Jesu Esel bleibt auf der Strecke
Auf einem Esel zog Jesus am Palmsonntag in Jerusalem ein – heute fahren seine hauptamtlichen Jünger lieber Mittelklasse. Hat die Kirche verlernt, arm und bei den Armen zu sein?
Es ist Mode geworden, solche naiven Ideen zu belächeln. Eine reiche Kirche, die sich arm macht – Spinnerei ist das, völlig unausgegoren. Auch Theologen denken so, klug natürlich und mit gutem Gehalt. Für den Propheten Sacharja war es bitterer Ernst: Der Erlöser wird arm sein und auf einem Esel reiten, nicht auf einem Pferd.
Als Jesus genau so in Jerusalem einzog, da jubelten die Menschen, als hätte er eine tiefe Sehnsucht in ihnen gestillt. So wie die Menschen einem aus einem kleinen Fiat winkenden Papst zujubeln. Im Fuhrpark des sächsischen Landeskirchenamtes stehen BMWs und Mercedes, alles zu günstigen Bedingungen geleast und recht umweltfreundlich – ein Symbol für Armut aber nun auch nicht gerade. Das Gleiche gilt für die Dienstsitze der Kirchenoberen.
Über 186 Millionen Euro wird Sachsens Landeskirche in diesem Jahr aus Steuern, Staatsgeldern und aus dem EKD-Finanzausgleich einnehmen. Nur knapp sechs Millionen davon gehen an die soziale Arbeit der Diakonie, über eine Million an den Evangelischen Entwicklungsdienst für die Arbeit mit den Ärmsten der Welt.
Der größte Teil der kirchlichen Millionen fließt in die Gehälter des Personals in den Gemeinden vor Ort, dann natürlich auch in die kirchlichen Werke und Einrichtungen mit all ihren Pfarrern, Leitern, Referenten, Verwaltungsmitarbeitern und Kirchenzeitungsredakteuren. Ein weitverzweigter Apparat für Gottes Wort, und der kostet. Die Entlohnung der 672 sächsischen Pfarrer etwa ist nach den bescheidenen Zeiten in der DDR an staatliche Beamtengehälter gekoppelt und steigt zum 1. April wieder einmal – auf 3348 Euro brutto monatlich in der niedrigsten Stufe und 6164 Euro in der höchsten, plus Kinderzuschlag. Angestellte der Landeskirche verdienen freilich weniger. Und beim Vermögen ihrer rund 4500 Gebäude stellt sich angesichts ihres Zustandes die Frage, ob man dabei von Reichtum oder Last sprechen muss.
Jesus hatte sich um all das keine Sorgen machen müssen. Weil das Reich Gottes bald anbrechen sollte, befahl er seinen Jüngern: Predigt und seid ganz frei von Geld und Besitz, seid frei für Gott und die Menschen, verzichtet sogar auf ein zweites Hemd. Das Reich Gottes indes ließ auf sich warten, ein Großteil der Kirche vergaß dieses Gebot alsbald. Jesus, der Wein zu schätzen wusste, war ja nicht verbissen den Dingen dieser Welt abhold. In seinem Gleichnis von den anvertrauten Silber-Talenten fordert er seine Jünger am Palmsonntag gar auf, gewinnbringend mit allem zu handeln, was Gott ihnen an Gaben und Geld anvertraut. Das versucht die Kirche auch heute.
Zugleich aber warnt Jesus: »Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon«. Nicht Besitz an sich ist schlecht, aber die in ihm wohnende Gefahr, sich von ihm beherrschen zu lassen. Lauert diese Gefahr nicht auch in all den Debatten um Strukturreformen und Besitzstände, in denen die Kirche oft um sich selbst kreist? Und zeigt sich diese Gefahr nicht auch in jenem Graben, der eine wohlsituierte Mittelschicht-Kirche von den Menschen am sozialen Rand trennt?
Nächstenliebe und Bescheidenheit gehört zur DNA der Kirche, die Menschen haben das nicht vergessen. Für 83 Prozent der Kirchenmitglieder und 60 Prozent der Konfessionslosen ist die Betreuung von Armen, Kranken und Bedürftigen eine Kernaufgabe der Kirche, zeigt die neue Mitgliedschaftsuntersuchung der EKD. Zugleich begründeten die meisten Konfessionslosen ihren Kirchenaustritt mit »mangelnder Glaubwürdigkeit« der Institution.
Ein wohlhabender und durchaus frommer Mann fragte Jesus einmal nach der Bedingung für das ewige Leben. Jesus antwortete auch das: »Verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen.« Als der Mann das hörte, ging er betrübt davon, denn er war sehr reich. Was aber, wenn dieser traurige Mann unsere Kirche ist?
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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