Sich einlassen auf Gott
Advent: Wenn nun wieder die Zeit der Erwartung des Erlösers begangen wird, geschieht das in einer dunklen Zeit. Gewalt und Hass dominieren vielerorts die Herzen und das Handeln. Doch Advent heißt: Sich auf Gott einzulassen und seine Zukunft aktiv zu erwarten.Ob man sich über das politische Geschehen verständigt oder über persönliche Erfahrungen und Krisen: Immer kommt es auf den Deutungsrahmen an, der dem Berichteten gegeben wird. Im Augenblick ist dieser für den politischen Bereich klar auf die Kriegslogik ausgerichtet. Es werden Schuldzuweisungen und Ursachenbenennungen in radikaler Einseitigkeit vorgenommen und Gründe über Gründe für die (Gegen-)Gewaltanwendung gesammelt. Das Heil soll in der Wehrhaftigkeit und Kriegstüchtigkeit, in der größeren Tötungskapazität und Durchschlagskraft liegen. Dass damit Gewaltkreisläufe genährt, Leben über Leben geopfert, Lösungen erschwert werden, gerät aus dem Blick.
Die Welt wird durch das enge Visier des Kriegsblickes betrachtet. So sitzt man in der Enge der eigenen – selbstverständlich guten und richtigen – Seite und glaubt trotz aller sich auftürmender Verluste und Zerstörungen an das erlösende Tun der eigenen Gewalt.
Wie anders ist die Erlösungsbotschaft des Advent. »Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin«, so die große Verheißung des Propheten Jesaja. Von Gott her bereitet sich eine wahrhafte Lösung vor – eine, die nicht auf Schild und Schwert, Panzer und Kampfbomber, Granaten und Raketen setzt. Es ist eine Lösung, die den Frieden bringt, weil sie in sich den Frieden enthält: die »Anderslogik« Gottes, die die Gewaltzirkel unterbricht. Es ist das Umschmieden der Waffen zu Sicheln. Der Beginn von etwas Neuem, das in der Zartheit und Zerbrechlichkeit, in der Wehrlosigkeit und Angewiesenheit anbricht. Etwas, das die Liebe ist und die Liebe eröffnet, der Beginn des Friedens im eigenen Leben – und damit in der Welt. Was im Alten Testament noch eine dringliche Friedenssehnsucht war, will mit der Ankunft Jesu Christi – der Menschwerdung Gottes – Realität werden.
In den ersten Jahrhunderten der Kirche erlebte diese Friedenseröffnung insofern einen Nachhall, als dass sich viele Christen zum Verweigern des Kriegsdienstes gezwungen sahen, um dem von Gott her eröffneten Frieden Rechnung zu tragen. Die frühen Kirchenväter hielten den christlichen Glauben für grundsätzlich unvereinbar mit dem »Kriegshandwerk« und erklärten das Töten im Krieg für nicht rechtens. So sagte der Kirchenvater Justin (gestorben um 165) von den Christen: »Wir alle haben auf der weiten Erde unsere Kriegswaffen umgetauscht (…), die Lanzen in Ackergeräte.« Darin sah der Kirchenvater Origenes (gestorben um 254) die Christenheit als Vorhut einer neuen Menschheit: »Wir Christen ziehen das Schwert gegen keine Nation, wir lernen keine Kriegskunst mehr, denn wir sind Söhne des Friedens geworden durch Christus.«
Diese Verweigerung der Kriegsbeteiligung vollzog auch der einstige römische Soldat und spätere Bischof Martin von Tours (317–397) als eine Lebenswende. Dabei verblieb er nach seiner Christwerdung zwei Jahre »nur dem Namen nach« im Militär und verweigert schließlich ganz den Kriegsdienst: »Ich bin Soldat Christi, es ist mir nicht erlaubt zu kämpfen«, argumentierte er – offensichtlich auf die vielfältigen Pazifizierungen militärischer Begriffe im Neuen Testament anspielend, die das Christsein als »geistliches Soldat- sein« beschreiben. So schreibt etwa Paulus: »Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts« (Römer 13,12). Die Christen sollen »die Waffenrüstung Gottes«, den »Panzer der Gerechtigkeit«, den »Helm des Heils« und das »Schwert des Geistes« anziehen (Epheser 6,11–17).
Advent bedeutet aktives Warten: Wir sollen den Erlöser er-warten, uns selbst in die Bewegung der Veränderung, der Friedenslogik begeben und dem Erlöser so auf halbem Weg entgegengehen. Damit der Ruf der Engel »Friede auf Erden« nicht bloß Schall und Rauch bleibe – und wir Teil der Lösung und nicht des Problems werden.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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