»Steh auf und geh!«
Aufbrüche: Der Weltgebetstag der Frauen am 6. März steht unter dem Motto »Steh auf und geh«. Aufbrüche sind oft nicht einfach, das wissen vor allem Frauen. Doch es lohnt sich, sie zu wagen.Dass afrikanische Frauen für den diesjährigen Weltgebetstag das Thema »Steh auf und geh!« wählen, überrascht mich nicht. Als ich vor Jahren in Kenia und Uganda Entwicklungsprojekte besuchte, wurde mir klar: in der afrikanischen Gesellschaft, und vor allem in den ländlichen Gebieten sind es vor allem starke Frauen, die Wege in eine hoffnungsvollere Zukunft ebnen. Sie halten die Familien zusammen und nehmen Verantwortung wahr. Simbabwe befindet sich nach der Schreckensherrschaft Robert Mugabes und einer kurzen Zeit der Aufbruchsstimmung offenbar in der Schwebe zwischen Rückfall in Agonie und Neubeginn! Entgegen aller Hoffnung hat sich unter der neuen Regierung eigentlich nichts geändert. Damit wollen sich vor allem die Frauen nicht abfinden. Seit der Unabhängigkeit haben sie mehr Rechte, oft aber nur auf dem Papier. Immer mehr fordern sie diese öffentlich ein: »Steh auf und geh!«
Aufbrüche entstehen offenbar nur aus einer Leidenszeit heraus, einer Zeit des Stillstandes, der Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit, der scheinbaren Ausweglosigkeit! Es braucht Menschen, die sich damit nicht mehr abfinden und etwas tun – und sei es auf den ersten Blick noch so bescheiden. Das setzt Mut voraus! Denn jede Aktivität könnte riskant sein, in Diktaturen sogar als Bedrohung für Leib und Leben. Aber wenn eine den Anfang macht und öffentlich Veränderungen einfordert, wenn sich andere davon ermutigen lassen und ihrerseits »aufstehen«, dann kann daraus eine Bewegung werden, die einen Stillstand, oder das Alte oder wie immer man es nennen möchte, überwindet und einen Gestaltungsraum für Neues schafft. Erst an diesem Punkt – vergleichsweise spät – herrscht so etwas wie Aufbruchsstimmung, aus der Neues entstehen kann.
Unweigerlich muss ich an die spektakulärste Aufbruchsstimmung denken, die wohl die meisten in meinem Alter erlebt haben: an die Zeit unmittelbar nach dem Mauerfall vor mehr als 30 Jahren. Die Wochen nach dem 9. November 1989 waren für die überwiegende Mehrheit der Ostdeutschen eine »glückliche Ausnahmesituation«. Die graue Trostlosigkeit, die Bevormundung, das Eingesperrt-Sein waren vorbei und ein Raum scheinbar unbegrenzter Möglichkeiten hatte sich eröffnet. Für viele war das ein Start in ein völlig neues Leben mit ungeahnten Gestaltungsmöglichkeiten – aber nicht für alle. Vielleicht gehört das auch zu einem Aufbruch, dass sich über kurz oder lang die Aufbruchsstimmung verliert.Das war, wenn ich nur an ein Beispiel denke, spätestens bei der Schließung des Kaliwerkes in Bischofferode so und bei jedem Menschen, der sich plötzlich in der Arbeitslosigkeit wiederfand.
Mein persönlich letzter Aufbruch war eine Pilgerreise von Eisenach nach Assisi auf der Via Romea, zu der ich am 14. Mai 2018 startete. Zehn Wochen und 1368 Kilometer später kam ich in Assisi an – ohne dass sich die einstigen Knieprobleme, wegen der sich die Pilgerreise um ein Jahr verzögert hatte, auch nur einmal meldeten. Die Skepsis der ersten Tage, ob sie denn durchhalten würden, war umgeschlagen in eine heitere Aufbruchsstimmung. Und die Pilgerreise hielt, was ich mir von ihr versprach. Sie war ein kleines Abenteuer mit wunderbaren Landschaften, beglückenden Begegnungen und spirituellen Impulsen in unverhofften Situationen. Das andauernde Gehen von Berg zu Berg, von Herberge zu Herberge, von Kirche zu Kirche und von Gebet zu Gebet kann aber als Quelle für neue Lebenskräfte, innere Ruhe, Zuversicht und Gottvertrauen gar nicht genug geschätzt werden. Pilgern eben!
Die Erkenntnis daraus könnte lauten: Vor jeder Aufbruchsstimmung ist erst einmal eine mutige Entscheidung nötig: »Trau dich! Hör auf zu jammern, sondern mach was! Steh auf und geh!«
Impressionen Frühjahrssynode 2024
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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