Sachsens Oberammergau
Nach Jahren der Zwangspause kann in Zschorlau wieder ein Passionsspiel stattfinden
Das Hängen am Kreuz – Eric Seidel muss es tatsächlich üben. Deswegen hat sich der 25-Jährige daheim im erzgebirgischen Eibenstock ein Kreuz nachgebaut. Seidel, Grundschullehrer in Ausbildung, ist einer der zwei Jesus-Darsteller im diesjährigen Zschorlauer Passionsspiel. Die Szene von Jesu Hinrichtung auf Golgatha verlangt beiden Laienschauspielern auch körperlich viel ab. Bis zu 20 Minuten könne sie dauern, wissen langjährige Mitwirkende.
Eric Seidel indes gehört zum Nachwuchs. 2020 wollte er eine kleine Rolle im Volk übernehmen. Doch wegen der Corona-Pandemie mussten damals alle Termine abgesagt werden. Nun findet dem Fünf-Jahres-Rhythmus entsprechend rund um Ostern 2025 die nächste Spielzeit statt. »Man hatte mich vor zwei Jahren gefragt, ob ich Jesus spielen würde. Ich habe lange überlegt, mich aber schließlich bereiterklärt«, erzählt Eric Seidel. Er steht im Wechsel mit Tom Pote auf der Bühne. Für die großen Parts gibt es Doppelbesetzungen. Übrigens – wie fast alle männlichen Laienschauspieler lassen sich Seidel und Pote derzeit den Bart wachsen. Denn der soll, wie beim weltbekannten Oberammergauer Vorbild, echt sein. Sonnabends wird derzeit geprobt. Nicht in Zschorlau, sondern im benachbarten Albernau. Eine Herausforderung – denn hier agieren die 150 bis 160 Mimen noch nicht in der Szenerie, die der Aufführungsort in der Zschorlauer Sporthalle bietet, wie Michael Dehnel sagt. Er ist Vorsitzender des im Jahr 2000 gegründeten Passionsspielvereins. Und er gehört zu denjenigen, die nach zehn Jahren Pause – den letzten Auftrittsreigen gab es 2015 – quasi den Neustart organisierten. Das heißt und hieß, langjährige Mitwirkende standen teils nicht mehr oder nur für kleinere Parts zur Verfügung. Neue Leute mussten gewonnen werden.
Überdies hat das Probendomizil in Albernau den Besitzer gewechselt. Und in den vergangenen Wochen hat sich auch unter den Mitwirkenden des Spiels die Infektionswelle bemerkbar gemacht. Doch trotz der Herausforderungen empfindet der 47-Jährige die Vorbereitungen »als gesegnete Arbeit«. Dieser Segen sei zentral. Dehnel weiß, zwar seien die meisten Mitstreiter in christlichen Gemeinden zuhause. »Aber wir hören auch, dass einige durch das Spiel im Glaubensleben anders inspiriert werden oder sogar erst zum Glauben finden«, erzählt der dreifache Vater, der mit dem Spiel ehrenamtlich quasi ein mittelständisches Unternehmen leitet. Denn nimmt man die 15 Musiker des Passionsspielorchesters und weitere Helfer hinzu, engagieren sich etwa 220 Menschen für das Projekt. Hinzu kommen die 160 Mitglieder des Vereins. Dessen 25. Geburtstag stehe im Herbst an. Mit neuer Vorstandswahl. Michael Dehnel kann sich gut vorstellen, sich weiter zu engagieren. Er denkt aber auch, dass einiges zu überdenken ist: Angefangen vom Text des Stückes bis hin zum Umgang mit der jeweils fünfjährigen Spielpause.
Eine große Frage für das Organisationsteam war, ob sich nach der Pandemie-bedingten Unterbrechung genug Publikum findet für die Inszenierungen. Doch Anfang März waren 80 Prozent Tickets weg, so Vereinsvorsitzender Dehnel. Er hofft, dass am Ende wie in der Vergangenheit alle Aufführungen ausverkauft sind.
19 Szenen umfasst das Stück. Nach einem Prolog steht am Anfang die Salbung Jesu mit Öl in Bethanien, am Ende der Ausblick – die Auferstehung des Sohnes Gottes. Dieter Schürer, von dem einst der Anstoß für das Vorhaben kam, kümmert sich mit Michael Dehnels Frau Anett um die Regie. Die drei Dehnel-Kinder, ein, 15 und 19 Jahre alt, stehen mit auf der Bühne. So wie Michael Dehnel übrigens selbst, der den Hohepriester Kaiphas gibt.
Zum ersten Mal beim Spiel dabei ist Andreas Richter, als einer im Volk, das Jesus beispielsweise beim Einzug in Jerusalem zujubelt. Richter ist seit zweieinhalb Jahren Pfarrer von Albernau und Zschorlau. Für ihn eine gute Fügung, dass es so kurz nach seinem Start hier wieder ein Passionsspiel gibt. »Für mich war gleich klar, dass ich mitmachen möchte.« Er wird also mit auf der Bühne stehen – zumindest bei vier der acht Termine. Bei einer Probe Anfang März hat er zudem die Andacht gehalten, die es vor jedem Übungstreffen gibt. Er hatte sich passenderweise mit der Redewendung »etwas an den Nagel hängen« beschäftigt. Und den Bogen zum Leiden und Sterben des ans Kreuz genagelten Christus gespannt. »Weil Jesus am Nagel hing, hängt Gott die Sache mit dem Menschen nicht an den Nagel«, schloss der Pfarrer.
Termine: 18. bis 21. sowie 26./27. April, 13 Uhr, 23./24. April, 18 Uhr.
Wir verlosen Freikarten: Der Passionsspielverein Zschorlau feiert 25. Geburtstag. Aus diesem Anlass und als »Geste großer Dankbarkeit«, wie Vereinschef Michael Dehnel sagt, darf der SONNTAG für die anstehende Spielzeit 2×2 Freikarten verlosen. »Diese können, nach Rücksprache mit uns, an dem noch offenen Kartenkontingent frei eingelöst werden«, so Dehnel. Die Übergabe der Karten erfolgt eine Stunde vor Spielbeginn an der Tageskasse an der Sport- und Spielhalle Zschorlau. »Wir freuen uns auf eine rege Teilnahme an dieser besonderen Verlosung und bleiben mit einen Gott befohlen verbunden«, grüßt der Vereinsvorsitzende. Sie als Leserinnen und Leser können gewinnen, wenn Sie uns mit dem Betreff »Zschorlau« bis zum 30. März eine E-Mail schicken an gewinn@sonntag-sachsen.de Unter allen Einsendungen losen wir zwei Gewinner aus. Viel Erfolg wünscht Ihnen die Redaktion.
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