Mein Glaube, mein Halt
Vier Christen erzählen, was ihnen ihr Glaube im Alltag bedeutet und wo er ihnen Halt gibt.Glaube als Weg und Halt …
Über die Jahreswende war ich in Stockholm, ich bin mit dem Nachtzug dort gewesen. Und wieder einmal haben mich die Bahnhöfe und Haltestellen fasziniert – als ein Sinnbild für das Unterwegssein: Anhalten, kurz verweilen, dann weiterziehen; nicht am Ziel sein, sondern auf Reise. Deshalb kann ich von meinem Glauben gut als Halt in meinem Leben sprechen, denn Glaube ist nichts, was ich habe oder besitze. Vielmehr begleitet mein Glaube mich. Er lässt mich vertrauen, dass noch etwas kommt, auf das es sich zu hoffen lohnt. Mal ist er zerbrechlich und klein, steht eher verhalten in der Ferne. Dann wieder überrascht er mich, ist mir ein Haltegriff in den Stürmen dieser Welt und den Krisen dieser Zeit. Und mein Glaube lässt mich Haltung bewahren, er ist mir Kompass und Ausrichtung auf dem Weg. Ich glaube. Mal spreche ich diese Worte zögerlich und verschämt, mal selbstbewusst und beherzt. Doch immer meinen sie »ich vertraue dir mein Gott, meistens«.
Kira Stütz, Theologin, Leipzig, Foto: © C. Boerger
Glauben heißt …
… Vertrauen haben – Erfahrungen machen – Zeugnis geben. So prägnant hat mir 1980 ein Pfarrer erklärt, was christlicher Glaube bedeutet. Ich habe das nie vergessen und inzwischen oft erlebt. Ein Beispiel: Im Jahr 2012 übernahm ich als Patin Verantwortung für einen Täufling. Mit den Eltern war ich gut befreundet und konnte ihre kleine Tochter aufwachsen sehen und im Gebet begleiten. Vier Jahre später brach die Familie den Kontakt zu mir ab, seitdem bin ich meinem Patenkind nie mehr begegnet. Ich war traurig, habe aber weiter für das Mädchen gebetet, ihm jedes Jahr geschrieben und darauf vertraut, dass Gott es begleitet. Am 24. Dezember 2023 klingelt spätabends mein Telefon. Mein 11-jähriges Patenkind bedankte sich für den Weihnachtsgruß. Welche Freude! Sie stärkt meinen Glauben, dass Gott Menschen überraschend bewegt. Sogar Kriege kann er beenden. Egal, was 2024 bringt: Ich will Gott vertrauen und meine Erfahrungen mit ihm weitergeben, damit die Hoffnung wächst.
Sr. Esther Selle, Oberin der Diakonissenanstalt Dresden, Foto: © privat
Glauben ist für mich …
… ein Geschenk Gottes. Ich kann mir Glauben nicht erwerben oder verdienen und er stellte mich, da ich aus einem nichtchristlichen Elternhaus stamme, auch vor viele Herausforderungen. Der Glaube begegnete mir zum ersten Mal kurz vor der Geburt unseres ältesten Sohnes: In Gestalt des plötzlichen Wunsches, »über den Tellerrand« schauen zu wollen und in der seltsamen Gewissheit, dass es dort auch »etwas zu sehen« gibt. Obwohl der Glaube nie Thema war, ist er durch diese Erfahrung zu meinem Thema geworden, das mich nicht mehr losgelassen hat: Im Theologiestudium lerne ich, den eigenen Glauben zu beschreiben und zu reflektieren. Um ihn aber konkret zu erfahren, gehe ich in Beziehung mit meinen Nächsten: in der Gemeinde, am Gartenzaun, im Krankenhaus, in den Sterbezimmern. Ich erzähle von meinem Glauben und erfahre in diesen Begegnungen, dass Gottes Geschenk wirklicher Trost sein kann.
Pascal Liebert, Theologiestudent, Lossatal, Foto: © privat
Glauben heißt …
… in einer haltlosen Welt an- und innehalten zu können. Aus fundiertem Halt folgt für mich eine Haltung, die ein Verhalten zum Fest- oder Aufhalten je aktueller Verhältnisse um Gottes Willen ermöglicht. Seit Kindertagen darf ich mich an den Glauben an die Gegenwart Gottes halten. In St. Matthäus konnte ich im kleinsten Kindergarten Karl-Marx-Stadts von Jesus hören, später in gabenfördernden Gemeindekreisen die Beziehung mit Gott in glaubenskritischem Umfeld vertiefen. Erwachsen gewachsen, trägt dieses Fundament durch Trauer und Krankheit, gründen darin Freude und Gelassenheit. Der Glaube an den Ewigen hält auch bei manchem Frust, der im Alltäglichen oder gar im Dienst mitunter aufkommt. Er hilft mir, mich jahreslosungsgemäß an Liebe-vollem Handeln zu orientieren. Auch, um Verbindungen zu halten und zu schaffen, wenn bei manchen Bescheidwissern die Positionen verhärtet sind.
Diakon Tobias Petzoldt, Geschäftsführer des Verbandes Ev. Diakonengemeinschaften, Foto: © Tomas Gärtner
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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