wahlgang
Was befürchtet wurde, trat ein: Selbst in der Stichwahl gibt es keinen Sieger. Carsten Rentzing gewann 39 Stimmen, Tobias Bilz 37 Stimmen - für eine Mehrheit nötig wären 40 Stimmen. Schuld daran sind drei Enthaltungen. Offenbar können sich einige Wähler von Dietrich Bauer und Margrit Klatte für keinen der beiden Kandidaten erwärmen. Offen ist, wie dieses Patt gelöst wird. Synodenpräsident Otto Guse bittet das Präsidium und die Ausschussvorsitzenden zur Beratung. Wahrscheinlich, um nach Wegen zu suchen, auch die unentschlossenen Synodalen zu einer Entscheidung für Bilz oder Rentzing zu bewegen. Denn klar ist: Ohne eine Mehrheit ist kein Bischof gewählt.
Sonntag 11.30 Uhr Fünfter Wahlgang
Jetzt werden zum fünften Mal Stimmen abgegeben in der Dresdner Dreikönigskirche: Wird diesmal einer der beiden Kandidaten Carsten Rentzing und Tobias Bilz die Mehrheit erringen? In 15 Minuten wissen wir mehr.
19.23 Uhr Vierter Wahlgang
Es bleibt spannend: Viele Synodalen haben in den letzten Stunden in Grüppchen versucht, sich gegenseitig von einem gemeinsamen Gegenkandidaten zu Pfarrer Carsten Rentzing zu überzeugen. Das Ergebnis: Im vierten Wahlgang ging der Vorsprung von Pfarrer Carsten Rentzing leicht auf 34 Stimmen zurück, Landesjugendpfarrer Tobias Bilz kam ihm mit 31 Stimmen dicht auf die Fersen. Pfarrerin Margrit Klatte bekam 12 Stimmen und Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer wählten zwei Synodale.
Im nächsten Wahlgang geht es morgen Vormittag nun in die Stichwahl unter den beiden aussichtsreichsten Kandidaten Rentzing und Bilz. Synodenpräsident Otto Guse dankte Margrit Klatte und Dietrich Bauer für ihre Kandidatur: "Wir danken Ihnen, dass Sie das für uns getan haben." Jetzt ist die große Frage: Wohin wandern die 14 Wähler von Margrit Klatte und Dietrich Bauer? Es ist keineswegs ausgemacht, dass Sie nur Tobias Bilz zugute kommen. Und: Für die Wahl braucht einer der Kandidaten mindestens 40 Stimmen. Sollte es aus dem Klatte- oder Bauer-Lager viele Enthaltungen geben, bleibt ein Patt. Auch der morgige Wahltag könnte lang werden.
16.05 Uhr Dritter Wahlgang
Der Markneukirchener Pfarrer Carsten Rentzing baut seinen Vorsprung auf 35 Stimmen aus, Landesjugendpfarrer Tobias Bilz verharrt bei 23 Stimmen. Die Dresdner Pfarrerin Margrit Klatte konnte ihre Stimmenzahl leicht auf 17 Steigern, die Zustimmung zu Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer sank auf 4 Stimmen. Keiner konnte eine Mehrheit gewinnen. Jetzt wird auf den Fluren der Dresdner Dreikönigskirche diskutiert, ob ein Kandidat zurückzieht - und wem dessen Stimmen zufallen könnten. Der nächste Wahlgang steht 19.05 an.
12.51 Uhr Zweiter Wahlgang
Der Vorsprung des Markneukirchener Pfarrers Carsten Rentzing zeigt sich auch im zweiten Wahlgang: wieder 33 Stimmen. Landesjugendpfarrer Tobias Bilz konnte mit 23 Stimmen nun drei mehr als im ersten Wahlgang verbuchen - die Stimmenzahlen für die Dresdner Pfarrerin Margrit Klatte sanken hingegen von 16 auf 15 und die für Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer von 10 auf 8. Auch diesmal erreichte kein Kandidat die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Ab dem nächsten Wahlgang nach 15.50 Uhr genügt eine einfache Mehrheit. Jetzt ist aber erst einmal Mittagpause.
9.35 Uhr Erster Wahlgang
79 Synodale geben zum ersten Mal ihre Stimme ab - das Ergebnis: Der Markneukirchener Pfarrer und EKD-Synodale Carsten Rentzing kann mit 33 Stimmen mit Abstand die meisten Synodalen hinter sich vereinen, verfehlt aber die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Ihm folgen Landesjugendpfarrer Tobias Bilz mit 20 Stimmen, die Dresdner Pfarrerin Margrit Klatte mit 16 Stimmen und Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer mit 10 Stimmen. Der zweite Wahlgang folgt 12.35 Uhr.
Hintergrund
Eines steht schon vorher fest: Der Ausgang dieser Tagung der Landessynode ist offen. Nicht nur bei der Frage, welchen der vier Kandidaten die 80 Synodalen am Wochenende zum neuen Landesbischof oder zur Landesbischöfin wählen – sondern auch, nach wie vielen Wahlgängen dies geschehen wird.
Am Freitagabend werden sich die Kandidaten Dietrich Bauer, Tobias Bilz, Margrit Klatte und Carsten Rentzing den Synodalen mit einem zehnminütigen Vortrag vorstellen und Fragen beantworten. Wahrscheinlich wird die Öffentlichkeit dabei auf Antrag des Synodenpräsidiums ausgeschlossen, um Vertraulichkeit zu wahren. Auch die jeweils anderen Kandidaten dürfen nicht zuhören. Wenn die Synodalen im Anschluss daran über ihre Eindrücke und Einschätzungen miteinander beraten werden, sind auch die Mitglieder des Landeskirchenamtes unerwünscht.
Gewählt wird am Sonnabend – öffentlich. Nach 9.15 Uhr soll der erste Wahlgang beginnen. Die Synodalen müssen auf Stimmzetteln ein Kreuz hinter einen der vier Namen machen. Die Hürde liegt im ersten und zweiten Wahlgang hoch: Gewinnt keiner eine Zwei-Drittel-Mehrheit, wird neu gewählt. Allerdings müssen zwischen der Auszählung und einem neuen Wahlgang mindestens drei Stunden liegen – das macht den Wahltag lang.
Nach dem zweiten Wahlgang zur Mittagszeit genügt für einen Sieg dann eine 50-Prozent-Mehrheit – aber die wird bei vier Kandidaten auch nicht leicht zu erreichen sein. Also wird dann das Rechnen und Ringen beginnen der Kandidaten mit sich und Gott: Welcher der vier zieht zurück, und wem fallen dessen Wähler zu? Diese Dynamik lässt sich nicht voraussagen.
Steht nach vier Wahlgängen am Sonnabendabend noch kein Sieger fest, wird es am Sonntag nach 11.30 Uhr einen fünften Wahlgang geben. Dann dürfen nur noch die beiden erfolgreichsten Kandidaten antreten. Gibt es dann keine Stimmengleichheit oder zu viele Enthaltungen ist klar: Sachsen hat einen neuen Landesbischof – oder erstmals eine Bischöfin. Was die Kandidaten gerne ändern würden, wenn Sie Bischof oder Bischöfin wären und wie sie ihr Amt ausfüllen würden, sehen Sie hier:
Das Video zeigt einen Ausschnitt aus der Podiumsdiskussion zur Vorstellung der Bischofskandidaten in der Dresdner Kreuzkirche vom 11. Mai 2015.
Wahl: Das Ergebnis der Landtagswahl in Sachsen hat viel Echo hervorgerufen. Neben Schocks gab es auch »leise Zuversicht« und Aufrufe zu Zusammenhalt. Deutlich äußern sich die Bischöfe. Mehr ...
Und noch etwas, lieber Paul. Sie schrieben "Entschuldigung, aber wir können diesen Leuten doch nicht die Kirche überlassen."
Ich gehe mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass ein A. Rau oder ein Christoph Herrn Rentzing gewählt hätten oder eine Wahl von ihm am ehesten zustimmen würden.
Sie wollen also Leute wie diesen nicht das Feld überlassen.
Wen hätten Sie denn gewählt?
Witzig ist auch, dass Sie Leute als zu konservativ ansehen; die ich als zu liberal anssehe. Wir sind fast wie 2 Pole.
LG, Bastl
Paul schreibt:
30. Mai 2015, 19:32
Britta schreibt:
30. Mai 2015, 19:26
Liebe Britta,
vieles, was in der Bibel steht, ist für uns heute irrelevant – etwa die Frage, was mit Leuten passieren solle, die gleichgeschlechtlichen Sex praktizieren. Es gibt Länder, wo man da sehr am Bibeltext ist – das IST menschenverachtend.
Biblisch belegbar reicht nicht – genauso, wie es nicht reicht zu sagen: Platon hat gesagt …! Wir wissen heute besser über vieles Bescheid.
Wenn so ein Mensch Bischof wird, muss ich persönlich mein Verhältnis zu ihm klären – das werde ich auch.
Herzlich
Ihr Paul
Britta schreibt:
30. Mai 2015, 20:02
Lieber Paul,
es gibt Menschen, die es genauso klären müssen, wenn ein anderer Bischof wird - Sie betonen doch immer das Relativieren der eigenen Ansicht... Es handelt sich um eine demokratische Wahl, und es liegt im Wesen der Demokratie, daß der Sieger akzeptiert werden sollte, so oder so.... Bis jetzt ist keiner Wahlsieger, also warten wir es ab und beten um den Beistand Gottes für die Entscheidung der Wähler.
Herzlichst
Ihre Britta
ML schreibt:
30. Mai 2015, 20:45
"Es handelt sich um eine demokratische Wahl, und es liegt im Wesen der Demokratie, daß der Sieger akzeptiert werden sollte, so oder so...."
Nein. Das Wesen einer Demokratie sind Minderheitenschutz und Opposition - eine demokratische Wahl ist es also nicht.
„Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn. Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen. Bekümmert sich ums Ganze, wer nichts hat? Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl? Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt, um Brot und Stiefel seine Stimm' verkaufen. Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen. Der Staat muß untergehn, früh oder spät, wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.“
aus: Demetrius von Friedrich Schiller
Britta schreibt:
30. Mai 2015, 21:07
Nun beruhigen Sie sich doch erstmal - noch ist er ja nicht gewählt. Natürlich ist Demokratie erstmal eine "Diktatur der Mehrheit". Und eine Wahl wird primär nicht unter der Prämisse getroffen, eine möglichst große Opposition zu schaffen oder die Interessen irgendwelcher Minderheiten durchzusetzen.
Darf man Ihr Statement also so auffassen, daß nur Sie und Ihresgleichen den erforderlichen Verstand haben, um einen Bischof auszuwählen? Dann beantragen Sie doch eine Änderung der Wahlordnung, derzeit darf nämlich noch anderes Volk mitentscheiden...
Hübsch, daß Sie den Schiller rausgekramt haben, der hier im Forum schon etliche Male erschien.
ML schreibt:
31. Mai 2015, 7:33
Ich hoffe, dass bei den Synodalen so viel Verstand da ist, dass er auch nicht gewählt wird.
Ich bin tatsächlich für eine veränderte Wahlordnung. Dass 80 Personen eine Wahl für 720.000 treffen sollen und können, ist ein Unding. Die scheren sich doch alle nur um sich selbst und ihre eigenen Interessen.
Britta schreibt:
31. Mai 2015, 12:41
also sind Sie generell gegen Stellvertreterdemokratie?
Britta schreibt:
02. Juni 2015, 7:52
Welche Wahlordnung schwebt Ihnen denn vor?
Doppelguenther schreibt:
30. Mai 2015, 21:12
Guenther nu kuck -- ganz schön hohes Verkehrsaufkommen hier. Tjo, ne, knappe Sache das. Noch nich verloren, aber auch nich gewonnen. Termin am Tor -- es kann nur EINEN geben. Ähem ... und die hatten Wahlplakate aufgehangen, echt jetz? Welches war denn kaputt? Oder is das jetze auch wieder ein Verstoß gegen das achte Gebot, au weia ... Naja, die am meisten schreien ...
Aber eigentlich is es doch egal, wer unter uns Bischof wird, verehrter Paul, oder?
In diesem Sinne, Rot Front, der Kampf geht weiter, Jawoll!
Paul schreibt:
30. Mai 2015, 23:22
Fragender schreibt:
30. Mai 2015, 21:25
Nun wüsste ich ja zu gern, ob meine Vermutung bezüglich Ihrer Person zutrifft. Aber, da hier schon der verehrte Schiller erwähnt wurde: Wer zählt die Völker, nennt die Namen ...
Haben Sie Geduld?
Ein Unterschied: Ich werde mich zu den Betroffenen stellen - nicht zu den Pharisäern und Schriftgelehrten.
Paul
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