Und was ist, wenn die lettische Kirche dem Zeitgeist folgt? Wenn der Zeitgeist eigentlich ein Reaktionär ist?
Das Forum für Gemeinschaft und Theologie wird dieser Frage am 27.08.2017 beim Forumstag nachgehen.
Kirche der Kontraste
Frauenordination: Eine Kirche ganz anders als der Zeitgeist – auch Christen in Sachsen fänden das gut. Ihre lettische Partnerkirche probiert es. Und will keine Pfarrerinnen mehr.Zwölf sächsische Kirchgemeinden haben Partnerschaften mit Lettland – aber wird je wieder eine sächsische Pfarrerin mit einem lettischen Kollegen am Altar gemeinsam Gottesdienst feiern? Anfang Juni hat die Synode der Lutherischen Kirche in Riga beschlossen, dass in ihr keine Frauen mehr Geistliche werden dürften. Und der neu gewählte Bischof der Diözese Liepaja, Hanss Jensons, sagte nach Angaben von Beobachtern, eine Zusammenarbeit mit Kirchen, in denen Frauen ordiniert werden, könne er sich nicht vorstellen.
»Da liegt der Ball jetzt bei den Letten: Wollen sie noch mit uns Kontakt haben?«, fragt Oberkirchenrat Friedemann Oehme, Ökumene-Referent der sächsischen Partnerkirche. »Wir haben schließlich Frauen und Homosexuelle im Pfarramt. Wir wollen den Kontakt nicht abbrechen.«
Die sächsische Kirchenleitung bereitet derzeit noch eine kritische Stellungnahme zu der lettischen Synodal-entscheidung vor, nachdem Gerhard Ulrich als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands schon kurz nach dem Votum sein »tiefes Bedauern« und theologisches »Unverständnis« formuliert hatte.
Schon Ende letzten Jahres hatte der sächsische Synodalpräsident Otto Guse einen Brandbrief an den lettischen Erzbischof Janis Vanags geschickt. »Als Partnerkirche erfüllt uns diese Entwicklung mit Sorge«, schreibt er darin. Guse verweist auf Paulus – »Hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Jesus Christus« (Galater 3, Vers 28) – und auf den »geistlichen Reichtum« der 163 Pfarrerinnen in Sachsen. Er erwähnt ausdrücklich auch die Ehefrau des neuen und des Anbiederns an den Zeitgeist unverdächtigen Landesbischofs Carsten Rentzing. Ohne Erfolg.
Als der frühere Meißener Superintendent Andreas Stempel als Vertreter der Landeskirche zur Rigaer Synode reiste, hatte er ein Grußwort im Gepäck. »Ein sehr freundliches, aber in der Sache deutliches Grußwort«, sagt Stempel. Er durfte es nicht im Rigaer Dom verlesen. Der Sachse traf stattdessen auf Bischöfe in prächtigen Gewändern, auf liturgisch ausgefeilte Gottesdienste, geistliche Synodale in katholisch anmutenden Soutanen. Und auf eine Kirche, die sich ganz bewusst für einen anderen Weg als die liberalen Protestanten des Westens entscheidet – und dabei sogar wächst.
»Die Debatte war sehr emotional, aber keine einzige Frau hat gesprochen – obwohl Frauen in der Synode sind«, sagt Andreas Stempel. Am Ende haben 201 der 310 Synodalen für die Absage an Frauenordination in der Kirchenverfassung gestimmt, 59 dagegen. 22 haben sich enthalten. Der lettische Erzbischof Vanags ordiniert schon seit seinem Amtsantritt 1993 keine Frauen mehr. Seine Vorgänger hatten das Pfarramt Theologinnen zugänglich gemacht, an der lettischen Kirchenbasis aber war dies immer umstritten. Aus der Pfarrerschaft kam deshalb auch der Anstoß zum Verbot. Die enge Partnerschaft der Letten mit den sehr konservativen Lutheranern der Missouri-Synode in den USA und der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland tat ein Übriges.
Dabei leben bereits 82 Prozent der Christen im Lutherischen Weltbund in Kirchen, in denen es auch Pfarrerinnen gibt. Tendenz steigend. Lutherische Lettinnen, die wie Ilze Ruperheite schon heute als Evangelistin die Arbeit von Pfarrern machen aber nicht als Geistliche anerkannt werden, fühlen sich durch die Diskussion ihrer Kirche »eingesperrt wie in einem Käfig« und »tief verletzt«.
Der sächsische Ökumene-Beauftragte Friedemann Oehme will dennoch an der Partnerschaft mit den Letten festhalten. Er hat eine Hoffnung: »Lettische Pfarrer können bei uns Pfarrerinnen erleben.«
Der Forumstag ist natürlich am 27.08.2016!
Sehr geehrter Herr Martin,
mich würde einmal interessieren, wo Ihr Forum stattfindet und welche Themen behandelt werden. Mich interessiert zum Beispiel die Frage: Warum bin ich Protestant und dann natürlich auch, was unterscheidet mich von einem Katholiken. Vielleicht sind ja solche Themen auf Ihrer Tagungsordnung.
Sehr geehrter Herr Martin,
war es nicht Bischof Bohl oder gar die Synode oder wer auch immer wichtiges, die betont hatten, dass der Heilige Geist der wahre Zeitgeist ist? Mögen Sie beim Forumstag diesbezüglichen Rückenwind haben!
A.Rau
Liebe Vertreter der Amtskirche in Sachsen und auch in Deutschland,
kann es sein, daß man versucht die Letten zu bevormunden? Wenn man in Lettland eine solche Entscheidung trifft, dann wird es Gründe haben.
201 von 310 ist doch eine deutliche Zahl.
Und hat schon einmal jemand nachgedacht, ob nicht wir auf dem falschen Weg sind?
Dann ist es würdig und recht ihnen die Finanzhilfen zu streichen und verbal draufzuhauen?
(Wie sie es Hr. Martin nicht taten)
Ein Schritt in die richtige Richtung in Lettland. Entscheidend ist einzig und allein das, was die Bibel dazu sagt. Und diese verbietet das Lehren und Leiten von Frauen in der Versammlung. Paulus begründet dies nicht mit kulturellen Aspekten, sondern mit der Schöpfungsordnung. Und Paulus gibt nicht seine Privatmeinung weiter, sondern schreibt inspiriert von Gottes Geist.
Dass die lettische lutherische Kirche keine Frauen mehr ordiniert, finde ich nicht gut. Und dass die befreundeten Kirchen versucht haben, mit den Geschwistern zu reden und sie umzustimmen, ist vernünftig. Trotzdem sollten die deutschen Evangelischen den Mund nicht zu voll nehmen - denn von uns hier in D kann man momentan zweierlei gewiss nicht lernen: mutige unangepasste Verkündigung - und die Gemeinden zum Wachstum zu führen. Die Letten versuchen es jetzt so. Wir sollten bei aller Schelte nicht vergessen, dass sie sich damit noch immer im Konsens mit der großen Mehrheit der Christenheit befinden.
Einen der beiden neuen Bischöfe kenne ich persönlich (unsere Partnergemeinde). Der sagte schon damals vor etwa 15 Jahren, als er noch Landpfarrer war, er möchte lieber in der "Bundesliga" spielen als in der "Regionalliga". Das er nun geschafft, wie mir das Bild verrät. Es fällt mir schwer, in dieser Prachtentfaltung (s. Foto) eine Abkehr vom "Zeitgeist" zu sehen. Ist es nicht ein Kennzeichen unserer Zeit, immer noch eins draufzusatteln (das gilt übrigens auch für Bischöfe und ihre Amtslimousinen)? Das macht mich zweifelnd, und ich denke in der großen weiten Kirche gibt es wahrhaftigere Zeugen gegen die "Zeitgeist" als gerade die offiziellen Vertreter der lettischen Kirche... .
Schade nur, dass Vertreter der EKD hierzulande mit Entscheidungen anderer Kirche so umgehen, als hätten die sich an eine deutsche Normtheologie zu halten.... .
Lieber Herr Martin,
wie sollte man das nun deuten?
1. Lehnt sich der Zeitgeist wieder stärker an biblische Worte an?
2. Oder zeigt es wahrhafte Demokratie (wenn 2/3 dafür stimmen, was haben dann andere, die so stolz auf ihre Demokratie sind, reinzugackern?) ohne haarscharf knappes Ergebnis?
3. Oder sollte es die Benachteiligung von Frauen zeigen, die ja schließlich nach der Lesart vieler Superdemokraten ohne Frauenquote, Binnen-I und sonstige (für mich als Frau extrem als diskriminierend empfundene) Maßnahmen nichts werden können?
4. Ist es denkbar, daß der Heilige Geist ein Reaktionär (in Ihrem Sinne von Reaktionär) ist?
Viele Grüße
Britta
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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