
Als Cemal Altun 1983 aus dem sechsten Stock des Verwaltungsgerichts in Berlin sprang, ahnte niemand, was diese Verzweiflungstat auslösen wird. Altun war politischer Flüchtling, die Türkei forderte seine Auslieferung. Er wählte den Tod. Der Schock rüttelte Menschen in Deutschland auf und führte wenige Wochen später in Berlin zum ersten Kirchenasyl, zur zeitlich befristeten Aufnahme eines Schutzsuchenden in kirchlichen Räumen. Andere Gemeinden schlossen sich an. Die vielen Ehren- und Hauptamtlichen, die seitdem Asylsuchende begleitet, für sie eingekauft und sie beraten haben, können heute stolz sein, dass in 40 Jahren einige tausend von Abschiebung bedrohte Menschen ein Bleiberecht oder zumindest ein faires Verfahren bekommen haben.
Tempel und Kirchen boten einst Schutz für Verfolgte. Diese Art von Asylrecht an heiligen Orten verschwand, als sich moderne Rechtsstaaten bildeten. Aber was, wenn der Staat seiner Schutzfunktion nicht gerecht wird? Oder jemand innerhalb der Bürokratie einen Fehler macht, der vielleicht lebensbedrohliche Folgen hat? Darum geht es beim Kirchenasyl. Es schafft Zeit, Rechtsmittel auszuschöpfen und Schutzbegehren zu überprüfen. Dafür treten Gemeinden mutig ein. Doch in Deutschland gab es immer wieder Konflikte um das Kirchenasyl. Während seiner Amtszeit als Bundesinnenminister kritisierte etwa Thomas de Maizière – Präsident des Kirchentages im Juni – das kirchliche Engagement. Der Hauptvorwurf: die Kirche stelle sich mit dem Asyl über das Gesetz. Genau das aber tut sie nicht. Die Gemeinden sorgen vielmehr dafür, dass vorhandene Regeln umgesetzt werden und jedes Merkmal eines individuellen Falls berücksichtigt wird.
Renate Haller ist Redakteurin der Evangelischen Sonntags-Zeitung in Frankfurt/M.
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