Von Haus zu Haus – gerade jetzt
Pfarrerin Barbara Vetter sieht sich im Kohrener Land derzeit besonders in der VerantwortungWenn Barbara Vetter in ihrem Kirchspiel Kohrener Land-Wyhratal zu den Menschen geht, blickt sie auf einen reichen Erfahrungsschatz zurück. Rund dreißig Dienstjahre als Pfarrerin liegen hinter ihr, seit fast vierzehn Jahren ist sie im ländlichen Raum um Frohburg tätig. Und doch fühlt sie sich momentan als Seelsorgerin ganz neu gefragt.
Denn die Zeit der Corona-Beschränkungen nutzt sie für Einzelbesuche. Sie steht an Türen, Gartenzäunen und in Hausfluren, muntert ältere Leute, Kinder und Familien auf. »In normalen Zeiten sucht man sich ja meist einen Anlass, wie Geburtstage, ein Jubiläum oder auch Krankheit«, sagt sie. »Man macht nur selten anlasslos die Runde, weil man sich fragt, ob es erwünscht ist. In der Krisenzeit habe ich gelernt, dass wir da manchmal zu zaghaft sind. Es ist eigentlich immer gut, sich auf den Weg zu machen.« Viele Familien seien durch Homeoffice und Kinderbetreuung stark belastet und deshalb für einen persönlichen Besuch dankbar: »Wenn ich vorbeikomme, können sie ihr Herz ausschütten und einfach mal erzählen, wie es ihnen geht.«
Den Kontakt mit ihren Gemeindegliedern erlebt Barbara Vetter als durchgehend positiv, vor allem auch bei den älteren Menschen. »Viele haben ihre Enkel monatelang nicht gesehen. Es gibt eine starke Sehnsucht nach persönlicher Nähe«, berichtet sie. Die Kinder seien der digitalen Beschulung überdrüssig, und viele Konfirmanden freuten sich, ihre Pfarrerin persönlich zu sehen. »In der Kinderarbeit müssten wir dringend wieder Neues beginnen, damit wir die Kinder nicht verlieren«, meint Vetter nachdenklich.
Auch fehle vielen Menschen der Besuch der Kirchen. »In einem digitalen Gottesdienst bin ich nur Zuschauer, in einer Kirche dagegen Teil der versammelten Gemeinde; außerdem spricht der Raum zu mir, hilft mir, zu innerer Sammlung und Andacht zu finden«, betont sie. Die Bedeutung der Präsenzgottesdienste in den örtlichen Kirchen trete gerade jetzt besonders hervor. Den Leuten habe der Besuch der Gotteshäuser sehr gefehlt. »Sie haben eine starke Beziehung zu ihren Kirchen, denn da sind sie getauft und konfirmiert worden. Auf dem Friedhof liegen ihre Toten, da ist der persönliche Bezug vorhanden, den wollen wir stärken. Deshalb haben wir, sobald das möglich war, wieder auf Präsenzgottesdienste gesetzt – selbstverständlich unter Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen.« Natürlich erreiche man damit nicht alle Gemeindeglieder, aber mit der persönlichen Begegnung versuche sie das auszugleichen.
Zu Ostern verteilte Barbara Vetter eine CD mit hausgemachter Musik, die eine Musikerfamilie aus der Kirchgemeinde eingespielt hat. Sogar kleine Abendmahlsfeiern habe man in den Häusern abgehalten.
Die Aufgabe der Kirche sieht Barbara Vetter darin, »darauf hinzuweisen, was in bedrückten Zeiten unsere Kraft und Hoffnung ist«. Und auch sie selbst profitiert von den direkten Begegnungen: »Schon ein kleiner Gruß der Kirchgemeinde hat eine große Wirkung. Es ist wichtig, den Austausch zu pflegen. Ich weiß jetzt viel besser, was in der Gemeinde los ist, als zu normalen Zeiten.«
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