»Da habe ich beten gelernt«
Kriegsende: Als am 8. Mai vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, herrschte ein großes Leiden – und zaghaftes Hoffen auf ein neues Leben. Leser verschiedener Kirchenzeitungen erinnern sich.Am 31. Januar 1945 rückte sowjetische Infanterie kämpfend in Warnck ein. Die Rote Armee kam über den Warthedamm und nicht über die Landstraße, wo sie von deutschen Truppenverbänden erwartet wurde. Die Front verlagerte sich in Richtung Oder. Jene Nacht war furchtbar, wir saßen im Luftschutzkeller, über uns tobte ein erbitterter Kampf der Infanterie. Da habe ich beten gelernt, denn man konnte nur noch beten …
Siegfried Fischer
Es ist der 8. Mai 1945 in einem Kriegslazarett im nördlichen Dänemark. Ich weiß nicht, wie lange ich hier liege, als ich erwache – man sagt mir: seit vier Tagen. Ohne ein Lebenszeichen, außer blutenden Wunden.Am 4. Mai war nach einem letzten Gefecht gegen über 200 englische Flugzeuge auch unser Schiff untergegangen. Von 185 Mann Besatzung waren 63 tot, erfuhr ich später. Nach dem Untergang konnte ich mich noch im Wasser schwimmend am Tau einer Rettungsinsel festhalten, etwa drei Stunden, bis uns ein Vorpostenboot aufnahm. Am Fußende meines Bettes liegen mein zerschossenes Bordjackett und meine Bibel. Die Kameraden haben mich gefunden und mir die Bibel gebracht.
Johannes Hasselhorn
Im Februar 1945 wurde ich in ein »Wehrertüchtigungslager« einberufen. Da war ich 15 Jahre und sechs Monate alt. In den letzten Zuckungen des Krieges wurde ich von meiner Einheit abgeschnitten. In einem Wald zog ich meine Uniform aus und schlug mich in mehreren Tagesmärschen nach Hause durch. Das war wenige Tage vor dem 8. Mai 1945, dem Waffenstillstandstag. Irgendwann kam zum ersten Mal der Gedanke: Du bist lebend aus dieser Hölle gekommen, also will Gott wohl, dass du noch für irgendetwas lebst.
Heinrich L. Anacker
Am 21. November 1944 wurden die Bahnanlagen in Hünfeld bombardiert. Unter den Toten war auch mein Bruder Hans. Über 20 Schulfreunde verloren ihr junges Leben. Hans und ich waren wie Zwillinge, und den Amputationsschmerz spüre ich bis zum heutigen Tag. Am Ostermontag 1945 kam ein deutsches Jagdflugzeug im Tiefflug auf Burghaun angeflogen, beschoss die Panzer und das weißbeflaggte katholische Pfarrhaus. Als der Beschuss endete, rannte ich raus auf die Straße, um Geschosshülsen zu sammeln. Kaum hatte ich die ersten Hülsen gesammelt, da flog der deutsche Pilot noch einen zweiten Angriff und feuerte aus allen Rohren. Ein amerikanischer Soldat sah mich, rannte auf mich zu, trat mir in den Hintern und jagte mich von der Straße. Vielleicht hat er mir damit das Leben gerettet.
Martin H. Siebert
Es war am 2. Mai 1945. Tags zuvor waren die russischen Panzer in unser Städtchen Laage gerollt, gefolgt von schießenden und marodierenden Soldaten. Die erste Nacht lag hinter uns. Ich – damals 15-jährig – wurde von meinen Eltern mit vier weiteren jungen Mädchen im hintersten Winkel unseres obersten Bodens versteckt. Gegen Mittag kam die Hiobsbotschaft: Das Pfarrhaus mit all den vielen Flüchtlingen muss geräumt werden! Was blieb uns? Die Kirche! Sie verfügte über eine geräumige und nicht ganz so ausgekühlte Sakristei. In dunkle Tücher gehüllt hinkte auch ich dorthin an einem Krückstock inmitten der großen Gruppe. Da hockten wir dann auf den Konfirmandenbänken. Mir hat sich die ungeheure Enge eingeprägt, zählten wir doch nicht weniger als 45 Leute! Immer wieder kamen einzelne Russen in die Kirche. Meine Mutter wehrte sie erfolgreich ab, nur ein besonders wild aussehender drang bis zur Sakristeitür vor, warf einen Blick durch die Scheibe. Die unbeholfene Frage, ob wir denn zu essen hätten, konnte meine Mutter nur verneinen, worauf er verschwand. Nach kurzer Zeit erschien er wieder, unter dem Arm in ein sauberes Handtuch geschlagen eine große Seite fetten Specks! »Da, Frau!« Allein schon diese eindrückliche Geste war Nahrung für unsere verstörten Herzen – und später längere Zeit Bereicherung unserer kargen Mahlzeiten.
Margarethe Wilkens
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