Macht auf die Tür
Offene Kirche: Durch die Corona-Pandemie haben viele Gemeinden ihre Kirchen auch jenseits des Gottesdienstes geöffnet. Manche wollen diese Offenheit auch dauerhaft – und verlässlich.![Sie halten die Kirche in Malschwitz offen: Kirchvorsteherin Susann Kopke (l.) zusammen mit Kirchenmusikerin Adele Grafe (r.). Pfarrerin Maria Ramsch freut sich über eine weitere offene Kirche in ihrem Kirchspiel Gröditz. Foto: Uwe Naumann Offene Kirche, Malschwitz, Kirchentür](https://www.sonntag-sachsen.de/sites/default/files/styles/article/public/field/image/2021_30/2021_30_96839.jpg?itok=uMrhyGtu)
Die Tore der Außenmauer der Kirche Malschwitz stehen offen, ebenso die Kirchentür, der Rasen um die Kirche ist gemäht. Große Banner an der Kirche weisen auf das offene Gotteshaus hin. Besonders für Radler auf dem Spreeradweg, der direkt an der Kirche vorbeiführt, ist es ein »deutliches Zeichen: Die Kirche gehört zum öffentlichen Raum«, so Pfarrerin Maria Ramsch. Und tatsächlich: In dem Dorf wenige Kilometer nordöstlich von Bautzen ist die Kirche von morgens bis abends geöffnet.
Seit wenigen Tagen gehört das über 300 Jahre alte Gotteshaus auch offiziell zu den »verlässlich geöffneten Kirchen«, wie das Rauten-Zeichen neben der Kirchentür zeigt. Kirchvorsteherin Susann Kopke schließt früh auf, die Musiklehrerin und Kirchenmusikerin Adele Grafe abends wieder zu. »Es war uns beiden eine große Herzensangelegenheit, die Kirche auch außerhalb der Gottesdienstzeiten zu öffnen«, sagt Susann Kopke.
Sichtbar wird dieses Engagement etwa an frischen Blumen auf dem sehenswerten barocken Altar, an einem Gästebuch oder an einem Gebetsbaum, an dem Kerzen zur Fürbitte entzündet werden können.
Offen war die Kirche schon vor der Corona-Pandemie. Aber nur der Eingangsbereich im Turm war zugänglich. Die Tür zum Kirchenschiff war zunächst noch verschlossen und ließ nur einen Blick ins Innere zu. Als aber im März 2020 keine Gottesdienste mehr gefeiert werden konnten, gingen die beiden Frauen einen Schritt weiter. »Gerade jetzt, wenn doch alles zu hat und schließt, Kontaktbeschränkungen sind, gerade in so einer Zeit sollte doch die Kirche offen sein«, erinnert sich Susann Kopke an die Beweggründe.
Die Referentin für Offene Kirche in der Landeskirche, Kerstin Kracht, hat die Gemeinde im vergangenen Herbst dazu beraten. »Wichtig ist, dass jede Gemeinde darüber nachdenkt, warum ihre Kirche offen oder verschlossen ist«, so die Referentin. »Wir haben ja den Auftrag, in die Welt zu gehen, und wir können Gottes Liebe weitersagen, weitergeben und füreinander da sein. Es gibt wunderbare Möglichkeiten.«
Bislang hätten sie gute Erfahrungen damit gesammelt, sagen die beiden Frauen in Malschwitz. Sie erzählen von Radfahrern, die sich über die offene Kirche für einen Moment der Ruhe freuten. Und da sei auch die Nachbarin, die nicht an Gott glaubt, aber durch die offene Tür ein Stück Heimat besser kennenlernt. »Es soll natürlich auch Stärkung für die eigene Gemeinde sein«, sagt Adele Grafe.
Im großen Kirchspiel Gröditz, zu dem Malschwitz seit vergangenem Jahr gehört, sei es erst die zweite offene Kirche, sagt Pfarrerin Maria Ramsch. In Weißenberg habe man bereits viele gute Erfahrungen gesammelt, wobei der Ort auch am ökumenischen Jakobspilgerweg liegt. Es gebe noch eine weitere Gemeinde, die sich um eine offene Kirche bemüht. »Offene Kirchen erzählen vom Glauben, sind einladend«, so Pfarrerin Ramsch. »Hier finden Sie Ruhe, begegnen Sie Gott«, sagt sie beinahe auffordernd zu den Gästen vor der Kirche, als das neue Zeichen der Offenen Kirche am Eingang enthüllt wird.
»Kirchen sind wie Magnete«, meint der Malschwitzer Bürgermeister Matthias Seidel. »Und ich finde es schade, dass wir viele Kirchen unseren Gästen nicht zeigen.« 24 000 Gäste kämen pro Jahr in die Großgemeinde Malschwitz, sagt der Bürgermeister von 24 Ortsteilen. Die Kommune könne die offene Kirche durch Werbung unterstützen, damit das Angebot bekannter wird, bietet er an. Was Susann Kopke und Adele Grafe auch festgestellt haben, seitdem die Kirche offen steht: »Sie ist jetzt nicht mehr so muffig und nicht mehr nur für uns Gemeindeglieder.«
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