Wer mag schon Schaf einer Herde sein?
»Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben.« Johannes 10, 11a. 27–28aWir leben in einer Gesellschaft der Singularitäten sagt der Kultursoziologe Andreas Reckwitz in seinem gleichnamigen Buch. Statt des Allgemeinen erwarten wir immer mehr das Besondere. Wir suchen nach dem Einzigartigen, dem Singulären und geben uns nicht zufrieden mit den Urlaubszielen des Massentourismus. Außergewöhnlichkeit, so konstatiert der Soziologe, ist nicht nur subjektiver Wunsch, sondern »paradoxe gesellschaftliche Erwartung« geworden. Und die allgegenwärtigen sozialen Medien spiegeln unseren Wert auf dem sozialen Attraktivitätsmarkt. Auf der Folie dieser Gesellschaftsanalyse der Spätmoderne wirkt das Bild von Hirte und Herde aus der Zeit gefallen. Wer mag sich schon mit einem Schaf identifizieren, das zu einer Herde von augenscheinlich recht wenig voneinander unterscheidbaren Schafen gehört.
Individualität hat im Gesellschaftsbild von Hirte und Herde nur einen geringen Stellenwert. Integraler Bestandteil des postmodernen Lebenskonzepts ist die Idee individueller Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung. Viele Zeitgenossen befinden sich darum auf der Suche nach einer inneren Stimme. Sie wollen diese wiederfinden und begeben sich auf spirituelle Reisen, gehen pilgern, fastenwandern, besuchen Exerzitien und Meditationskurse. In meiner Mutzschener Kirchgemeinde gibt es darum seit Jahren in der Passionszeit wöchentliche Fastenmeditationen. In Verbindung mit der inneren Stimme zu kommen, bedeutet für mich, in ein Resonanzverhältnis zum Grund, zur Tiefe des Seins (Paul Tillich), zu Gott zu gelangen. Das Bild vom guten Hirten, dessen Stimme von seinen Schafen gehört wird, beschreibt dieses grundlegende, auf einer liebevollen Vertrauensbeziehung beruhende Verhältnis zwischen Gott und Mensch.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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