Die Botschaft der Pyramiden
Ortspyramiden gehören in vielen Orten zwischen Vogtland und Osterzgebirge zur Adventszeit
Pyramide anschieben!«, ruft es aus dem Dunkeln. Und dann schieben sie – junge Leute aus der Schnitzergruppe in Johanngeorgenstadt. Ein paar Sekunden nur dauert der symbolische Akt. Dann übernimmt die Elektrik. Es leuchten die Lampen, die Ortspyramide mit den geschnitzten Bergleuten dreht sich. Die Johanngeorgenstädter gehören mit ihrem Termin zu den Ersten im Erzgebirge, die »ihre Peremett« in Gang setzen. Traditionell am Donnerstag vorm ersten Advent geht es hier los. So hat es Schnitzer-Vorsitzender Lars Bergauer in einem selbstverfassten Gedicht geschrieben.
Rund um das erste Adventswochenende folgen die Pyramiden dann in den umliegenden Städten und Dörfern. Über 150 sind es wohl im Erzgebirgskreis, etwa 70 im Vogtland, mehr als 65 in der Sächsischen Schweiz und dem Osterzgebirge. Ursprünglich waren »Perchamiden«, wie sie einst hießen, einfache Holzgestelle, umwickelt unter anderem mit Tannenzweigen. Sie galten als günstige Alternative zum teuren Christbaum. Im Erzgebirge hießen sie später aber auch »Weihnachtsberge im Freien«, wie Werner Markgraf 1990 in den »Erzgebirgischen Heimatblättern« schrieb. Die Ersten, die eine Pyramide nach draußen stellten, waren 1933 wohl die Frohnauer. Allerdings wurde die schon zwei Jahre später wieder entfernt. Möglicherweise passte sie mit dem Fokus auf die biblische Weihnachtsgeschichte nicht zum nationalsozialistischen Brauchtumskult, der fürs Erzgebirge eher Bauern und Bergleute in den Mittelpunkt rücken wollte, wie historische Quellen berichten.
Heute herrscht Vielfalt auf der Pyramide. Personen aus der Bibel, Berg- leute, Schnitzer, Sportler, Ortspersönlichkeiten, Märchenfiguren sind zu sehen – nur um einige zu nennen. Und längst wird das »Ahschiem«, wie es in der Mundart heißt, vielerorts zelebriert. Ist beispielsweise eingebunden ins Weihnachtsmarktgeschehen, oder hat ein eigenes Mini-Volksfest bekommen. Oft wirken Kirchgemeinden mit. Oft spielt der Posaunenchor. Oder wie in Albernau und Zschorlau bei Aue je ein Allianz-Bläserchor von evangelisch-lutherischer und methodistischer Kirche sowie der Landeskirchlichen Gemeinschaft.
In Albernau steht die Pyramide, die neben Berg- und Forstleuten auch Maria und Josef mit dem Kind zeigt, gegenüber der evangelischen Kirche. Das kleine Fest, um sie in Gang zu setzen, wird mit Glockengeläut eröffnet und mit einem Konzert im Gotteshaus beendet. »Lothar, schieb ah«, lautet hier der Befehl zum Loslegen. Gemeint ist damit Lothar Süß, der Ortsvorsteher. Er erzählt, die Veranstaltung sei zur Tradition geworden. Locke bis zu 400 Menschen an. An diesem ersten Advent waren es bei um die minus fünf Grad und ordentlich Schnee etwa 200.
Der evangelische Pfarrer Andreas Richter stellte hier in einer Andacht zunächst die Frage: »Können wir überhaupt Advent und Weihnachten feiern, bei all dem, was in der Welt geschieht?« Er fand die Antwort im Verweis darauf, dass es im Advent um das Warten auf Jesus Christus, den Gottessohn geht. »Als Christen vertrauen wir darauf, dass er wiederkommt am Ende der Zeit und dass er dann echten Frieden bringt.« Und er könne jetzt schon Herzensfrieden schenken. Lars Bergauer hat in seinem Gedicht eine ähnliche Antwort gegeben. Und zwar aus Sicht der »geschnitztn Bargleit«, die auf der Pyramide stehen. »Bedachtig und fromm schaun se uhm runter uf de Walt, und mahne de Leit: Dr heilige Christ kommt bald. Se halten zamm und streiten sich net. Is hot nu mol jeder sei Flackl uf derer Peremett. Un su halten si’s aus, in der olbern Zeit. Denn se ham halt des bissel Zefriedenheit.«
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.