Schule macht Gesellschaft
Die Schulstiftung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens vernetzt 91 evangelische Schulen mit Kirche und Gesellschaft. Über Aufgaben und Chancen, die sich daraus ergeben, sprechen die Vorstände Martin Herold und Volker Schmidt.
Wie entwickelte sich in den 1990er Jahren das evangelische Schulwesen in Sachsen?
Herold: Der damalige Landesbischof Jochen Bohl unterstützte mit einer Finanzierung aus der Synode die Gründung der Schulstiftung. Dabei sollte der pädagogische und der geschäftliche Schulbetrieb bestehender und neu gegründeter Schulen durch Begleitung und Beratung unterstützt werden.
Schmidt: Der Drang seitens der Elternschaft, freie Schulen zu gründen, war in den 1990ern groß. Die Landeskirche entschloss sich, es anders als in anderen Landeskirchen zu machen, wo die Schulstiftungen als Träger fungieren. In Sachsen wollte man bewusst die eigene Trägerschaft der Schulen behalten. Ausnahmen bilden hier nur das Evangelische Schulzentrum Leipzig sowie das Kreuzgymnasium Dresden.
Es gibt nun 91 evangelische Schulen in Sachsen. Welche Ansprüche haben diese an Sie?
Schmidt: Es gibt evangelische Schulen aller Schularten – Grundschulen, Oberschulen, Förderschulen, Gymnasien, Berufsschulen. Außerdem haben wir eine Heterogenität – klein, groß, ländlich, urban, klassische sowie Reformpädagogik. Dadurch hat jede Region in Sachsen mindestens eine evangelische Schule in ihrer Reichweite. Alle Schulträger sind autonom. Die Stiftung ist keine vorgesetzte Organisation, sie leistet Unterstützung und hält Angebote bereit. Ihre Konzepte und Eigenständigkeit gestalten die Schulen selbst.
Herold: Wir sind immer auf Augenhöhe mit den Schulen verbunden. Man nimmt die Verantwortlichkeiten vor Ort wahr. Wir haben die Herausforderung zu meistern, ein Netzwerk zu erstellen und einen gemeinsamen Nenner zu finden. Das evangelische Schulwesen in Sachsen repräsentiert Kirche in der Gesellschaft. Das unterstützen wir.
Welche Funktionen in Politik und Kirche nehmen Sie als Schulstiftung wahr? Wie setzen Sie sich da ein?
Schmidt: Wir nehmen die Vertretung der evangelischen Schulen hin zum Freistaat wahr. Wir weisen die Schulen hin auf kommende Verordnungen. Aber auch hin zur Landeskirche vertreten wir die Schulen, damit sie dort präsent bleiben.
Herold: Die evangelischen Schulen sind die größte Teilmenge der Schulen in freier Trägerschaft in Sachsen und sollen gleichberechtigt wie alle Schulen in Sachsen behandelt werden. Das fordern wir von der Politik ein, damit die Schüler unter den gleichen Voraussetzungen lernen können wie in einer staatlichen Schule. Da ist viel Lobbyarbeit zu leisten. Die Finanzierung der Schulen sollte ebenfalls gleichberechtigt erfolgen. Im Detail gibt es da Lücken. Die Bezuschussung der Personalkosten ist 10 Prozent geringer als bei staatlichen Schulen. Der Freistaat begründet dies mit der Organisationsfreiheit der freien Schulen, auch wären diese nicht an tarifliche Löhne gebunden.
Schmidt: Wir bemühen uns, in der Öffentlichkeit evangelische Schule vorkommen zu lassen und die Vorzüge darzustellen. Das sind das Klima, der Umgang, der Ton an einer evangelischen Schule und auch die pädagogische Freiheit. Ganz nach dem Grundsatz »Hauptfach Mensch«. Hier ist es möglich, anders zu unterrichten. Das zieht pädagogische Fachkräfte an. Aber langfristig wird das nicht reichen, gegen den allgemeinen Lehrermangel zu bestehen. Andere Unterrichtsformen müssen geschaffen werden.
Was sind Ihre Strategien für die Zukunft?
Schmidt: Neue kreative Unterrichtskonzepte, fächerübergreifender Unterricht, schulübergreifende Projektwochen und vor allem Digitalisierung. Unser Lernportal kombiniert digitale Möglichkeiten mit Präsenz. In Zukunft könnte man schulübergreifend zusammenarbeiten und gemeinsam Lerneinheiten anbieten. Ein kollegialer Austausch mit staatlichen Schulen ist für alle hilfreich. Wir erfinden nichts, wir führen nichts ein. Wir fördern den Austausch, unterstützen durch Beratung und sorgen für eine Weiterentwicklung durch die Vernetzung der Schulen.
Herold: Die Individualität der Lernenden soll stärker einbezogen werden. Viele Ansätze aus dem »Hauptfach Mensch« gehen in diese Richtung, Mitarbeitende und Lernende gehen wertschätzend miteinander um. Die Kinder werden in ihrer Einzigartigkeit wahrgenommen und bringen sich kreativ ein.
Welche Erwartungen der Landeskirche nimmt die Schulstiftung gesellschaftlich wahr?
Herold: Wir wollen ins Bewusstsein bringen, dass wir über die Woche hinweg Menschen mit Formen von kirchlichem Leben in Verbindung bringen. Und das außerhalb der klassischen Kirchgemeinden. Aber inhaltlich mit dem Anspruch, kirchliches Denken und Bewusstsein zu fördern und religiöse Rituale zu erleben, bei einer Zielgruppe, die viel weniger kirchlich sozialisiert ist als in der klassischen Kirchgemeinde. Das menschliche Miteinander ist etwas, was die Eltern für ihre Kinder suchen.
Schmidt: Unser Landesbischof plädiert für eine stärkere Öffnung der Kirchen in die Gesellschaft. Wir sollen auf diejenigen zugehen, die der Kirche nicht so nah sind. Da kann ich mit Freude sagen, dass wir das jede Woche, Montag bis Freitag, mit 17 000 Schülern und 1700 Lehrkräften tun.
Dieser Beitrag ist aus unserer Sonderbeilage der Schulstiftung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Diese können Sie hier lesen (Klick aufs Bild):
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Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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