Einer neuen Studie zufolge haben viele westdeutsche Unternehmen bis 1989 von der Zwangsarbeit politischer Häftlinge in DDR-Gefängnissen profitiert. Viele der von den Häftlingen hergestellten Produkte wie Damenstrumpfhosen, Elektromotoren oder Praktika-Kameras gingen in den Export und wurden für Großabnehmer wie Aldi, die Versandhäuser Quelle und Otto oder die Maschinenfabrik Scheppach produziert. Zugleich waren die Arbeitsbedingungen zumeist unmenschlich: Arbeitsschutzvorgaben wurden nicht eingehalten, es passierten viele Arbeitsunfälle. Viele der eingesetzten Häftlinge trugen in der Folge bleibende körperliche und psychische Gesundheitsschäden davon, die bis heute von den Behörden nicht anerkannt werden.
Auftraggeber der am Montag in Berlin vorgestellten Vorstudie »Zwangsarbeit politischer Häftlinge in Strafvollzugseinrichtungen der DDR« war die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG). Dafür haben zwei Wissenschaftler um den Historiker Jörg Baberowski vom Lehrstuhl für Osteuropawissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität unter anderem Protokolle, Korrespondenzen, und Lieferaufträge ausgewertet. Zudem haben sie Zeitzeugen befragt. Gefördert wurde die Studie von der Beauftragten für Kultur und Medien.
Laut Studienautor Markus Mirschel wurden in der DDR ab den 1950er Jahren bis zum 1989 jedes Jahr 15.000 bis 30.000 Häftlinge zur Arbeit gezwungen und vor allem in solchen Bereichen eingesetzt, in denen zivile Arbeitskräfte wegen der schlechten Arbeitsbedingungen nicht arbeiten wollten, zum Beispiel in der Chlorproduktion im Chemiekombinat Bitterfeld.
An vier ausgewählten Beispielen wie dem VEB Strumpfkombinat Esda Thalheim oder dem VEB Pentacon Dresden haben Mirschel und Co-Autor Samuel Kunze die Lieferketten zwischen Ost und West und die gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen rekonstruiert. Dabei sei ihre 120 Seiten umfassende Studie nur die Vorarbeit für eine notwendige Hauptstudie, betonten die beiden Historiker. Vieles zu dem Thema sei noch unbekannt.
Ein erster Bericht dazu war 2014 von dem Politikwissenschaftler Christian Sachse vorgestellt worden. Finanziell gefördert wurde diese Studie damals von Ikea mit 120.000 Euro. Das schwedische Möbelhaus hatte unter anderem seine Klippan-Sofas im sächsischen Waldheim von DDR-Häftlingen herstellen lassen. Der UOKG-Vorsitzende Dieter Dombrowski appellierte am Montag an die anderen Unternehmen, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Es gehe damals wie heute um Ethik und unternehmerische Verantwortung bei den Lieferketten.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.