Aufarbeitung und Versöhnung
Ab März 2020 überrollte uns Corona. Nun beginnt die Aufarbeitung. Ein Gastbeitrag der Landtagsabgeordneten Ines Firmenich.
Vor genau fünf Jahren trat der erste Corona-Lockdown in Kraft. Fünf Jahre sind eine relativ lange Zeit – und man hat das Thema Corona schon fast zu den Akten gelegt, fast! Denn immer dann, wenn man beginnt, über die Zeit der Pandemie laut nachzudenken, zeigt sich, dass noch viele Fragen unbeantwortet sind, dass Menschen seelische Verletzungen erfahren haben, um die wir uns kümmern müssen, und dass unsere Gesellschaft Risse bekommen hat, wo wir Versöhnungsarbeit leisten müssen, um wieder zueinander finden zu können.
Die Corona-Pandemie hat die Menschheit damals förmlich überrollt, eine Blaupause dafür, was im Falle einer Pandemie zu tun ist, gab es nicht. Und so wurden unter den damaligen Umständen und mit dem damals vorhandenen Wissen Entscheidungen getroffen, die wir heute so nicht mehr treffen würden. Es ist unbedingt notwendig, diese Zeit zu reflektieren und zu bewerten, aber nicht, um Fehler zu suchen, Schuldige zu finden und mit dem Finger auf sie zu zeigen. Wer damals in Verantwortung stand, Entscheidungen treffen zu müssen, die gegebenenfalls über Leben oder Tod entscheiden würden, trug eine große Last. Das betraf keinesfalls nur die politisch Verantwortlichen – jeder, der in seinem Zuständigkeitsbereich Sorge für andere Menschen zu tragen hatte, war vor diese Herausforderung gestellt. Wem will man vorwerfen, dass dabei die Vorsicht Priorität genoss und der Drang, helfen zu wollen, Motivation beispielsweise für Impfaktionen in Kirchen war?
Deshalb muss die Aufarbeitung der Corona-Pandemie sehr verantwortungsvoll, ehrlich, sachlich, objektiv und mit einem in die Zukunft gerichteten Blick geschehen. Die vom Sächsischen Landtag einberufene Enquete-Kommission wird sich in den kommenden zweieinhalb Jahren tiefgründig mit verschiedenen Themenkomplexen beschäftigen. Dazu gehören in erster Linie Gesundheitsversorgung und Pflege ebenso wie das gesamte Spektrum der Bildung, Erziehung und Betreuung, weiterhin die Wirtschaft, Einrichtungen der kritischen Infrastruktur, aber auch Kultur, Sport, Soziales, Kirchen und religiöse Vereinigungen, um die wichtigsten zu nennen.
Die Kommission wird all diese Themenkomplexe analysieren, Sachverständige anhören, Gutachten einholen und all das auswerten, um daraus für die Zukunft zu lernen. Der Blick wird sich nicht nur auf das richten, was anders gemacht werden muss, sondern auch herausheben, was sich in dieser Zeit auf Grund der plötzlich veränderten Rahmenbedingungen neu entwickelt hat. Ich denke da etwa an unsere Hochschulen, die in Windeseile digitale Lehrangebote und Prüfungsformate entwickelt haben, an Home-Office und Videokonferenzen statt stundenlanger Präsenzsitzungen. Online-Gottesdienste gehören ebenfalls dazu.
So war die Corona-Pandemie ironischerweise auch Triebkraft für Innovationen. Nicht alles, was aus der Not geboren wurde, kann dauerhaft so weitergeführt werden, doch ähnlich wie bei Modellprojekten kann man daraus lernen, Bewährtes übernehmen und weiterentwickeln. Zum Ende des Jahres 2027 soll dem Landtag dann ein Bericht vorgelegt werden, mit Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen, die es ermöglichen, für den Fall, dass uns eine neue Pandemie erreicht oder auch für andere Krisensituationen, besser gerüstet zu sein und darüber hinaus einen Beitrag zur Versöhnung zu leisten.
Kirchen und die Diakonie sind als Träger von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Bildungsstätten immer auch tangiert, wenn es etwa um Gesundheitsversorgung, Pflege und soziale Einrichtungen geht oder um Kitas und Schulen. Sie kümmern sich in besonderem Maße um vulnerable Gruppen und sind allein deshalb unverzichtbare Partner im Aufarbeitungsprozess rund um die Pandemie. Es wäre sehr erwünscht, wenn die Kirchen und die Diakonie sich in die Aufarbeitung im Rahmen der Enquete-Kommission unter anderem durch Mitwirkung von Sachverständigen einbringen würden. In dem Zusammenhang muss auch Kirche/Diakonie die eigenen Corona-Erfahrungen reflektieren und sich Gedanken über die Lehren daraus machen.
Liebe Leser, schreiben Sie uns von Ihren Corona-Erfahrungen an redaktion@sonntag-sachsen.de oder Redaktion DER SONNTAG, Blumenstraße 76, 04155 Leipzig.
Die Christin Iris Firmenich (CDU) sitzt der Enquete-Kommission »Pandemie« des Landtags vor.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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