Mit der Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse hat der traditionelle Frühjahrstreff der Branche einen ersten Höhepunkt erlebt. Die renommierte Auszeichnung in der Kategorie Belletristik ging am Donnerstag an die Berliner Autorin Anke Stelling. Sie wurde für ihr Buch »Schäfchen im Trockenen« geehrt.
Die siebenköpfige Jury unter dem Vorsitz Jens Biskys von der »Süddeutschen Zeitung« würdigte Stellings Werk als »verstörend uneindeutige, scharf belichtete Momentaufnahme der Gegenwart«. Der in drei Kategorien ausgelobte Preis wurde zum 15. Mal verliehen und ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert.
In der Kategorie Sachbuch/Esayistik wurde der Journalist und Kritiker Harald Jähner für sein Buch »Wolfszeit. Deutschland und die Deutschen 1945–1955« geehrt. Darin beleuchte der frühere Feuilletonchef der »Berliner Zeitung« die deutsche Nachkriegsgeschichte auf tief beeindruckende Weise neu, so die Jury.
Der Preis in der Kategorie Übersetzung ging an Eva Ruth Wemme für ihre Übertragung von Gabriela Adamesteanus Buch »Verlorener Morgen« aus dem Rumänischen. Die Berlinerin habe das Hauptwerk der Autorin von 1983 »mit großem Gespür für den lästerlichen Ton seiner Erzählerin Vica übersetzt«, hieß es zur Begründung.
Zuvor war die Feuilleton-Redakteurin der »Süddeutschen Zeitung«, Marie Schmidt, mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet worden. »Zeit«-Journalistin und Autorin Susanne Mayer sagte in ihrer Laudatio laut Redetext, Schmidt beherrsche Sprach- und Stilkritik wie nur wenige. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.
Einen Schwerpunkt der Debatten auf den Podien des ersten Messetages bildeten die Umbrüche in Ost- und Mittelosteuropa um 1989 und die heutige Situation in einigen der Länder. Die langjährige Leiterin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, monierte die aus ihrer Sicht weiter fehlende Verankerung der Revolutionen im Ostblock im historischen Gedächtnis Westeuropas.
Sie halte es für »ein ganz wesentliches Problem, dass Westeuropa die Geschichte des Ostblocks noch nicht als eigene, europäische Geschichte ansieht«, sagte Birthler. Die Umbrüche im Osten seien »aus der Perspektive von Wien oder Paris immer noch etwas, was hinter dem Ural stattgefunden hat«, betonte sie.
Der Chefredakteur der liberalen polnischen Tageszeitung »Gazeta Wyborcza«, Adam Michnik, erklärte mit Blick auf illiberale Tendenzen etwa in Polen und Ungarn, es sei unerhört und gefährlich, wie antidemokratische Eliten die Gesellschaft manipuliert hätten. Mit Bezug auf seine historischen Erfahrungen sagte der frühere Bürgerrechtler: »Seid immer auf der Seite des Menschen und nie auf der Seite des Stacheldrahts.«
Die slowakische Journalistin Iva Mrvová erläuterte, wie nachhaltig der Mord an ihrem Kollegen Ján Kuciak vor gut einem Jahr die Stimmung in ihrem Heimatland verändert hat. Das Verhältnis zwischen Medien und Politik habe sich zu einem Kampf entwickelt, sagte sie: »Wir versuchen, unsere Arbeit zu machen.« Es sei jedoch auch »eine persönliche Sache, dass einer von uns erschossen wurde«, erklärte Mrvová: »Wir versuchen jeden Tag, eine Grenze zu finden und nicht zu böse zu sein.«
Der Investigativjournalist Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova waren am 21. Februar 2018 in ihrem Haus in der Nähe der slowakischen Hauptstadt Bratislava erschossen worden. Der damals 27-Jährige hatte über Korruption, Steuerhinterziehung und Verbindungen hochrangiger slowakischer Politiker zur italienischen Mafia recherchiert. Sein Tod hatte in der Slowakei ein politisches Erdbeben ausgelöst. Regierungschef Robert Fico, zwei Minister und der Polizeipräsident traten zurück.
Die Leipziger Buchmesse dauert noch bis Sonntag. Rund 2.550 Aussteller aus 46 Nationen präsentieren ihre Neuerscheinungen. Gastland ist Tschechien.
Impressionen Frühjahrssynode 2024
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.