Nur Mut!
Anfänge: Wenn am Wochenende Schulanfang gefeiert wird, beginnt für die ABC-Schützen ein neuer Lebensabschnitt. Neuanfänge durchziehen das ganze Leben. Sie wollen gemeistert sein. Dabei hilft das Vertrauen in den mitgehenden Gott.
Es ist einer der größten und berührendsten Hits des Liedermachers Gerhard Schöne: »Die Alte auf der Schaukel«. Darin besingt er das Zusammentreffen eines Kindes und einer alten Frau auf dem Spielplatz – und wie plötzlich die Unbeschwertheit und das Lebensvertrauen des Kindes auf die Frau überspringt, bis sie sich auf die Schaukel schwingt. »›Oma willst du schaukeln? / Dann gebe ich dir Schwung.‹ ›Ja komm und gib mir Schwung, mein Herz Dann werd ich wieder jung.‹ ‹‹, heißt es im Refrain. Auf unnachahmliche Weise hat der sächsische Liedermacher hier eine tiefe Weisheit vertont: Man kann auf das schauen, was schlecht ist, auf die Krisen, Begrenzungen und Widrigkeiten; man kann aber auch auf das schauen, was man hat, was einem (noch) gegeben ist, was möglich ist, wo Lebendigkeit erlebt wird – und wo vielleicht ein Neuanfang nicht nur schmerzlichen Abschied, sondern auch neue Möglichkeiten, neue Erfahrungen, neue Entwicklung bedeutet.
Die Bibel ermutigt an vielen Stellen die Menschen, auf neue Wege zu vertrauen – weil Gott mitgeht. »Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich segnen«, ruft Gott dem Abram zu. Und dem Mose, der auch aufbrechen musste, entschlüsselte Gott seinen Namen: »Ich werde da sein als der, der ich da sein werde.« Der biblische Gott ist ein mitgehender Gott, der oft als Hirte beschrieben wird. Jesus radikalisierte dieses Vertrauen, indem er auf irdische Bindungen und Sicherheiten verzichtete, um frei und umfassender unterwegs zu sein – auf das Reich Gottes zu. Als Auferstandener schwor er seine Jünger auf dieses unbedingte Vertrauen ein: »Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.« Und über die, die ihren Weg weiter durch die irdischen Mühen der Ebene gehen mussten, kam der Heilige Geist, der als »Tröster« beschrieben ist. So sind alle, die diesem Gott trauen, eingeladen zu singen: »Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt! Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land. Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit« (Klaus-Peter Hertzsch).
Im Übrigen gehört es zum Menschsein, dass er ein Anfänger ist und bleibt. Die Philosophin Hannah Arendt hatte dies eindrücklich beschrieben, indem sie betonte, dass dem Menschen eine eigentümliche »Natalität« (»Geburtlichkeit«) innewohnt. Es ist die Fähigkeit, mit Neugier und Mut und Schöpferkraft dem Neuen entgegenzugehen, zu staunen, kreativ und erfinderisch zu sein, zu wagen, zu vertrauen, einen Schritt weiter zu gehen, zu reifen und nach Abbrüchen und Verlusten einen neuen Anfang zu setzen.
Mehr noch als vom Tod als dem Ziel des Lebens sei der Mensch von seiner Geburt geprägt, meinte Arendt. In gewisser Weise muss der Mensch in seinem Leben viele Geburten durchleben – im Durchschreiten der Lebensabschnitte, im Bewältigen von Verlusten und Krisen, im Reagieren auf äußere Fährnisse. Auf geheimnisvolle Weise ist der Mensch darauf vorbereitet und vielleicht sogar darauf angelegt. Welch ein Vertrauen erwächst aus diesem Anfängergeist, der wie ein langes Echo des großen ersten Schöpferwortes Gottes ist: »Es werde …«.
So sind wir nicht ein für alle Mal festgelegt, sondern unterwegs – zur Verwandlung und Entwicklung berufen. Im 1. Johannesbrief heißt es: »Wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden.« So sollen wir bereit sein, die Schritte zu gehen, die nötig sind und auf die Rufe des Lebens zu hören und zu antworten – gestärkt durch das Vertrauen, dass uns darin Gott ruft und leitet. Dieses Vertrauen hat Hermann Hesse eindrücklich in diese Worte gefasst: »Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, / Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. / Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, / An keinem wie an einer Heimat hängen, / Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, / Er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.«
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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