Auferstanden aus Ruinen
20 Jahre neue Dresdner Frauenkirche – Gotteshaus, Versöhnungszeichen, Konzertsaal. Eine Zeitreise aus Mahnung und Dankbarkeit.Es sind diese Jahreszahlen, ohne die alles nicht zu verstehen ist, die miteinander zusammenhängen, einander bedingen: 1928, 1933, 1939, 1945, 1989, 1990, 2005.
Kann doch die neuere Geschichte der Dresdner Frauenkirche nicht auf ein bestimmtes Jahr reduziert werden.
2025 feiert die Frauenkirche den 20. Geburtstag ihrer Wiederweihe.
Ein Festjahr gibt es nicht, teilt die Stiftung Frauenkirche mit. Dafür viele kleine Jubiläen zum Beispiel vor diesem Hintergrund: »Auch die von Frauenkirchenkantor Matthias Grünert gegründeten Ensembles werden alle 20 Jahre«, sagt Grit Jandura als Sprecherin der Stiftung. »Das begehen sie natürlich konzertant: am 7.6. das ensemble frauenkirche dresden, am 14.6. der Kammerchor und am 21.6. der Chor der Frauenkirche. Die Gründungen waren zu Jahresbeginn, aber Aufführungen gibt es das ganze Jahr.« Ein Gottesdienst am 16.2.2025 erinnert an die Aufnahme der Kirche am 13.2.2002 in die Nagelkreuzgemeinschaft. Mindestens eine Veranstaltung widmet sich dem Thema Bauen. Das Kirchweihfest ist am 26. Oktober. Gefeiert wird ein lebendiges Haus, eine gefragte Konzerthalle, ein Touristenmagnet, ein seltenes Beispiel für »Geschichte zum Anfassen«.
Das freut besonders Ludwig Güttler, einen der wichtigsten Protagonisten des Wiederaufbaus: »Es ist erstaunlich, dass es schon 20 gelungene Jahre des Wiederaufbaus sind. Und ich bin froh, wie wir das gestaltet haben. Noch mehr bin ich froh über die Anfänge, die wir gegen Widerstände, gegen Verächtlichmachung durchgesetzt haben; dass wir das geschafft haben; auch den Schulterschluss untereinander, und dass wir dem Gekläff nicht Raum gegeben haben – weder in uns, noch um uns herum.« Man solle einfach auf den Neumarkt gehen und sich das Werk anschauen. Wie der Aufbau gelungen ist, was aus der Kirche geworden ist, darüber zeigt sich Güttler »mehr als zufrieden«!
Doch zurück in die Geschichte. 1933 erschließt sich von selbst: In jenem Jahr festigten die demokratisch gewählten Nationalsozialisten ihre Macht und gaben sie nicht mehr freiwillig ab. Aber 1928? In diesem Jahr war der Faschismus Erich Kästner zufolge noch ein Schneeball, den man hätte aufhalten können; 1933 hingegen bereits eine Lawine. 1939 begann der von Deutschland angezettelte Zweite Weltkrieg, zunächst mit der Teilung Polens im Verein mit Moskau.
Am Vormittag des 15. Februar 1945 der Einsturz.
Von dem 92 Meter hohen und 42 Meter breiten Bauwerk bleibt ein 17 Meter hoher Trümmerberg. Nur zwei 13 Meter hohe Außenmauern ragen weiter empor.
Pläne zum Wiederaufbau gab es seit damals. Doch zunächst hatten der Zwinger, die Semperoper und ab 1985 das Residenzschloss Priorität, was zur Ehre der kleinen, wirtschaftlich schwachen DDR gesagt werden sollte. 45 Jahre lang ebenfalls erörtert wurden Überdachungen der Kirchen- trümmer und auch die Nachbildung der Silhouette aus Eisen, um so ein modernes Denkmal zu schaffen, das die verbliebene Substanz nicht wesentlich angreift. Letztlich wurde die Ruine selbst zum Denkmal. – Das wiederum zum Erinnerungsort geriet: Sichtbar und ab da als Menge pilgerten ab 1982 Menschen nach dem Gedenken in der nahen Kreuzkirche an jedem 13. Februar mit Kerzen in den Händen zur Ruine, viele Jugendliche der Jungen Gemeinden, darunter auch der Autor.
Ohne diese Aktionen keine Friedliche Revolution, ohne Revolution kein Mauerfall, ohne Mauerfall kein »Ruf aus Dresden« im Februar 1990 zum Wiederaufbau, verfasst von Pfarrer Karl-Ludwig Hoch. Jener Karl-Ludwig Hoch, der als kleiner Junge am 14. Februar 1945 das wahrscheinlich letzte Foto der bereits ausgeglühten Frauenkirche schoss, von weiter Ferne mit einer Art Teleobjektiv.
Dem »Ruf« 1990 folgen genau zwei Jahre später der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung Dresden und der Aufbau der Stiftung, die im Oktober 1992 arbeitsfähig ist. Im Boot natürlich die Landeskirche: Gemeinsam mit Stadt und Freistaat Sachsen erfolgt am 28. Juni 1994 die formelle Errichtung der Stiftung. Da ist an Ort und Stelle bereits enttrümmert, Ende Mai 1994 der erste Stein versetzt (der Grundstein von August 1726 lag noch). Die Glockenweihe erfolgt im Juni 2003.
2005 ist das Werk vollendet: Am 30. Oktober strömen 60 000 Menschen auf den Neumarkt, um das Wunder mitzuerleben. »Dresdens Herz schlägt wieder«, erkennt das Magazin DER SPIEGEL damals.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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