Rüstzeitheim im Umbruch
Das Rüstzeitheim »Lutherhöhe« in Reinsdorf-Vielau wurde seit 1976 von Familie Nötzold betreutEnde 2022 ist auf der »Lutherhöhe« in Vielau eine besondere Epoche zu Ende gegangen: Harald Nötzold (67), langjähriger Leiter des Rüstzeitheims, und seine Familie sind ausgezogen. Schon im Oktober 2020 hatte Nötzold sein Amt an Sohn Martin übergeben, in einer Zeit, die nicht nur wegen der Corona-Pandemie schwierig war. Denn mit dem Kirchenbezirk Zwickau, dem das Rüstzeitheim gehört, gibt es offenbar ein Zerwürfnis. »Ich hätte hier gern den rüstigen Rentner gemacht und mein Wissen an jemanden weitergegeben«, sagt Harald Nötzold. Doch das sei offenbar nicht gewünscht, genauso wenig wie der Verbleib der Familie, nachdem Martin Nötzold das Handtuch als technischer Leiter geworfen hatte. Die Veränderungen, die vom Kirchenbezirk vorangetrieben und als nötig erachtet werden, passten offenbar schon länger nicht zu der Art und Weise, wie Nötzolds das Rüstzeitheim seit Jahrzehnten nicht nur geführt, sondern auch gelebt hatten.
Im Jahr 1976 hatte Harald Nötzold als 21-jähriger Elektriker freiwillig Verantwortung übernommen, als Modernisierungsarbeiten in dem seit 1913 bestehenden Anwesen anstanden. Geplant waren zwei Jahre, aus denen 45 Jahre als Heimleiter wurden. »Wir haben in Gemeinschaft mit den Gästen gelebt«, erzählt Harald Nötzold, der mit seiner Frau Ute insgesamt acht Kinder hat. Sie erfüllten ihren Beruf als Berufung und waren die klassische Heimleiterfamilie, der das große Ganze stets wichtiger war, als die eine oder andere Arbeitsstunde mehr. Bei verschiedensten Bauvorhaben, egal ob in der Anfangszeit oder später, als ehemalige Baracken vom Autobahnbau zur Erweiterung des Rüst- zeitheims umfunktioniert wurden, gab es immer wieder praktische Ideen und Lösungen, die funktionierten. Nachhaltigkeit und Nähe zur Natur waren ebenfalls wichtige Anliegen auf der »Lutherhöhe«, wo es reichlich 70 Betten gibt, die mit 7000 Übernachtungen jährlich gut ausgelastet waren.
Doch zuletzt war es oftmals leer, was laut Nötzold auch an der Neuausrichtung durch die Verantwortlichen liegt. Den Fortbestand des Rüstzeitheims, das sich für ihn wie ein Lebenswerk anfühlt, sieht er bedroht.
Der Zwickauer Superintendent Harald Pepel kennt die Problematik. Von viel Herzblut und großem Einsatz der Familie Nötzold spricht er genauso wie über verschiedene Sichtweisen. Dass die Heimleiter direkt im Haus wohnen, sei keine Lösung für die Zukunft. Anforderungen an einen Heimleiter, aber vermutlich auch dessen Vorstellungen von einer Trennung von Arbeit und Privatem, seien heute anders als in früheren Jahrzehnten. Ein neues Buchungssystem und veränderte Abläufe seien ebenso notwendig wie umfangreiche Investitionen, vor allem auch aufgrund von Anforderungen des Brandschutzes. »Die Lutherhöhe soll auf jeden Fall erhalten werden«, sagt Pepel. Dafür brauche es aber entsprechende Konzepte und Investitionen im Millionenbereich. Diese seien nur Schritt für Schritt machbar, was auch von reichlich Bürokratie begleitet wird. Denn das Areal der »Lutherhöhe« erstreckt sich nicht nur über Flurstücke, die zu zwei verschiedenen Kommunen, Reinsdorf-Vielau und Wilkau-Haßlau gehören, sondern es liegt teilweise auch im Schutzstreifen der nahen Autobahn A 72. Für Bestehendes gibt es zwar Bestandsschutz, doch Veränderungen werden nicht einfach sein – es geht den Gebäuden also wie den Menschen, die für sie verantwortlich waren oder sind.
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