Komm rüber!
Fastenzeit: Unter dem Motto »Komm rüber! 7 Wochen ohne Alleingänge« lädt die evangelische Kirche in der Passionszeit dazu ein, mehr Miteinander zu wagen. Es zeigt sich: Fasten heißt nicht verzichten, sondern neue Perspektiven zu bekommen.Na klar ist es manchmal schön, für sich zu sein. Aber eigentlich ist echte Gemeinschaft das, was die meisten Menschen und auch unsere Gesellschaft zurzeit besonders dringend brauchen. Und weil Fasten aus dem Trott bringen und helfen kann, liebgewordene Gewohnheiten zu hinterfragen, ist die Idee der EKD für die diesjährige Fastenzeit erfreulich aktuell: Wie wäre es, wenn wir in den kommenden 7 Wochen einfach mal ein »Alleingang«-Fasten machen, bewusst unser Sozialleben stärken und neu entdecken, was gute Gemeinschaft auszeichnet? Klingt verheißungsvoll. Für Kirchengemeinden gibt es im Rahmen der Fastenaktion dazu vielfältige Materialien – und diejenigen, die dem Thema selbst gerne nachspüren möchten, finden unter nicht nur anregende Ideen, sondern auch die Möglichkeit, sich direkt einer Fastengruppe anzuschließen und mit anderen darüber nachzudenken, wie wir unser Miteinander stärken können; und das nicht nur mit den Menschen, die wir lieben und die uns anvertraut sind, sondern auch mit denen, die uns eher suspekt erscheinen.
Statt Alkohol oder Gummibärchen zu entsagen, gilt also dieses Jahr das Motto »Komm rüber!«. Wobei man das sicher wörtlich nehmen darf, weil sich schon aus diesen zwei Worten konkrete Umsetzungen ergeben: Wollte ich mich nicht schon lange mal mit dem neuen Nachbarn treffen? Stimmt! Also: »Komm rüber!« Mit der Kollegin nicht immer nur am Arbeitsplatz reden? Wäre super. Also: »Komm rüber!« Und was ist mit der Clique, die wir so lange nicht mehr gesehen haben? Fehlt uns! Also: »Komm rüber!« Das Verrückte ist nämlich: Damit Gemeinschaft entsteht, benötigt es gar nicht viel – trotzdem sind kleine Impulse hilfreich, um Menschen zusammenzubringen. Im Kleinen wie im Großen.
Eine hessische Kirchengemeinde hat zum Beispiel in ihren Abkündigungen jahrelang aufgefordert: »Sprechen Sie doch bitte in den ersten drei Minuten nach dem Gottesdienst mit einer Person, die Sie noch nicht kennen.« Klingt herausfordernd, funktioniert aber fantastisch. Und es entstehen unkompliziert neue Beziehungen.
Die Fastenaktion 2024 macht deshalb auch Lust, sich und anderen in den kommenden 7 Wochen bewusst Impulse zu geben, die vertraute oder auch neue Formen der Gemeinschaft anregen. Wie zum Beispiel bei der Großveranstaltung, bei der die Moderatorin am Ende sagte: »Immer vier Menschen, die die gleiche Endziffer im Personalausweis haben, bekommen zusammen eine Flasche Sekt.« Da war Stimmung im Saal: »Sieben! Wer hat auch die Sieben?« Und als die spontan entstandenen Teams ihre jeweiligen Flaschen in Empfang nahmen, fiel ihnen auf, dass es nur eine Möglichkeit gab, den Preis angemessen zu feiern: Sie mussten ihn vor Ort miteinander genießen. Geht doch. Beziehungsweise: Komm rüber!
Für jede der 7 Fastenwochen gibt es ein eigenes Schwerpunktthema – und einen dazu passenden Bibeltext. Die erste Woche etwa beginnt mit der starken Geschichte der Emmaus-Jünger; den beiden Männern, die stundenlang mit einem vermeintlich Fremden unterwegs sind, um dann ganz am Ende merken, dass ihr Wegbegleiter Jesus ist. Denn eines hat die Christenheit nicht erst im Abendmahl erkannt: Eine starke Gemeinschaft kann immer auch zu einem Ort der Gotteserfahrung werden. Oder wie es der Hebräerbrief formuliert: »Seid gastfreundlich! Denn einige haben, ohne es zu wissen, einen Engel zu Gast gehabt.« (Hebräer 13,2) In diesem Sinne: Komm rüber!
Fabian Vogt ist Pfarrer und Referent bei »midi – Zukunftswerkstatt von Kirche und Diakonie« in Berlin.
Neben dem Fastenkalender »7 Wochen ohne« mit täglichen Text- und Bildimpulsen für die Zeit vom 14. Februar bis 1. April ist in der Edition Chrismon das Buch »Komm rüber!« erschienen – mit Beiträgen von Johann H. Claussen, Jörg Uhle-Wettler, Tobias Petzoldt, Alexander Brandl u. a. Fragen an die Leser geben auch Raum zur Selbstreflexion.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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