Auferstehung im Tod
Tod und Leben: Zu Karfreitag wird Leiden und Tod Jesu bedacht, zu Ostern seine Auferstehung gefeiert. Doch wie rettet Gott? Braucht er Opfer? Wann und wie geschieht Auferstehung?In dem Jesusgleichnis zu den »bösen Geistern« heißt es: »Und wenn der Satan gegen sich selbst aufsteht …« (Mk 3,26) – hier kommt das Auf- und Widerständische des Wortes »aufstehen« deutlich zum Vorschein. Bemerkenswert: Vor Ostern übersetzen wir dieses Wort (griechisch: an-istánai) gewöhnlich mit »aufstehen«, nach Ostern heißt dasselbe Wort »auferstehen«, aber seine nähere Bedeutung bleibt uns überlassen.
Wann geschieht Auferstehung? Der Evangelist Lukas scheut sich nicht, schon zu Beginn des Weges nach Jerusalem, und nur dort (Lk 9,51), von Jesu sich vollendender »Aufnahme« (in den Himmel) zu sprechen. Und nach Johannes wird Jesus am Kreuz nicht erniedrigt, sondern »erhöht«, »verherrlicht«. Aber wir verstehen das sehr schwer, weil wir uns auf das vermeintliche Opferleiden am Kreuz und das leere Grab fixiert haben und deswegen vergeblich nach der wiedererweckten Leiche Jesu Ausschau halten oder auf die Auferstehung der Toten aus den Gräbern warten. Das hat eine problematische Seite. Wenn zum Beispiel gesagt wird, dass Jesus nur gekommen sei, um »für unsere Sünden« zu sterben, aber Judas ihn »verraten« habe, und deswegen die »Gottesmörder« gar nicht genug gehasst werden könnten, obwohl doch Gott selbst den Opfertod seines Sohnes gewollt hätte, um uns vergeben zu können. Solche Ungeheuerlichkeiten kommen offensichtlich heraus, wenn Menschen die Gedanken Gottes ergründen wollen.
Jesus denkt anders: Er verkündet einen gütigen, feindesliebenden, gastfreundlichen Gott, richtet Arme und Schwache auf, lässt sie »auf-schauen« (nicht »wieder sehend werden«), »auf-(er)stehen«, wenn sie lebendig tot sind, keine Hoffnung und keinen Spielraum mehr haben. Spätestens seit der Tempelreinigung wird klar: Es geht um die Frage, ob Gott Opfer braucht, um gnädig zu sein. Die Hohepriester sagen: Ja klar – Jesus hält mit seiner ganzen Kraft und seinem Leben dagegen: Nein! Dieser Protest konnte nur vom Kreuz aus erfolgen. Jesus konnte es sich nur zumuten, weil er sein Leben von Gott gehalten weiß, weil er nicht zum gehorsamen Opfer werden muss, seine Würde bis zum letzten Atemzug bewahrt, während wir ihm gerne die totale Gottverlassenheit nachsagen, um daraus Gnaden zu weben.
Seine Auferstehung geschieht nicht erst nach drei Tagen wohlverdienter Grabesruhe, ist keine Rückkehr in die irdische Raum-Zeitlichkeit, sondern der Übergang in die Welt Gottes im Augenblick des Todes, wann immer der genau ist. Nur wir brauchen mindestens drei Tage Zeit, um einen Tod soweit zu verkraften, um einzusehen: Dieser Leichnam ist nicht mehr meine Mutter, sie ist als Person längst bei Gott aufgehoben. Viele Kulturen sehen den Tod erst am dritten Tag als endgültig, die Bibel verbindet mit ihm auch die entscheidende Hilfe Gottes. Doch das sind reine Symbolfragen, nicht Kalenderdaten.
Beim Kreuz Jesu ist es fast undenkbar, dass Gott ihn im Stich gelassen hätte. Die Hand Gottes schon im Tod: Das ist die Auferstehung und das Leben, auch wenn wir sterben. Mehr brauchen wir nicht, mehr können wir vernünftigerweise nicht sagen, denn die Schwelle zur Ewigkeit ist nicht überschreitbar, unser irdisches Sensorium ist nicht dafür gemacht, reicht oft schon hier nicht aus.
Also geht es auch für mich um die Auferstehung mitten im Leben als Aufstand gegen den Tod. Ich kann und möchte den leiblichen Tod nicht besiegen, ich darf ihm hinhaltenden Widerstand leisten. Der Tod hat jeden Gottesschrecken für mich verloren. Es ist mir unmöglich zu denken, dass ich nach einer liebevollen Gottesbegegnung noch einmal zurück wollte. Ich habe das Kreuz Jesu erst lieben gelernt, als ich den darauf Auferstehenden erkannte. Seither ist auch bei mir vieles neu geworden.
So freue ich mich jeden Tag darüber, was ich alles noch theologisch und musikalisch gestalten, für meine Großfamilie mit sorgen darf, aber auch am Leid, das mir begegnet, nicht nur betroffen vorbeigehen, sondern auch stehenbleiben und meine Aufmerksamkeit oder Hilfe anbieten kann.
Dr. Peter Trummer ist emeritierter Professor für Neues Testament an der Universität Graz. Von ihm ist soeben das Buch erschienen »Auferstehung jetzt – Ostern als Aufstand«.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.