Bild für das Spiel des Lebens
Fußball: Die Europameisterschaft rückt ab Freitag wieder die schönste Nebensache der Welt in den Mittelpunkt. Kann der Fußball auch lehrreich für den Glauben sein?Der Fußball gehört nun mal zu uns in Deutschland. Er ist die meist vertretene Sportart in unseren Vereinen, bindet eine ganze Gesellschaft und führt Menschen auf wunderbare Weise zusammen. Emotionen pur, Identifikation mit Spielern und Vereinen, Heimat und Geborgenheit, Kult und Tradition, eigentlich gibt es kein Element, das nicht auf den Fußball zutreffen würde. Es ist nur schwer vorstellbar, sich all den Anziehungskräften zu entziehen. Das Spiel des Lebens findet seine greifbare Darstellung auf dem grünen Rasen. Gemeinsam gewinnen und verlieren formt eine Gemeinschaft und das über den Spielfeld- rand hinaus. Wie in andere Lebensformen wird man in diese Gemeinschaft hineinbefördert und geformt. Für einen kleinen Münchener Buben war das wie überall auf der Welt das Spiel auf dem Hinterhof mit den Kameraden. Mangels eines guten Balls genügte da schnell mal eine Büchse. Spielsituationen, von denen man gehört hatte, wurden nachgespielt, Spielerfiguren verteilt, man fühlte leibhaftig den eigenen Auftritt auf dem Grün, das das Leben bedeutete. Bis man selbst Zeuge eines solchen großen Moments sein darf.
In Begleitung eines Freundes und seines Vaters durfte ich mit zarten 7 Jahren zum ersten Mal ein Fußballspiel der Münchner Löwen des TSV 1860 im Grünwalderstadion in München-Giesing erleben. Schon der Weg auf Giesings Höhen den Berg hinauf sollte einen unverlierbaren Eindruck in mir auslösen, den ich später als Theologe nur noch mit der alttestamentlichen Völkerwallfahrt auf den Berg Zion vergleichen konnte. Im Stadion selbst fand dann die perfekte Liturgie statt, die bis heute in unseren Fußballarenen bis ins kleinste Detail durchinszeniert werden. Gesänge, Hymnen, Fahnen, die Protagonisten in ihren Trikots, die Nähe des Zuschauers zu den einzelnen Aktionen, das Gelingen und Misslingen, die gemeinsame Freude und das oft unvermeidliche Leid, die liturgische Abhandlung vom Einzug bis zum Friedensgruß am Ende des Spiels – all das kannte ich schon als kleiner Bub aus meinen Kirchenbesuchen. Dieser Sport bekam so etwas Heiliges, ja nahezu Göttliches, auf alle Fälle wurde er zu einem unverlierbaren Eindruck in meinem ganzen Empfinden und ist es bis heute geblieben. Natürlich vermag ich durchaus Realität und Spiel, das wirklich Notwendige in unserem Leben und das Nebensächliche zu unterscheiden, würde ich niemals ein Fußballspiel angesichts der Herausforderungen des alltäglichen Lebens überbewerten. Aber dieses Spiel und seine Faszination, mit der es die Menschen an sich bindet, bleiben für immer bestehen. Selbst ein Apostel Paulus konnte sich dem nicht entziehen und verwendet immer wieder Bilder aus dem Sport für seine Verkündigung. Die Läufer im Stadion, ihren Eifer, ihren Einsatz, ihre Mühe, ihr Training stellt er den Korinthern als Beispiel vor Augen, damit sie erkennen sollten, wie sehr sie sich als zum Glauben berufene Jünger Jesu anstrengen sollten in ihrem Dienst (1 Kor 9,24-26). Beide nehmen meiner Meinung nach Schaden, wenn sie anstatt miteinander gegeneinander antreten – der Glaube, die Religion einerseits und der Sport andererseits.
Wie ein Apostel Paulus sollen wir zusammenführen und Gemeinsamkeiten leben. Kirche kann durchaus lernen von der Euphorie, die ein Fußballstadion erfüllen kann, genauso wie sich die Menschen in der Arena der liturgischen Ordnung und Vollzüge aus unseren Kirchen, der bunten Darstellungen und Gesten und Formen bedienen. Wenn sich dann noch echte, wirkliche Stars dieses Sports als gläubige Christen zu erkennen geben und jenseits der Schwelle zum Aberglauben ihren Glauben an Gott bekannt machen, dann sehen wir beide miteinander vereint, Hand in Hand durch unsere Zeit und unser Land schreiten. »Ich gehe mit Jesus auf den Platz!« bekennt freimütig der Fußballprofi David Selke vom 1. FC Köln seinen Glauben auf der Internetplattform »Promis glauben«. Lassen wir uns diese Chance niemals entgehen und genießen wir die »Zwecklosigkeit« des Fußballspiels, die uns als die schönste Nebensache der Welt nur unterhalten will.
Pfarrer Rainer M. Schießler ist Autor des Buches »Im Fußball-Himmel: Meine schönsten Geschichten vom Heiligen Rasen«.
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Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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