Der authentische Ort des DDR-Freikaufs auf dem Chemnitzer Kaßberg bleibt nach jahrelangem Ringen erhalten: Die frühere DDR-Abschiebehaftanstalt soll bis 2022 zu einer dauerhaften Gedenkstätte ausgebaut werden. Bund und Land sowie die Stadt Chemnitz hätten zugesagt, die Kosten von rund vier Millionen Euro zu übernehmen, sagte der Vorsitzende des Vereins Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis, Jürgen Renz, am Dienstag in Chemnitz.
Anlass war ein Besuch der sächsischen Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) auf der Baustelle am Gedenkort. Damit verzeichnet der Verein neun Jahre nach seiner Gründung einen wesentlichen Erfolg. Der Freistaat Sachsen stehe hinter dem Projekt, sagte Klepsch am Rande des Baustellenrundgangs dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie sei "tief berührt" von der Geschichte des Ortes und von der Arbeit des Vereins. Es sei wichtig, dass das Gefängnis ein Gedenk- und Lernort wird und auch die nachfolgende Generation davon erfährt, was damals passiert ist, betonte sie.
Das ehemalige Stasi-Gefängnis war von 1963 bis 1989 Drehkreuz für den Freikauf von DDR-Bürgern durch den Westen. Knapp 33.000 Menschen verließen auf diesem Wege den Osten Deutschlands. Der Verein setzt sich seit 2011 dafür ein, dass der authentische Ort für die nachfolgende Generation erhalten bleibt. Der Freistaat hat das Grundstück zwar an einen Investor verkauft. Jedoch habe der Verein die Erlaubnis bekommen, in einem Teil des früheren Gefängnisses eine Dauerausstellung einzurichten, sagte Renz.
Derzeit informiert eine Freiluft-Ausstellung entlang der Gefängnismauer über die Geschichte des Unrechtsortes vor und nach 1945. Ein erhaltener Wachturm und zwei Mauersegmente mit Stacheldraht wurden um Informationstafeln aus Glas erweitert. Ein Teil des früheren Gefängnisses wurde abgerissen. Dort entstehen derzeit Wohnhäuser. "Es hat ein paar Jahre gedauert, bis wir alle Akteure überzeugt haben", sagte Renz, aber jetzt laufe es in eine gute Richtung. Die Stadt Chemnitz habe zugesagt, den Gedenkort zu fördern und jährlich Geld für den Unterhalt bereitzustellen.
Die SED-Diktatur praktizierte den Angaben zufolge den Freikauf bei politisch unbequemen Menschen. Sie wurden anfangs gegen Waren, später für bis zu 96.000 D-Mark pro Person eingetauscht. Insgesamt soll das laut Verein rund 3,4 Milliarden West-Mark in die Staatskasse der DDR gespült haben. Geplant ist nun eine Dauerausstellung im früheren Freikauf-Hafttrakt B, der nach dem bekannten DDR-Unterhändler Wolfgang Vogel als "Vogelkäfig" bekannt wurde. Der Rechtsanwalt war Hauptakteur bei den Freikäufen. Auf dem Chemnitzer Kaßberg wurden die Freigekauften in der Regel vier bis sechs Wochen "aufgepäppelt", bevor sie die Reise in den Westen antreten durften, sagte der Zeitzeuge Chris Bürger.
Der Chemnitzer Verein wird Träger der Gedenkstätte. Pläne, den Kaßberg-Gedenkort unter dem Dach der Stiftung Sächsische Gedenkstätten einzugliedern, seien vom Tisch, sagte Renz. Der Verein habe jetzt mit dem Investor des Kaßberg-Areals einen Mietvertrag über 25 Jahre abgeschlossen. Die Ausstellung soll über drei Etagen im Haftgebäude entstehen. Ein Teil des Gefängnisareals wurde noch bis 2010 als Justizvollzugsanstalt genutzt.
Die Gedenkstätte befindet sich im Aufbau und ist derzeit nicht für Führungen geöffnet. Der Gedenkort an der Außenmauer, Kaßbergstraße 12, ist weiterhin frei zugänglich.
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