Nun reden wir also von "Milieus". Mir kommt das sehr merkwürdig vor, den ähnlich, wie Britta, erlebe ich Gemeinde als weniger "milieugebunden". Wenn wir uns nur auf "bürgerlich - conservative" Kreise beziehen müssten oder gar auf "sozial - ökologische", wären wir schon verschwunden. Die Gemeinde, jedenfalls die, hier, vor Ort, lebt von der Vielfalt und sie lebt aus dem Wort Gottes.
Wir sind auch keine "wachsende Gemeinde", denn wir begraben mehr, als wir taufen, aber wir sind eine wache Gemeinde, die hin und wieder verwundert bemerkt, wie doch von "hochkirchlicher" Seite, mit allen möglichen Methoden, die Situation erklärt warden soll.
Ich halte es, gelinde gesagt, für Mumpitz.
Lieber "Schreiber", (wann lernt ihr es eigentlich, das man mit seinem eigenen Namen für das steht, was man denkt und schreibt?) ich halte die Jugendevangelisation für etwas, was nicht schlecht ist. Aber ich halte sie nicht für ein Allheilmittel. Vor allem halte ich sie dann für fragwürdig, wenn aus dem Evangelium eine neue Gesetzlichkeit gemacht wird, die von dem guten alten "Du sollst nicht..." lebt.
Wer den Menschen meint, mit dem guten Wort Gottes, den Menschen eine Last aufbürden zu müssen, der verrät die Liebe, zu der wir aufgerufen sind, und aus der wir leben sollen.
Ja, die Menschen brauchen Trost, Hilfe und Leitung. Was sie nicht brauchen ist, das man ihnen "Höllenfeuer" unter dem A... macht. Denn: "Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus."
DAS ist etwas, was Menschen aus jeglichem Milieu verstehen.
Ja, Britta, es gibt Pfarrer, die kommen nicht zurecht. Mir tun sie leid. Es gehört eigentlich nicht viel dazu, dankbar das anzunehmen, was "Ehrenamtliche" tun und vor allem - zu loben. Ein gutes Wort, das den Respekt zum Ausdruck bringt, kostet doch nichts.
Wir haben die Angewohnheit denen, die sich besonders bemüht haben, auch mal ne "Ehrenurkunde" zu geben, die durchaus mit einem Gutschein verbunden sein kann. Ich bin für jeden dankbar, der sich einbringt und gegen die alergisch, die alles besser wissen, und nichts tun. Frommes Geschwafel braucht kein Mensch. Zupackende Hände, deren Besitzer dann auch von Jesus reden, schon.
Gert Flessing
Gefangen im Milieu
Die Kirche erreicht nur die Menschen, die sie immer schon erreicht: eher bürgerliche, eher konservative, eher gebildete. Die anderen bleiben meist draußen.![](https://www.sonntag-sachsen.de/sites/default/files/styles/article/public/field/image/30-1.jpg?itok=vZ4nUS2P)
Warum stimmt die alleinerziehende Mutter, die zur kleinen Entspannung in der Familienhektik Helene Fischer hört, sonntags nicht in Paul-Gerhardt-Lieder ein? Warum wird der Innenarchitektin nicht so recht warm ums Herz, wenn sie das Gemeindebüro mit 80er-Jahre-Charme betritt? Und warum drängt es den gerade entlassenen Paketfahrer nicht in einen kirchlichen Stuhlkreis? Wir sind offen für alle, sagt die Kirche – dummerweise empfinden es viele Menschen nur nicht so.
Woran das liegt, haben Sozialwissenschaftler und Theologen in den letzten Jahren ausgiebig vermessen: Unsere Gesellschaft zerfällt in immer mehr Milieus, und die Kirche erreicht nur wenige von ihnen. Menschen aus traditionellen, bürgerlichen und konservativen Milieus sind besonders stark in der evangelischen Kirche vertreten, fand eine Studie des Sinus-Instituts für die württembergische und badische Landeskirche heraus – aber auch das sozial-ökologische Milieu ist überdurchschnittlich oft protestantisch.
Dagegen findet sich die junge moderne Mittelschicht, die zielstrebig arbeitet und der Familie ebenso wichtig ist wie Konsum, kaum in der Kirche. Unterschichten-Milieus seien sogar »dramatisch unterrepräsentiert«, heißt es in der Studie.
Es ist eine Spirale: Die Kirche erreicht nur bestimmte Milieus – und die wiederum bestimmen, dass Barock statt Rock gespielt wird, dass es Tee gibt und nicht Cocktails, dass die alten Vorhänge noch gut sind und Club-Sessel doch nichts für den Gemeinderaum. Der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber nennt es eine »Gefangenschaft im eigenen Milieu«. Für den Altbischof hat das viel mit eigenen Berührungsängsten der Christen zu tun. »Wir wollen dem Volk aufs Maul schauen, aber wir hören nicht, was es sagt. Das ist geistlich besorgniserregend«, schreibt der Altbischof. »Denn wir kennen den Kummer vieler Menschen nicht und auch nicht ihre Freude. Wir ahnen die Zweifel nicht, die sie in sich tragen, aber auch ihre Glaubensfestigkeit ist uns fremd.«
In Dresden haben Christen in einem Modellprojekt der Landeskirche versucht, dieser Gefangenschaft im Milieu zu entkommen. Fast zehn Jahre lang machten sie im Zoo, einem Kino und einem Theater Gottesdienste für Menschen, die lieber Rock hören als Kantaten: Mit Band, Comedy und der Möglichkeit, den Prediger ins Kreuzverhör zu nehmen. Über 250 Besucher zogen die »Go life«-Gottesdienste aller zwei Monate an – 23 Prozent von ihnen gehörten keiner Kirche an, viele weitere waren zwar Christen, gingen jedoch kaum oder nie zum Gottesdienst.
2011 war damit Schluss. Den »Go life«-Gottesdiensten war es nicht gelungen, eine Art feste Gemeinde zu bilden. Und viele traditionelle Kirchgemeinden in Dresden waren nicht bereit, für diesen Anker in fremde Milieus Geld abzugeben. Heute unterstützt die Landeskirche Modellprojekte in Zwickau und in der Dresdner Neustadt, mit denen Gemeinden gepflanzt werden sollen auf fremdem Terrain.
Der entscheidende Schlüssel hin zum Glauben und zur Kirche liegt meist bei Freunden, Angehörigen, Bekannten und Kollegen, die das Christliche ins Gespräch bringen, wenn es dran ist – das hat eine Befragung von 462 Christen durch den Greifswalder Theologieprofessor Michael Herbst gezeigt. Erst Beziehung und Vertrauen, dann Glauben – nicht andersherum.
Doch um diese Beziehungen möglich zu machen, müssen die »Ekelschranken« zwischen Milieus überwunden werden, meint Herbst. »Jesus überschreitet Grenzen und Ekelschranken. Er überschreitet die Grenzen zu den armen Schluckern wie zu den reichen Kornbauern.« Jesus tut das dienend. Und fragend, zuerst fragend: »Was willst du, dass ich für dich tun soll?« Ganz offen. Damit auch die Tür zum Evangelium offen wird.
Eine Kirche für Menschen, die sonst nie in eine Kirche gehen würden – das soll die »Bunte Kirche Neustadt« in Dresden werden. Geht das? Die Geschichte einer Gründung mit offenem Ausgang lesen Sie im SONNTAG-Digital-Abo hier.
Lieber Herr Flessing,
es geht nicht um Belobigungen, sondern einfach darum, nicht in der außerberuflichen Tätigkeit gestört zu werden, weil es vielleicht das Projekt des Kantors und nicht (direkt) das des Pfarrers ist, was man unterstützt oder weil man eine tolle Idee hatte, die eben nicht aus dem Pfarramt kam! Und Gerade bei "Pfarramtsleitern" sieht man eben oftmals eine Menge Selbstdarstellungsdrang, der - wenn ich es jetzt mal bösartig sage - am besten zur Geltung kommt, wenn man alles andere klein macht. Ansonsten muß ich mich nicht profilieren oder eigene Eitelkeiten pflegen, das tue ich woanders viel professioneller. Es tut mir bloß immer weh, welche Möglichkeiten und Chancen, die die Kirche mit geringem materiellen und personellen Aufwand nutzen könnte, ungenutzt und unerkannt den Bach runtergehen. M.E. muß schon bei der Vorschulkinderstunde angefangen werden, das sind die Christenlehre- und Kurrendekinder von morgen und die Konfis und GD-Besucher von übermorgen, die dann oftmals ihre Eltern mitbringen. Und da ist z.B. ein Kaspertheater zu einer tristen Zeit (Herbst) sehr empfehlenswert, bei uns kommen jetzt noch regelmäßig mind. 8 Kinder statt zuvor 1-2 Kinder in diese Gruppe, so daß das nach Weiderholung im Herbst schreit. Es sind einfache Dinge, die ja auch Spaß machen, wenn man eben nicht dauernd angemault wird deswegen. Und die Resignation der entsprechenden MA sieht man eben auch daran, daß keine sichtliche Freude über die Neuankömmlinge herrscht. Das finde ich sehr schade, denn Hieronymus (oder war es Paul?) merkten ja vor einiger Zeit auch an, daß man aufpassen müsse, was man dann mit den Leuten macht, die man angesprochen hat. Die "Gemeindepflege" ist wohl auch so ein Kapitel... Und dennoch bin ich der Meinung, die Kirche vertritt eine feste Lehre und muß sich nicht nach allen Seiten verbiegen, um bestimmte Gruppen mehr anzusprechen, damit stößt sie u.U. andere Gruppen ab. Die Kirche sollte eine Heimstatt sein, ein verläßliches, aber zuweilen auch konsequentes, strenges Elternhaus - danach sehnen sich mehr Leute, als man vielleicht denkt! (Schade, daß Sie nicht Pfarrer bei uns sind!). Viele Grüße
Britta
Lieber Beobachter, nicht nur bei uns ist es diesbezüglich oft sehr unchristlich. Wenn man ein klärendes Gespräch mit dem Pfarrer sucht und einem ein Gebet zu Beginn verweigert wird - dann spricht das wohl Bände. Arbeit, von der ich von vornherein weiß, daß sie boykottiert wird, brauche ich nicht mehr zu tun, so daß ich genau schaue, wen ich unterstütze und wen nicht. Als selbständige Freiberuflerin würde ich nämlich von mir behaupten, auch nicht weniger "gestreßt" zu sein als der Herr Pfarrer dauernd von sich klagt - mit dem Unterschied, ich habe weder Zeit noch Lust, damit meine Umwelt zu belästigen! Irgendwann wird es die Zeit regeln... Viele Grüße Britta
Liebe Britta, nochmal der Weg, den ich an Ihrer stelle gfehen würde:
1. Klärendes Gespräch, möglicht zu dritt, suchen!
2. Ansonsten Gemeindeversammlung!
3. Wenn beides nichts bringt oder nicht möglich sz, Superintendent (Kreiskirchenamt) einschalten.
Es kann doch nicht wahr sein, daß Ehrenamt so runtergemacht wird!
Ansonsten, ja es fängt alles möglichst ganz jung an. Im CVJM ist die Grundlage jeder Arbeit eine Jungschar (ca 7-10 Jahre), heute fängt es meistens mit Krabbelgruppen und Kleinkindergruppen an.
Unser Pfarrer steht da voll dahinter (Schulbibeltage in unseren Häusern) und läßt uns vollkommene Freiheiten. Er (und das Presbyterium!) steht auf dem Standpunkt, wenn wir uns bei Kinder- und Jugendarbeit nicht anstrengen und einsetzen graben wir uns unser eigenes Grab.
Deshalb würde in unserer Gemeinde bei der Stelle der Gemeindereferentin/Schwerpunkt Kinder- und Jugendarbeit zu allerletzt gekürzt werden. Selbst in unserem Kirchkreis ist sie ine der wenigen, die noch eine volle Stelle haben!
Gruß Joachim
Lieber Gert,
wie ich eben schon der Britta schrieb,
halte ich es auch für sehr wichtig, daß das Ehrenamt gefördert und nicht niedergmacht wird!
Bei uns geschieht daß dadurch, daß alle 2 Jahre sich Pfarrer und Prebyterium mit einem größeren Fest (mit festlichem Essen und besonderem attraktivem Programm, das auch mal einiges kosten darf)
bei allen ehrenamtlichen Mitarbeitern (auch des CVJM!) bedanken.
P.S. Ein "Höllenfeuer unter dem Arsch" muß wohl nicht gleich sein, aber Britta hat Recht, wenn sie schreibt "dennoch bin ich der Meinung, die Kirche vertritt eine feste Lehre und muß sich nicht nach allen Seiten verbiegen, ... Die Kirche sollte eine Heimstatt sein, ein verläßliches, aber zuweilen auch konsequentes, strenges Elternhaus - danach sehnen sich mehr Leute, als man vielleicht denkt! "
Ich habe es in einem anderen Trödt gegenüber Herrn Lehnert "Klartext" genannt.
Entschuldigung,
ich hatte in diesem Trödt von Klartext gesprochen und dem lieben "Gast", der auch verdeckt schreibt und verdrechselt schreibt, einen großen Spaß bereitet!
Oben steht: „ Der entscheidende Schlüssel hin zum Glauben und zur Kirche liegt meist bei Freunden, Angehörigen, Bekannten und Kollegen, die das Christliche ins Gespräch bringen …“ Das ist zunächst mal falsch. Der entscheidende Schlüssel ist der Glaube selber. Denn wenn Freunde, Angehörige usw. keinen haben, können sie ihn nicht ins Gespräch bringen. Und wenn Kirche den Menschen keine „Gute Nachricht“ sagen kann, wird sich kaum jemand für sie interessieren. Folglich sollte unsere Kirche sich immer wieder fragen, wie es denn mit ihrem eigenen Glauben bestellt ist? Ob sie überzeugende Antworten geben kann in der Sache? Wie denn das Evangelium lautet, das sie predigt? Ob ihre Theologie die Antworten bietet, nach denen die Menschen heute suchen? Oder ob sie nur „das Christliche“ ins Gespräch zu bringen sucht, von dem keiner richtig weiß, was das eigentlich ist (bzw. das sich jedermann nach einem eigenen Rezept zusammenbraut)?
Spaßeshalber einige Indizien: 1. Vor einigen Jahren wurde die EKD von einem heftigen Anfall von Reform-Eifer geschüttelt. Es wurde ein Impulspapier verfasst. Darin wurden zahlreiche Vorschläge gemacht, wie künftig alles besser werden kann. Die Frage nach der Sache, der Theologie, dem Evangelium, dem Glauben, wurde nicht gestellt.
2. Im Papier-SONNTAG werden als Lösungsansätze erwähnt, „Vision Nights, Bunte Kirche, Torwände, Kinostühle auf dem Pflaster …“ Das alles ist nicht verkehrt! Aber die Frage nach der Sache, der Theologie, dem Evangelium, dem Glauben, wird nicht gestellt.
3. Im aktuellen Papier-SONNTAG wird auf S. 2 die katholische Theologie-Professorin J. Rahner zitiert: Die Evangelischen scheinen „immer noch nicht sagen zu können, was protestantisch heute heißt, ohne sich am Katholizismus abzuarbeiten“. So werden wir von außen wahrgenommen: Die Protestanten haben im Grunde nichts Eigenes zu sagen. Die wissen wohl selber nicht, was sie glauben.
4. In Sachsen tobt der Gesprächsprozeß. Der ist eine einzigartige Chance! Doch was geschieht? NICHTS! Weder die rechtgläubige Kirchenleitung noch die fromme SBI scheint in der Lage, ein fruchtbares Gespräch anzustoßen.
Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. In unserer Kirche findet ein nennenswertes Nachdenken über die Sache, die Theologie, das Evangelium, den Glauben nicht statt. Im Gegenteil, ich habe es immer wieder erlebt, das ist gar nicht gewollt. Vermutlich weil man das fürchtet bzw. weil unsere Kirche das nicht aushalten würde. Also wird sie weiter den gewohnten Kirchentrott trotten und in den gewohnten Milieus versauern. Der Einzelne kann nur hoffen, dass die eigene Gemeinde einigermaßen lebendig bleibt - oder dass er eine vernünftige freie Gemeinde findet.
Lieber Andreas,
wo "tobt" der Gesprächsprozeß? Ich weiß, Du hast es ironisch gemeint, aber so einfach ist das jetzt auch nicht. Die "rechtläubige Kirchenleitung" hat Fakten geschaffen , bevor sie (unter Zwang!) einen "Gesprächsprozeß" angestoßen hat und stößt immer noch nach (Suspendierung, Entlassung, Ausschluß vom Abendmahl, Androhung von finanziellen Einbußen, Hausverbot,...) . Da er also nicht ergebnisoffen ist, fragt man sich, ob es sinnvoll ist, daß sich SBI und Andere sich da einbringen! Soll man seine Energie für soetwas Aussichtloses verschwenden oder besser seine ganze Kraft in bibelorientierte Vekündigun investieren?
Gruß Joachim
Es stimmt schon, lieber Herr Rau, das Freunde, Angehörige und andere Menschen, die man kennt, durchaus etwas mit der eigenen Entwicklung, auch der Glaubensentwicklung, zu tun haben. Sie können einen Menschen zum Fragen bringen. Sie können ihn suchen lassen.
Aber die Antwort sollte bei der Kirche zu finden sein, meinetwegen in Hauskreisen oder auch einer größeren Veranstaltung.
Wichtig ist, m.E., dass diese Antwort eindeutig und klar ist: "Jesus Christus, gestern, heute und derselbe auch in Ewigkeit." Die Menschen sollen merken, das da eine Kontinuität vorhanden ist, die ihnen weiter hilft und zum Fundament warden kann. Das geht aber nicht mit irgendwelchem Geschwafel, sondern wirklich nur mit der Klarheit des Wortes vom Kreuz.
Gert Flessing
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