Kirchenmusikpreis für Freiberger Domgemeinde
Prämiert wird die Aufführung der zeitgenössischen Passion von Arvo Pärt vor dem Fastentuch von Michael Morgner im Freiberger Dom
Die Kirchgemeinde am Dom zu Freiberg und Domkantor Albrecht Koch bekommen erstmals den Innovationspreis Kirchenmusik für Ihr Projekt Arvo Pärt: Passio – Passionsmusik vor dem verhüllten Altar des Domes. Darüber informierte am Freitag die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens.
Am 12. April 2025 musiziert der Freiberger Domchor gemeinsam mit AuditivVokal und Mitgliedern der Dresdner Kapellsolisten unter Leitung von Domkantor Albrecht Koch vor dem mit dem Fastentuch »Ecce Homo« des Chemnitzer Künstlers Michael Morgner verhüllten Altar des Freiberger Domes eine der bedeutendsten Passionsvertonungen des 20. Jahrhunderts.
Landeskirchenmusikdirektor Burkhard Rüger stellt die Besonderheit des ausgezeichneten Projektes heraus: »Das prämierte Konzertprojekt beinhaltet gleich zwei innovative Elemente: Es greift die jahrhundertealte Tradition der Passionsmusiken auf und führt sie jedoch mit einer zeitgenössischen Passion fort. Dies geschieht in dem historischen Freiberger Dom, in welchem der Altar durch moderne Kunst verhüllt ist. Die Verbindung von Kirchenmusik und Kunst und die Verbindung von Tradition und Moderne machen das Konzertprojekt zu etwas ganz Besonderem.« Gleichzeitig bedeute die Kooperation mit der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 eine gesellschaftliche Öffnung, indem sie die Passionsmusik einem neuen Publikum zugänglich mache.
Für Domkantor Albrecht Koch ist der Preis auch eine Würdigung einer langjährigen Arbeit: »Ich habe seit vielen Jahren Freude daran, unsere historischen Silbermann-Orgeln und unsere traditionelle Kirchenmusik in neue Kontexte zu setzen. Die Neugier, über den Tellerrand zu schauen und die Motivation, immer neue Kooperationen mit anderen Künstlern und Künsten zu suchen, bringt dabei seit Jahren immer wieder spannende Projekte zu Tage, zu denen das jetzt ausgezeichnete gehört«, sagt er. Er freue sich unglaublich über diese Auszeichnung: »Sie zeigt uns, dass unser Engagement, durch die Verbindung von Historie und Moderne und innovative Ansätze die Menschen neu für Kirchenmusik zu begeistern, gesehen und geschätzt wird.«
Innovationspreis Kirchenmusik
Die Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens lobte 2024 erstmals einen Innovationspreis Kirchenmusik zur Förderung von innovativen Projekten aus. Ausgezeichnet werden innovative musikalische Projekte mit einer klar erkennbaren geistlichen Thematik und Ideen, welche geistlich künstlerische Antworten auf gesellschaftlich relevante Fragen geben und nach zeitgemäßen musikalischen Ausdrucksformen des Glaubens suchen. Dieser Preis war auf Grundlage der Konzeption Kirchenmusik durch die 28. Landessynode ins Leben gerufen worden. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. https://kirchenmusik-sachsen.de/innovationspreis-kirchenmusik/
Das prämierte Konzertprojekt : Arvo Pärt: Passio – Passionsmusik vor dem verhüllten Altar des Domes
Am 12. April 2025 musiziert der Freiberger Domchor gemeinsam mit AuditivVokal und Mitgliedern der Dresdner Kapellsolisten unter Leitung von Domkantor Albrecht Koch vor dem mit dem Fastentuch »Ecce Homo« des Chemnitzer Künstlers Michael Morgner verhüllten Altar des Freiberger Domes eine der bedeutendsten Passionsvertonungen des 20. Jahrhunderts. Mit dem Fastentuch entstehen im Dom neue Sichtbeziehungen und Empfindungen, mit der Musik Arvo Pärts entsteht ein Miteinander, das tradierte Erfahrungen traditioneller Passionsaufführungen in neue Bahnen lenkt. Das Konzert ist ein Kooperationsprojekt mit der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz2025 im Rahmen des Kunstpfades Purple Path.
Der Chemnitzer Künstler Michael Morgner hat drei überdimensionale Fastentücher geschaffen. Erstmalig 2023 wurde im Rahmen der Intervention zur Passion der Kulturkirche2025 damit der Altar des Domes verdeckt. Die Kirchgemeinde am Dom setzte eigeninitiativ das Projekt 2024 fort. 2025 erfolgt nun die Präsentation des dritten Tuches, was erneut in der Kooperation mit dem Purple Path, einem der Hauptprojekte der Kulturhauptstadt Chemnitz2025 stattfindet.
Morgners Fastentücher sind Kunstwerke, die zu einem nahezu meditativen Betrachten innehalten: Die einzelnen Blätter sind in Morgners ganz eigener Technik mit dunkler Lackfarbe bedruckt – von fast unsichtbar dort, wo das Papier die mit Farbe bestrichene Druckplatte mit der Symbolform des aufrechten Menschen kaum berührt, nur gestreichelt hat, bis kräftig erdig braun dort, wo Farbe und Papier heftig in Berührung kamen. So oszilliert auch die menschliche Figur zwischen Auftauchen und Verschwinden. Zudem nehmen die Blätter die Knitter des Papiers wie Narben des Lebens auf. Anschließend hat der Künstler die Papiere so zusammengefügt, dass sich ein Farbverlauf vom Dunklen unten ins Helle nach oben ergibt – einer Auferstehung gleich, die den Menschen sowohl erinnernd für die Erde bewahrt wie auch in der Weite des Himmels aufgehen lässt. Die aneinandergereihten Bögen mit der Figur des rastenden Christus erfahren in immer neuen Druckvarianten neue Betrachtungs- und Bedeutungsfelder.
Traditionell erklingen im Dom jährlich die Passionsmusiken Johann Sebastian Bachs oder seiner Zeitgenossen. 2025 nun erfolgt erstmals eine Gegenüberstellung zeitgenössischer Kunst. Denn wer sich Arvo Pärts Johannespassion hörend nähert, muss alles hinter sich lassen, was er aus Bachs Passionen an Hörerfahrung mitbringt. Der Vertonung liegt der lateinische Text des Johannesevangeliums aus der Vulgata zugrunde. Es findet keinerlei Übertragung in eine Landessprache und auch keinerlei Interpolierung neuer, deutender Texte statt. Was sich vollzieht, ist so rituell und selbstverständlich wie die jährliche Passionslesung im Gottesdienst.
Pärts spirituelle Musik, die in 75 Minuten wie ein stiller Strom dahinfließt, wird so in einen unweigerlichen Dialog mit dem überdimensionalen Kunstwerk treten, das in den Bewegungen von Luft und in einer lebendigen Form über den Ausführenden vor dem Altar schwebt. Bild und Musik ergeben so eine miteinander verschmelzende Szene. Das Konzertprojekt bietet mehrfache Kooperationen: Einerseits musiziert der Freiberger Domchor gemeinsam mit dem Dresdner Ensemble AuditivVokal, einem der innovativsten Ensembles zeitgenössischer Vokalmusik. Andererseits ist die Veranstaltung ein Teil des offiziellen Eröffnungswochenendes des Purple Path der Kulturhauptstadt Chemnitz2025.
So entstehen schwingende Dialog-Ketten: Zwischen singenden Profis und Laien, zwischen einem 500 Jahre alten Kirchenbau mit zeitgenössischer Kunst und Musik, zwischen einer Kirchengemeinde mit ihren liturgischen Gewohnheiten und Ritualen und dem internationalem Kunst- und Kulturpublikum samt seinen neugierigen Erwartungshaltungen in einer ihm unbekannten Region.
Zur Person: Albrecht Koch
Organist, Dirigent, Künstlerischer Leiter, kultureller Ideen- und Impulsgeber – Albrecht Koch ist eine herausragende Persönlichkeit der sächsischen Musik- und Kulturlandschaft. Er genießt nationales und internationales Renommee für sein musikalisches Wirken genauso für wie für sein vielseitiges kulturelles Engagement.
Nach ersten musikalischen Grundlagen beim Dresdner Kreuzchor und dem Studium an der Leipziger Musikhochschule wirkt der gebürtige Dresdner hauptamtlich als Domorganist und -kantor am Dom St. Marien in Freiberg/Sachsen, wo die berühmte historische Silbermann-Orgel von 1714 als barockes Meisterwerk jährlich tausende Besucher und Orgelfreunde anzieht. Am Freiberger Dom leitet er den Domchor und die Domkurrende und gründete die Domkinderchöre. Er gestaltet Orgelkonzerte, dirigiert Oratorien, Bachs Passionen und führte bereits in Vergessenheit geratene Werke der sächsischen Musikgeschichte wieder auf. Die zeitgenössische Musik ist ein weiterer Fokus seines Wirkens: Koch brachte bereits zahlreiche Auftragswerke für Orgel sowie Chor und Orchester zur Uraufführung. Als international gefragter Konzertorganist ist Albrecht Koch bei renommierten Festivals im In- und Ausland zu Gast.
Seit 2022 ist Albrecht Koch Präsident des Sächsischen Kultursenats. Er steht der Gottfried-Silbermann- Gesellschaft e.V. vor und ist Künstlerischer Leiter der renommierten Silbermann-Tage und Vorsitzender der Jury des Internationalen Gottfried-Silbermann-Orgelwettbewerbs. Die Konzertreihe an der historischen Silbermann-Orgel in Reinhardtsgrimma wird von ihm künstlerisch verantwortet und lädt jährlich junge Nachwuchstalente und renommierte Organisten ins Osterzgebirge ein. Darüber hinaus vertritt er die Stadt Freiberg in der Vereinigung European Cities of Historical Organs (ECHO). In diesem Rahmen entwickelte er das Konzept für das Junge Ohren Orgelfestival für Kinder und Jugendliche in den ECHO-Städten Freiberg und Altenburg maßgeblich mit. Für seine vielfältigen künstlerischen und gesellschaftlichen Verdienste wurde ihm im Jahr 2022 die Sächsische Verfassungsmedaille vom Freistaat Sachsen verliehen.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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