A.Rau schreibt:
21. März 2015, 22:20
Lieber Herr Rau,
Sie behaupten ja immer, dass ich es so machte: Sie werfen mir oder dem Islam etwas vor – und ich sage: Sie auch!
Das stimmt aber nicht. Vielmehr mache ich es so, wie Sie es machen – also nicht "Sie auch wie wir/ die!", sondern "Ich mache es wie Sie es auch machen!". Sie differenzieren nicht. Alle, die Sie für B halten, denken alles gleich. Alle Muslime sind gleich. Alle, die nicht so sind wie Sie, sind gleich. Und so mache ich es auch. Ich weise auf die Gewaltgeschichte des biblischen Gottes hin. Ich weise auf die Gewaltgeschichte des Christentums hin. Ich weise darauf hin, dass bis heute Menschen verfolgt und massakriert werden – von Christen – weil sie etwa homosexuell empfinden. Ich mache es so wie Sie. Ich schere Sie alle über einen Kamm. (Obwohl ich weiß, dass Sie das nicht mögen. Aber auch da nehme ich mir Sie zum Vorbild, weil Sie ja auch wissen, dass ich das nicht mag.)
Ich mäkle nicht an der Bibel herum, sondern an denen, die sie falsch auslegen. Nur darin unterscheiden wir uns, dass wir uns nicht einig sind, wer die Bibel nun falsch auslegt. Ich mäkle sozusagen an Ihnen herum und Sie an mir. Ich mäkle ganz gewiss nicht am Christentum herum. Ich bin ja Christ. Ich mäkle an denen herum, die das Christentum in einen schlechten Ruf bringen – Namen nenne ich jetzt nicht. Ich mache das also wie Sie! Außerdem – und darauf habe ich Sie hingewissen – bin ich ein skeptischer Teilnehmer an meiner Tradition. Ich kann also Schwachstellen und Fehler der eigenen Truppe akzeptieren.
Aber wissen Sie, was wirklich ulkig ist? Da gibt es Menschen, die behaupten, ChristInnen zu sein. Und die wundern sich überhaupt nicht über den Satz: Das Christentum gehört zu Deutschland. Dabei ist das – aus christlicher Sicht – einer der dümmsten Sätze, die man nur sagen kann (Um das zu verstehen, müsste man aber die Bibel ernstnehmen.).
Und noch einmal: Der Staat ist den Gesetzen verpflichtet – und nicht dem Christentum und nicht der Bibel. Das kann Ihnen passen oder nicht – so ist es. Und das mit gutem Grund. Denn als sich im Dreißigjährigen Krieg die ChristInnen in Europa fast totgekämpft hatten, wurde eine neue Regel installiert – der Rechtsstaat, der nicht mehr nach dem Glauben oder der Konfession fragte. Deshalb ist heute die Würde aller Menschen unantastbar. Und ob Ihnen das gefällt oder nicht – das gilt auch für die muslimische Lehrerin, die ihr Kopftuch tragen will. Ihre Würde ist unantastbar; und sie darf die Würde anderer nicht antasten. Sie müssen aber aushalten, dass diese Frau ihr Kopftuch trägt – wie diese es aushalten muss, dass andere ein Kreuz tragen. Nicht aushalten müssen wir es, wenn der Staat zum Kreuz oder zum Kopftuch verpflichtet. (Aber Kreuze in staatlichen Einrichtungen werden hier ja eher geschätzt. Das gehört zu dem, was ulkig ist [zumindest, wenn man die Bibel ernst nimmt].)
Herzlich
Ihr Paul
Erst müssen Kreuze von der Schulwand, dann darf noch das muslimische Tuch auf den Lehrerinnenkopf. Was das Bundesverfassungsgericht 1995 mit dem Kruzifix-Urteil und vergangene Woche im Kopftuch-Urteil entschieden hat, ist für Christen schwer zu verdauen. Und es scheint der von Pegida beschworenen »Islamisierung des christlichen Abendlandes« eine weitere Tür zu öffnen.
Muslimische Lehrerinnen dürfen nun mit Kopftuch ihre Schüler in Deutschland unterrichten. Einzig wenn der Schulfriede vor Ort gefährdet sei, könne ein Verbot erlassen werden. Das ist leider eine noch ziemlich unkonkrete Aussage für jene, die künftig die Verantwortung für die Regelung tragen: die Schulleitungen.
Die Entscheidung erinnert an den Kirchenleitungsbeschluss zu homosexuellen Partnerschaften in sächsischen Pfarrhäusern. Auch darin wurde die Verantwortung von der höchsten Ebene auf die unterste verlagert, nämlich auf die Kirchgemeinden. Und dort muss seither im Einzelfall um den Frieden und die Einheit der Gemeinde gerungen werden. Wie sich gezeigt hat, bislang mit Erfolg.
Es ist kein schlechtes Modell, wenn jene die Verantwortung tragen, die konkret mit der Situation konfrontiert sind. Sie erleben die Wirklichkeit vor Ort – und die sieht an ostdeutschen Schulen häufig anders aus als an westdeutschen, und in erzgebirgischen Kirchgemeinden anders als in Leipziger.
Christen sollten diese Realitäten anerkennen. Sie dürfen weiterhin auf den Schutz der Religionsfreiheit vertrauen. Und sie dürfen sich im Ernstfall für ein Verbot einsetzen – vom Kopftuch in der Schule wie von homosexuellen Partnerschaften im Pfarrhaus. Doch eine Gefahr für den Frieden geht von beiden nicht aus.
Gert Flessing schreibt:
22. März 2015, 17:21
Lieber Herr Flessing,
ich nehme das, was ich schreibe, schon ziemlich ernst. Und da ich ja zu Hochmut neige (Liebe Sonntagsredaktion, das sage ich jetzt über mich. Die Gefahr, dass dies jemanden verwirrt, halte ich für eher gering. Und ich fühle mich auch nicht gekränkt. Sie müssten es also nicht löschen.), nehme ich an, dass Sie sich meine Texte zur Negativen Theologie kopiert haben (Und ich finde, das wären sie auch wert.)? In dem, was Sie hier schreiben, ist mir zu viel Festlegung und Beschreibung Gottes – obwohl ich es schon mal so ähnlich formuliert hatte im Blick auf das Dialogische Prinzip.
Ich meine immer noch, dass unser Reden von und über Gott mehr über uns aussagt, als über Gott.
Im Blick auf unsere verbiesterten MitchristInnen will ich Ihnen nicht widersprechen. Und das Glauben ohne Lächeln finden Sie in dem wunderbaren Buch "Name der Rose" – da werden Sie manch eine/n hier wiederfinden.
Ein Gedanke noch: Sie meinen, das Christentum sei ursprünglich gewaltlos. Bei Jesus sehe ich das. Bei seinen Jüngern nicht. Sie hatten nicht die Möglichkeit, körperliche Gewalt auszuüben. Aber verbal waren sie alle nicht zimperlich. Paulus nicht, der alle verdammte, die manches anders sahen als er. Johannes, der Liebes-Verzückte (der Briefschreiber), ebenso nicht, der über die herzog, die eben doch nicht dazugehörten. Und die Offenbarung fährt die schwersten Geschütze auf. Nicht, dass ich da historisch nicht vieles verstehen könnte. Aber es gab verbale Gewaltakte, die später reale Gewalt begründeten. Und das lässt sich wirklich außergewöhnlich gut in der Literatur der Alten Kirche nachzeichnen. Auf Tertullian hatte ich schon mal hingewiesen, ebenso auf die Beschreibung des Endes des Arius. Und ich habe auf die Argumentation der Donatisten aufmerksam gemacht – nachdem das Christentum zum Staatskult verkommen war. Es gäbe noch viel mehr. Es waren eben nicht nur die primitiven Germanen, wo diese Vorstellungen dann auf besonders fruchtbaren Boden fielen. Nein, es ist ursprünglicher – wenn auch nicht in gleicher Weise wie im Islam. Aber das danken wir der politischen Impotenz des frühen Christentums. Ja, am Kreuz wird deutlich, wer und wie Gott ist. Leider machen manche aus dem Kreuz eine Waffe.
Zu den Banken und den Saubermenschen: Es gibt Verbrechen, die offensichtlich sind. Und es gibt Verbrechen, da fühlen die Opfer sich schuldig – eigentlich genial Ich bin weit davon, Gewalt zu rechtfertigen. Aber die wirklichen Gewalttäter sitzen woanders (Kennen Sie das: http://www.politicalbeauty.de/sarkophag.html oder das: http://www.politicalbeauty.de/25000.html – fanden Sie Waffenexporte nicht mal ganz o.k. [Ich weiß natürlich noch, was Sie damals schrieben.]?). Vielleicht scheuen wir uns, sie anzuklagen, weil sie uns zu mächtig sind. Vielleicht aber auch, weil sie es geschafft haben, uns alle bis ins Mark zu korrumpieren. Dann lieber gegen die Muslime keilen oder gemeinsam mit den Nazis gegen Flüchtlinge hetzen. Solange wir noch die Brosamen vom Tisch des Kapitals bekommen, ist es so allemal bequemer. Und das meine ich ganz genau so, wie ich es schreibe. Und da sitzen wir alle im selben Boot – wir tollen A-B-C-Christen, die wir hier Mücken seihen und uns gut dabei fühlen.
Und dann können wir beide irgendwann wenigstens einmal sagen: Gott sei Dank, dass wir wenigstens zu dämlich waren, um zum inneren Zirkel zu gehören. Und dann bitten wir die BefreiungstheologInnen, die Ernst gemacht haben mit dem Evangelium: "Bittet für uns um Herren."
Wegen des Karnickels mache ich Ihnen keinen Vorwurf. Schließlich habe ich es anschließend gebraten und gegessen.
Herzlich
Ihr Paul
Meinte natürlich: Bittet für uns ZUM Herren.
Lieber Paul, Gott ist nicht verfügbar. Aber Gott stellt sich immer wieder zur Verfügung. In Jesus, dem Christus hat er das getan und in seinem Wort tat und tut er es.
Gott ist nicht greifbar. Aber er kann uns ergreifen und uns zu seinen Werkzeugen, zu seinen Gefäßen machen. Wo wir ganz sein werden, da kann etwas, was uns sonst hindert, von ihm zu sprechen, schwinden und ich weiß, das er uns erfüllen kann. alles, was ich da sage, ist dennoch nur Stückwerk, aber ich kann auch nicht schweigen.
Christen sind Menschen, auch die ersten Jünger waren es. Jesus war mehr. An die Art, wie er lebte kamen die, die ihn begleiteten nicht heran und die, die später Nachfolge leben wollten, schon gar nicht.
Das wir Christen verbal keilen können, sieht man doch auch hier, in unserem kleinen Gespräch, gut genug. Wo Christen Macht erlangten, waren sie keinen Deut besser, als andere Menschen. Vielleicht sogar mit gutem Willen. Aber Kreuz und Schwert passen nicht wirklich zusammen.
Mir, lieber Paul, geht es gewiss nicht darum, gegen Muslime zu keilen. Es sind Menschen, wie wir. Verführbar, wie wir.
Auch von der eigenen Religion.
Gott will es! - Allah will es!
Ich versuche das völlig nüchtern zu betrachten und eben auch in den Grundlagen zu verstehen. Dabei sehe ich dann, wie sich ein Mann, als Prophet und Gesandter seines Gottes, ein Vehikel seiner Machtausübung schuf und in dem Maß, in dem ihm andere folgten, kühner wurde.
Ich würde Mohammed nie einen Vorwurf machen. Er hatte ein Ziel und zwar nicht nur für sich.
Was uns nun angeht und unser Leben, so denke ich schon, das wir ruhig gestellt sind in der vermeintlichen Sicherheit.
Ihre "freudsche Fehlleistung" hat mich nicht nur amysieret, sondern auch nicken lassen. Ja. "Bittet für uns um Herren." So ungern ist es uns nicht, wenn uns jemand gegeben wird, der uns vielleicht doch die eine oder andere Entscheidung vorgibt.
Mit freundlichen Grüßen
ihr frühlingsfröhlicher
Gert Flessing
Britta schreibt:
22. März 2015, 21:24
Liebe Britta,
die seit gestern eingegangenen Kommentare bestätigen erneut unsere These des Hasses auf das Eigene. In der Leipziger Gegend scheint dieser Haß ausgeprägter zu sein, als anderswo in Sachsen. Ebenso die politisch korrekte, aber dadurch nicht weniger lächerliche Gendersprache mit Binne-I.
Kurios dabei ist, dass man nicht merkt, wie man sich den Ast, auf dem man sitzt, selber absägt. Und da gibt es einige Parallelen zwischen politischen und theologischen Ansichten. Wieso ist man so erpicht darauf die eigene Religion (auch wenn ich den biblischen Glauben nicht als Religion ansehe) schlecht zu machen? Natürlich gab und gibt es in der Geschichte des Christentums sehr viel Schlimmes. Das kritisiere ich ja auch oft genug. Aber waren das wirklich Gläubige die da mordeten? Wie viele Scheinchristen gab und gibt es in der Kirche? Im Namen des Christentums und im Namen des Islams wurden schlimme Dinge getan - das zweifelt keiner an. Aber die Frage ist doch die, ob man dafür die Lehre des jeweiligen heiligen Buches zur Legitimation heranziehen kann. Darum muss sich die Diskussion drehen.
Ich wiederhole: Man vergleiche Bibel und Koran bzw. Jesus und Mohammed.
Wer die Lehre Jesu konsequent lebt, kann sich einfach nicht auf Hass und Gewalt berufen. Im Gegensatz dazu haben Islamisten in ihrer Religion eine Legitimation dazu.
LG, Bastl
Lieber Paul,
zunächst erneut ein Zitat aus dem noch immer unterschätzten Werk der theologischen Weltliteratur (nachzulesen unter http://derlaie.com/sonntag/a-rau.php)
„Wir von A glauben AN ETWAS. Wir weisen hin auf das "Objekt" unseres Glaubens …In der Folge hat - oder sollte zumindest haben - unsere Argumentation immer etwas Bekenntnishaftes: DAS bekennen wir. DAZU stehen wir!
B dagegen kann das nicht … beim "Glauben an sich", kennen B-Christen solch eine positive Überzeugung nicht. Sie haben ungeheures Wissen, gewaltige Bildung, hochkomplizierte (historisch-kritische) Methoden ... kurz: eine großartige Wissenschaft. Aber eine Wahrheit kennen sie nicht. Sie haben kein "Objekt", auf das sie zeigen könnten. Ein "DAS glauben wir" bzw. ein Gott, der diesen Namen verdient, ist mir dort noch nicht begegnet … Wenn dann - was selten genug vorkommt - in unserer Kirche einmal nicht über Ethik gestritten wird sondern über den "Glauben an sich", über Theologie im engeren Sinne, kann B dem Bekenntnissen von A nichts Gleichwertiges entgegensetzen. Ganz einfach, weil man das nicht hat. Nun könnte B diesen Mangel ja eingestehen und die eigene Haltung darlegen bzw. begründen. Doch das tut man nicht. Stattdessen verfährt B hier wie schon bei der "Jungfrau Maria": Man argumentiert beweglich … Soll heißen: Die B-Argumentation ist ihrem Wesen nach nicht Bekenntnis sondern RE-Aktion. B RE-agiert auf Impulse, die von anderen kommen. Man sucht, Anforderungen gerecht zu werden, will bestimmte Ziele erreichen. Und dafür muss man sich gegenüber anderen behaupten, muss sich durchsetzen. Zu diesem Zweck passt man sich an und tut, was dafür nötig ist.
Im Ergebnis liegt nicht nur über dem B-Glauben und der B-Sprache sondern über der gesamten B-Argumentation der Geruch von Taktiererei. Auch sie hat etwas Fließendes, Verschwimmendes bzw. halt etwas bindungslos Bewegliches. Häufig - nicht immer, aber häufig - empfand ich die Diskussionen wie Stochern im Nebel. Sie erinnerten an den berühmten Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln. "Es ist selbst in Nebenfragen so gut wie unmöglich mit Ihnen wirklich zu diskutieren. Ich kenne kaum jemanden, der sich so um klare Antworten herumwindet, wie Sie", stöhnte einmal ein A-Kämpe.“ Bei diesem Herumwinden waren - unter anderem! - immer wieder drei Standard-RE-Argumente, sprich: rhetorische Nebel-Taktiken, zu beobachten: "Wir auch!", "Ich nicht" und "Ihr selber!"
Fortsetzung folgt.
A.Rau
Lieber Paul,
jetzt die praktische Nutzanwendung. Es geht hier um die Frage: „Sollten Kinder an einer staatlichen Schule im Matheunterricht mit dem demonstrativen Bekenntnis zu einer umstrittenen Religion konfrontiert werden.“
Nun gibt es in der ev. Kirche viele Christen, die jederzeit bereit sind, den christlichen Glauben, Bibel usw. zu kritisieren. Den Islam hingegen kritisieren sie nicht, sondern verteidigen ihn mit Händen und Füßen. Offenbar freuen sie sich jetzt über dieses Kopftuch-Urteil. Also verteidigen sie auch das gegen jede Kritik.
Nun haben sie aber keine überzeugenden Argumente und tun sich folglich schwer, ihre Position zu begründen. Was also tun sie? Sie reagieren taktisch; sprich: sie suchen die Diskussion vom Thema abzulenken und damit auch von der Kritik. Also palavern sie hier über „Lesben fühlen sich unwohl; rechtsradikalen Positionen; fundamentalistisch-christlichen Positionen; Gewaltgeschichte des biblischen Gottes; Gewaltgeschichte des Christentums; dass bis heute Menschen verfolgt und massakriert werden – von Christen – weil sie etwa homosexuell empfinden; ist die Bibel nun Wort Gottes -- oder nicht?; Bibelstellenroulette; Abdacht über Gideon samt Gewaltaufforderungen; wenn es gegen ein paar Homos im Pfarrhaus geht, ist selbstverständlich die ganze Bibel wörtlich zu nehmen; das Alte Testament legitimiert nun mal Gewalt im Namen JHWH …“
Wohlgemerkt: Das alles sind Themen, über die man streiten kann und vielleicht auch muß. Aber nicht hier! Hier geht es um die Demonstration des Islam im Matheunterricht an staatlichen Schulen. Und das ist ein Thema, das sachlich und differenziert erörtert werden sollte. Deshalb ist dieser typische B-Reflex nur primitiv: „Ihr selber! Ihr Christen seid selber böse und Euer Buch ist selber gefährlich.“
Fortsetzung folgt.
A.Rau
Lieber Paul,
ein weiteres Zitat aus dem noch immer unterschätzten Werk der theologischen Weltliteratur (nachzulesen unter http://derlaie.com/sonntag/a-rau.php)
" Im SONNTAG-Forum war dieses "Ihr selber!" allgegenwärtig. Ganz egal welche Kritik A gegen B vorbrachte, sie kam unweigerlich zurück. Es war nur eine Frage der Zeit, bis B genau das bei uns kritisierte, was wir vorher bei ihnen bemängelt hatten. Das Ganze erinnerte an ein Tennis-Match: A schlägt den Ball ins B-Feld. Von dort wird er sofort zurückgeschlagen und dann ging es - falls A das Spiel mitspielte - immer lustig hin und her: "Ihr lest eine Vorgefasste Meinung in die Bibel hinein und sucht euch nur die passenden Zitate dazu ... Ihr selber! Ihr sucht euch doch nur die Stellen heraus, die euch in den Kram passen ... Ein kerygmatischer Christus ist doch nur eine frei erfundene Gestalt, letztlich ein von Menschen gemachtes Bild ... Ihr selber! Ihr selber glaubt doch auch an einen kerygmatischen Christus - ihr nennt ihn nur anders ... usw. usw." Besonders pfiffig war der Verweis auf Mt. 18,8f: "Ihr selber! Wenn ihr Frommen euch nicht die Hände abhackt und die Augen ausreißt, nehmt ihr die Bibel nicht ernst." Mit diesem durchschlagenden Argument wurde mehrfach Kritik an der bindungslosen Beweglichkeit des B-Bibelverständnisses zurückgewiesen.
Der Haken bei dieser RE-Aktion: Selbst wenn ein Kritiker den Fehler, den er bei anderen kritisiert, selber machen sollte, so bleibt der Fehler dennoch ein Fehler. Auch wenn wir von A all das, was wir bei B kritisieren, selber falsch machen würden, so bliebe es dennoch falsch. Das Argument "Du selber" löst kein einziges Problem. Es ist letztlich nur ein taktisches Instrument, um begründeter Sachkritik auszuweichen; sprich: um sich rhetorisch durchzusetzen und unbequemen Kritikern das Maul zu stopfen."
Fortsetzung folgt.
A.Rau
Lieber Paul,
Sie schreiben: „Und ob Ihnen das gefällt oder nicht – das gilt auch für die muslimische Lehrerin, die ihr Kopftuch tragen will. Ihre Würde ist unantastbar; und sie darf die Würde anderer nicht antasten. Sie müssen aber aushalten, dass diese Frau ihr Kopftuch trägt „ Das ist – fast möchte ich ausrufen: Gott sei Dank! – auch mal ein Argument zur Sache. Das ist begründet + darüber lohnte es sich streiten!
Aber leider, das ist mir hier in diesem Rahmen zu mühselig. Im „alten“ SONNTAG-Forum hat das noch Spaß gemacht. Aber wenn hier mehr als 30 Beiträge stehen, sucht man sich ja zu Tode, bis man den richtigen Eintrag findet. Deshalb nur eine kurze Anmerkung: Ihre Position ist klingt logisch und begründet. Nur leider, sie geht von einer falschen Voraussetzung aus. Sie setzen stillschweigend voraus, dass alle Religionen die gleichen Auswirkungen auf ihre Anhänger haben. Wenn also jemand Christ wird, dann habe das die gleichen Folgen als wenn er z. B. Muslim würde oder Jude oder Hindu oder … Und in der Summe sei es egal, ob in einem Land alle Menschen Christen würden oder Muslime oder Juden oder Hindus oder …
Aber diese Voraussetzung ist falsch!!! Denn Indien ist anders geprägt als Israel und das wieder anders als Saudi-Arabien und das wieder anders als Schweden und selbst das wieder anders als Spanien. Religionen haben einen nachhaltigen Einfluß auf die von ihnen geprägten Gesellschaften – und zwar jede Religion einen anderen.
Deshalb muß jede Gesellschaft überlegen, wohin sie sich entwickeln will. Ein Rechtsstaat sollte jeder Einzelperson die private Religionsausübung ermöglichen und diese auch schützen. Aber er (bzw. die Politik) sollte sich überlegen, welche gesellschaftlichen Trends er fördern und welche er bremsen möchte. Und da sollte schon die Frage nicht nur erlaubt sein, sondern auch beantwortet werden: Ist der Islam überhaupt demokratie-fähig. Das wird zwar immer behauptet – aber bewiesen ist das noch nicht. Und als Ossi bin ich tatsächlich überzeugt: „Das Kriterium für die Wahrheit ist die Praxis!“. Und in der Praxis beweist der Islam in den von ihm dominierten Gesellschaften bisher immer das Gegenteil.
Und deshalb ist die große Frage: Sollte der Rechtsstaat eine Religion fördern, die ihn am Ende zerstören wird? Und sollte diese Förderung so weit gehen, dass die Zerstörung des Rechtsstaates den Kindern an staatlichen Schulen tagtäglich zeichenhaft demonstriert wird?
Ende.
A.Rau
Aber, aber, wei kannst Du das nur primitiv nennen! Nein, nein das vestehst Du falsch, das ist hohe Philosophie!
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