Das Alter meistern
Lebenskunst: Altwerden ist eine Herausforderung. Es gilt, mit Begrenzungen und Verlusten umzugehen – und nicht zu verbittern. Doch das Alter bietet auch Chancen. Offenheit für Neues und Dankbarkeit können den Weg ebnen.
Das Schlimmste ist, dass meine langjährigen Freunde so langsam alle tot sind. Ich bin fast noch der Einzige, der übrig geblieben ist« – der Mann, der dies sagte, war zu der Zeit 85. Die alten Vertrauten, mit denen er jahre- und jahrzehntelang unterwegs war, mit denen er die Höhen und Tiefen des Lebens geteilt hatte, sie fehlten ihm sehr. »Das ist ein Trauerprozess«, sagt die Trauerberaterin Christine Kempkes. Ein erster Schritt, damit gut umzugehen, sei radikale Akzeptanz. »Wer immer in einer Abwehrhaltung ist, nichts mit der Trauer zu tun haben will, der macht es sich nochmal schwerer«, sagt Kempkes. Man müsse hinnehmen, was ist. Den Schmerz über die Menschen, die fehlen, zulassen. Gegen das Gefühl des Alleinseins helfe es, schon frühzeitig einen Freundeskreis aufzubauen, in dem auch jüngere Menschen sind. »Wer seit Kindestagen immer mit denselben Leuten zusammen ist, ohne dass neue dazu kamen, bei dem ist das Gefühl stärker, dass alle wegsterben«, sagt Kempkes. So könne die 80-Jährige durchaus auch mit einer 60-Jährigen ins Konzert gehen oder einmal Kaffee trinken. Je altersdurchmischter der Freundeskreis ist, je offener man Neuem gegenübersteht, desto weniger einsam fühle man sich.
Offenheit – ein wichtiges Stichwort. Nicht nur offen sein für neue Menschen, sondern auch neugierig sein auf das Leben, auf neue Themen: Das ist einer der Schlüssel zu einem erfüllten Leben, gerade auch im fortgeschrittenen Alter. Warum nicht noch einmal eine Sprache lernen? Oder ein Hobby beginnen, für das man nie Zeit hatte? Den Malkurs vielleicht? Ein Chor? So kommt man hinaus aus der eigenen Wohnung. Das ersetzt zwar nicht die langjährigen Freundschaften, aber man hat wieder Kontakt zu anderen Menschen.
Wer sich seinen Gefühlen stellt, der Wut, dem Zorn, der Trauer, der Ohnmacht, ist schon auf einem guten Weg zurück ins Leben und damit zur Freude. Denn dann ist man frei zu fragen, was noch möglich ist. Vielleicht wird es nichts mehr mit einer großen Tageswanderung. Aber ein Spaziergang ist möglicherweise noch drin.
Dankbarkeit ist aus Sicht von Christine Kempkes übrigens ein »tolles Vehikel, den Fokus auf Gutes zu richten«. Es sei immer die Frage: »Gebe ich meine Aufmerksamkeit dahin, was nicht mehr da ist oder kann ich dankbar sein für das, was war?« Wichtig ist zu verstehen, dass beides häufig gleichzeitig passiert. Da ist zum einen die Freude über die Musik und darüber, dass man sie mit der Freundin genießen konnte. Das erzeugt Dankbarkeit. Dennoch kommt aber die Trauer darüber hoch, dass die Freundin gestorben ist. Das sei ganz normal, sagt Kempkes. Sie nennt es die »Gleichzeitigkeit in der Trauer«. Da seien einfach sehr viele unterschiedliche Gefühle drin. Dankbarkeit, Liebe, schöne Erinnerungen, Wärme, Fürsorge. Und gleichzeitig Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, Verlorenheit. Wer weiß, dass diese Gegensätze zusammengehören, tut sich leichter.
In den Beratungen mit Christine Kempkes geht es häufig auch um die Frage: »Wer bin ich? Wofür stehe ich?« Ganz wichtig seien diese Fragen insbesondere dann, wenn ein Ehepartner nach vielen Jahrzehnten des gemeinsamen Lebens gestorben ist. Wenn es all die Jahre nur ein »Wir« gab, dann ist das eine große Herausforderung. Welche Talente, welche Gaben, welche Interessen habe ich? Was macht mir Freude? Die Antworten auf diese Fragen seien manchmal gar nicht so leicht zu finden, und es braucht Zeit, sich auf das Neue einzulassen. Zeit, aber auch Offenheit. Und damit kann man gar nicht früh genug anfangen.
So rät Christine Kempkes auch dazu, sich schon lange vor dem Ruhestand zu überlegen, was man mit der freien Zeit anfangen will. So lassen sich neue Kontakte knüpfen, die später tragen, auch wenn es nicht die langjährigen Freunde sind. »Wir ernten, was wir gesät haben«, sagt die Trauerberaterin. Wer immer auf der Suche nach Neuem ist, wird dies auch mit 80 noch sein und so neben dem Schmerz über Verluste auch die Lust am Neuen, und damit auch am Inspirierenden und Schönen, nicht verlieren.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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