Von Rio nach Obercunnersdorf
Kantor Joevan de Mattos Caitano bringt bald auch Neues in die Kirchenmusik der LausitzVor etwa neun Jahren hat Joevan de Mattos Caitano die Wärme Brasiliens gegen die wechselhafte Witterung Mitteleuropas eingetauscht. Doch von Mai bis September sei das Wetter auch in Deutschland wunderschön, wie der studierte Kirchenmusiker, Musikpädagoge und Musikwissenschaftler findet. Im Moment lebt der 1979 geborene Caitano in Leipzig. Doch in Kürze wird er in die Oberlausitz umziehen. Im Kirchenbezirk Löbau-Zittau übernimmt er eine Kantorenstelle und ist dann direkt beim Kirchenbezirk angestellt – ein Ergebnis der kirchlichen Strukturreform. Dadurch entstand unter anderem der Kirchengemeindebund Löbauer Region, zu dem acht evangelisch-lutherische Gemeinden mit 21 Ortschaften gehören. In einer davon – dem Umgebindeort Obercunnersdorf – wird Joevan de Mattos Caitano voraussichtlich ab März wohnen. Zuständig sei er dann für die Kirchenmusik in Ober- und Niedercunnersdorf, Großschweidnitz und Kottmarsdorf, wie Christian Kühne sagt, der Kirchenmusikdirektor (KMD) des Bezirks.
Der Schritt ins Ländliche – für Caitano sei das kein Problem. Er sei zwar in der Metropole Rio de Janeiro geboren. »Aber aufgewachsen bin ich in Nordbrasilien auf dem Land. Dort gab es keinen Strom, kein fließendes Wasser. In Obercunnersdorf gibt es alles, auch Internet. Ich bin dadurch mit der ganzen Welt verbunden.« Er werden an Online-Kongressen in Australien, Brasilien, Kanada und anderen Teilen der Welt teilnehmen können. »Verglichen mit Nordbrasilien ist das ein Paradies«, sagt der Musiker, Komponist und Dirigent, der auch schon im Amazonas gelebt hat.
Bereits in seiner Heimat hatte er als Kantor gearbeitet. Dort dominieren evangelikale Gemeinden, darunter die Baptisten. In den Gottesdiensten erklinge viel populäre, moderne Musik. Doch Joevan de Mattos Caitano kennt auch die hiesige Musiktradition, will sich damit noch mehr vertraut machen. Er sei sehr offen. Als Wissenschaftler habe er sich in den vergangenen Jahren unter anderem mit Neuer Musik aus Japan und China beschäftigt; in seiner Freizeit lerne er sogar Chinesisch. »Ich liebe das Interkulturelle in der Musik«, sagt der künftige Kantor, der an der Hochschule für Musik »Carl Maria von Weber« in Dresden promoviert hat. Gut möglich, dass er in der Chorarbeit in der Oberlausitz künftig auch mal ein brasilianisches Stück aufgreift. »Aber erst möchte ich mit den Gruppen an ihrem Repertoire arbeiten und das kennenlernen«, sagt Caitano, dem Förmlichkeit nicht so wichtig ist. »Die Leute können mich Joe nennen«, sagt er.
In Rio belegte er Deutschkurse am Goethe-Institut. Schon 2007 war er kurz in Deutschland, wollte in Berlin den Master in Musikpädagogik machen. Er habe aber kein Stipendium erhalten und sei nach Brasilien zurückgekehrt. Nach mehreren Versuchen klappte es 2013 endlich. 2020 hat der vielseitig interessierte Single noch ein Elektrotechnik-Studium in Dresden begonnen. Denn in der Corona-Pandemie sei es schwierig gewesen, künstlerisch zu arbeiten. Motiviert durch eine befreundete Kirchenmusikerin bewarb sich Caitano schließlich auf die Stelle im Kirchenbezirk Löbau-Zittau.
Laut Christian Kühne handle es sich um eine B-Kantorenstelle, die erstmals auf Bezirksebene so besetzt worden sei. Zuvor habe es mehrere kleine C-Kantoren-Stellen gegeben. »Die haben aber einen maximalen Umfang von 50 Prozent. Damit kann man kaum eine Familie ernähren«, so Kühne. Es sei darum zuletzt schwierig gewesen, freie Stellen zu besetzen.
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