Kirche als Reiseziel
Unsichere Fernziele geben dem heimischen Tourismus Auftrieb. Der Deutsche nimmt sich im Urlaub dabei Zeit für Religion und geht gerne in Kirchen. Evangelische Gemeinden sind darauf vorbereitet.
Seit Jahren kann man auf der Internationalen Tourismusmesse in Berlin die aktuellen Entwicklungen der Branche beobachten: Einerseits sind Kreuzfahrten immer beliebter, über eine Million Deutsche machen Jahr für Jahr Urlaub auf ihrem Traumschiff. Der Trend geht aber auch immer mehr zu Kurzurlauben bis zu einer Woche. Und angesichts erhöhter Terrorgefahr und Flüchtlingselend in fernen Destinationen verbringen immer mehr Deutsche ihren Urlaub lieber in der Heimat. Die Kirche jedenfalls scheint für alle Fälle gut gerüstet zu sein. Nicht nur, dass auf vielen Luxuslinern längst Urlauberseelsorger mitfahren. Auch für die Familien mit kleineren Geldbeuteln sind evangelische und katholische Geistliche zur Stelle.
Zum Beispiel an der deutschen Nordseeküste. Denn längst vorbei ist die Zeit, als die Hirten ihre Schäfchen allein im Gottesdienst erreichten. Im Urlaub aber haben die Menschen, so scheint es, noch Zeit für die Religion. Also muss man ihnen in den wenigen Sommermonaten auch etwas bieten. Zum Bistum Osnabrück gehören etwa auch sechs der sieben ostfriesischen Inseln, auf denen »Seelsorger auf Zeit« tätig werden. Es geht um geistliche Präsenz mit Vortrags- und Gesprächsabenden, Konzerten, Ausstellungen und weiteren spirituellen Angeboten.
Ein anderes Beispiel ist die evangelische Urlauberkapelle Cuxhaven, die entgegen anderen Gotteshäuser täglich geöffnet ist. Die Urlauberseelsorge Büsum bietet wiederum Führungen durch die Fischerkirche nebst Treff am Strand. In St. Peter Ording gibt es gar Sonnenuntergangsgedanken am Südstrand und Besinnliches unterm Sternenhimmel. Andere bieten Gottesdienste im Hafen oder Watt, Taizé-Andachten und Orgelwanderungen. Auf Helgoland wirbt man mit Kreativnachmittagen oder Gute-Nacht-Geschichten.
Auch in Sachsen ist die Kirche für Urlauber präsent, etwa der Dienst von »Kirche unterwegs« (KU) an der vogtländischen Talsperre Pirk, mit Kindernachmittagen, Teenie-Runden und einem Jubiläumsgottesdienst zu »45 Jahre Kirche unterwegs an der Talsperre Pirk« vom 29. bis 31. Juli.
Die beiden Autobahnkirchen in Uhyst bei Bautzen oder in Wilsdruff bei Meißen am Autobahndreieck Nossen laden zu Stille und Einkehr ein. Pedalritter können bei ihren Fahrradausflügen an der Elbe zum Beispiel in der Radfahrerkirche in Stadt Wehlen bei Pirna eine kühlende Pause einlegen. Auf der Elbe-Mulde-Radtour hält die St. Martinskirche in Nerchau ihre Pforten offen.
Die Seele kann in den Kirchen nicht nur Ruhe finden, sondern sich auch an himmlischen Klängen ergötzen, etwa beim Internationalen Bad Schandauer Orgel- und Musiksommer, in der viele renommierte Musiker zu Gast sind, beim Lausitzer Musiksommer oder bei den Sommerkonzerten in Leipzig-Leutzsch, in der dortigen St. Laurentiuskirche. Für Wissbegierige – auch gezielt für Kinder – werden zahlreiche Kirchenführungen angeboten. In Dresden, einem der wichtigsten innerdeutschen Tourismuszielen, zieht vor allem die Frauenkirche ganzjährig Besucher an, die sich Zeit für religiöse Kunst nehmen. An der Endstation der Schmalspurbahn im Kurort Kipsdorf im Osterzgebirge bietet der Kipsdorfer Predigtsommer geistliche Anregung.
Aber letztlich suchen Touristen nicht nur nach einer guten Auslegung der biblischen Botschaft, sondern hin und wieder auch nach einem seelsorgerlichen Beistand etwa in Lebenskrisen. Wie gut, wenn dann speziell dafür ausgebildete Theologen und Urlaubsseelsorger zur Stelle sind.
Sicherlich kann man die Kirche für einiges kritisieren. Bestimmt aber nicht dafür, dass sie nicht genügend für Urlauber da sei.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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