Zur Hoffnung berufen
Der Lutherische Weltbund trifft sich in dieser Woche zu seiner Vollversammlung im polnischen Krakau. Im Nachbarland der Ukraine kann das Treffen Signalwirkung haben.Eine Woche in Krakau gemeinsam mit Lutheranerinnen und Lutheranern aus der ganzen Welt! Zum ersten Mal werde ich als Delegierte bei einer Vollversammlung des LWB dabei sein. Vor allem freue ich mich auf die gemeinsamen Gottesdienste, Diskussionen und den Austausch zum Glaubensleben – ganz besonders auf die Begegnungen mit Menschen aus unseren Partnerkirchen.
Die elf deutschen Mitgliedskirchen im LWB werden durch das Deutsche Nationalkomitee (DNK/LWB) vertreten. Die deutschen Delegierten haben sich intensiv auf die kommende Vollversammlung vorbereitet. Insbesondere aktuelle Themen, wie die Frage nach dem Verhältnis der Geschlechter, spielten eine Rolle. Ich denke, die wichtigen Fragen unserer Zeit, sowohl ökologische als auch ökonomische, sind nicht ohne die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und jungen Menschen zu lösen.
Dies umso mehr, als viele Konflikte und unterschiedliche Interessen gegenwärtig unsere Welt prägen. Zuletzt hat uns die Corona-Pandemie gezeigt, wie sehr wir voneinander abhängig sind. Schmerzlich sehen wir das bestehende Ungleichgewicht zwischen globalem Norden und globalem Süden. Militärische Konflikte, wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, verschärfen die ohnehin schon prekäre Lage in vielen Teilen der Welt. Auch Polen als Gastgeberland der Vollversammlung und unmittelbarer Nachbar der Ukraine ist betroffen.
Die Vollversammlung des LWB ist deshalb für mich ein großes Hoffnungszeichen. Ein Zeichen dafür, dass sich Menschen aus allen Weltregionen um Verständigung, Interessenausgleich, Frieden, Gerechtigkeit und um Empathie füreinander bemühen und als eine Gemeinschaft verstehen, die Christus zur Einheit ruft. Das Motto der Vollversammlung »Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung« beruht auf dem biblischen Wort aus Epheser 4, Vers 4: »Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung.«
In Krakau wird intensiv diskutiert werden, was es heißt, in diesem Sinn eine Gemeinschaft zu sein. Das DNK/LWB hat sich im Rahmen eines Studienprozesses des LWB mit der Frage nach »Lutherische(n) Identität(en)« auseinandergesetzt. Was sind die wesentlichen Merkmale unserer Identität und wie sind sie verbunden mit den Lehren lutherischer Theologie? Was prägt uns, wenn wir uns um das Wort Gottes, die Sakramente und den Dienst sammeln?
Somit wird es bei der Vollversammlung auch darum gehen, wie wir in ganz unterschiedlichen Kontexten unseren Glauben so in die Tat umsetzen, dass er ein sichtbares Zeugnis des Evangeliums wird. Wie wollen wir den Dienst der Versöhnung in unseren Kontexten und weltweit gemeinsam konkret gestalten?
Bei der Vorbereitung stand auch das deutsch-polnische Verhältnis im Mittelpunkt. Unweit von Krakau liegt das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Der Besuch der Gedenkstätte ist Bestandteil der Vollversammlung. Deutsche Delegierte haben sich bereits Anfang 2023 dort versammelt. An diesem Ort habe ich erschütternd erlebt, wie unfassbar und wie tief die deutsche Schuld vor allem gegenüber Menschen jüdischen Glaubens ist und wie sehr auch die deutsch-polnische Geschichte davon geprägt ist. Zugleich ist es eine Geschichte von Verständigung und Versöhnung geworden. Das bewegt mich auf dem Weg nach Krakau zutiefst. Und ebenso die Hoffnung, dass von der Vollversammlung klare Signale ausgehen, dass alle Menschen Gotteskinder mit gleicher Würde sind und dass es unmöglich zu rechtfertigen ist, wenn ihnen Gewalt angetan wird, wenn sie diskriminiert oder ausgegrenzt werden.
Im Fürbittgebet für einen Gottesdienst zur Vollversammlung heißt es: »Lass alle Hoffenden zueinander finden und stärke das Band des Friedens durch Jesus Christus, der uns berufen und in die Welt gesandt hat.« So möge es sein – in Krakau und weltweit, täglich neu.
Die Autorin ist Landesbischöfin der Nordkirche und designierte Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des LWB.
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