Ich weiß gar nicht recht, ob ich mich freuen soll. Endlich auch Segnung für Homosexuelle in der sächsischen Landeskirche. Und das, obwohl der Bischof sich explizit dagegen positioniert (die angeblich 'besondere Verheißung', welche auf der Ehe liegt...). Aber wenn man die Handreichung sich dann ansieht, ist von Freude nicht mehr viel übrig. Der Pfarrer kann ablehnen (darf er das bei Heteros auch? Ich weiß es nicht). Der KV m u s s informiert werden (warum eigentlich?). Und dann diese Kommentare von u.a. Thomas aus Leipzig. Wo bleiben bei diesen Kommentatoren die Nächstenliebe und die Einsicht in die eigene Unzulänglichkeit? Wir alle sind Sünder. Jeder auf seine Weise. Und Gott liebt alle, die sich zu Ihm bekennen. Das glaube ich fest.
Die Kirchenleitung der sächsischen Landeskirche hat auf ihrer Sitzung am 17. Oktober in Dresden beschlossen, dass Segnungen von Paaren in Eingetragener Lebenspartnerschaft im Einzelfall auch im Gottesdienst möglich sind, sofern Pfarrer sich hierzu bereit erklären. Das teilte das Landeskirchenamt am Dienstag mit.
Die Verantwortung dafür liege bei den Pfarrerinnen und Pfarrern. Sie hätten im Vorfeld die Beratung im Kirchenvorstand zu suchen. Werde eine Segenshandlung von Pfarrern verantwortet, ist sie ab Anfang nächsten Jahres nach der liturgischen Handreichung zur »Segnung von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft« zu vollziehen. Diese Segenshandlung verstehe sich nicht als Trauung, so die Kirchenleitung, sondern als Segnung von Paaren in Eingetragener Lebenspartnerschaft, die damit ihren Willen zum Ausdruck bringen, eine Partnerschaft in Verlässlichkeit, in verbindlicher Treue und Verantwortung füreinander zu begründen.
Die Handreichung wurde durch eine sechsköpfige Arbeitsgruppe der Kirchenleitung seit Oktober letzten Jahres erarbeitet. In der Einleitung ihres Berichtes wird festgestellt, dass gegenwärtig ein gesamtkirchlicher Konsens hinsichtlich der Segnung Eingetragener Partnerschaften als öffentliche Kasualhandlung nicht möglich sei. Den unterschiedlichen Auffassungen werde aber gemäß dem Ergebnis des Gesprächsprozesses zum Schriftverständnis durch die Freigabe des Gewissens Raum gegeben und Schutz gewährt.
"Und Gott liebt alle, die sich zu Ihm bekennen." GOTT SEI DANK!
Ist die Entscheidung der Kirchenleitung ein demokratischer Entschluss ? Und wieviel Bauchgefühl steckt in dieser Entscheidung ? Wie reflektiert ist diese Entscheidung ? Man müsste sich die Zusammensetzung der Kirchenleitung anschauen, das Abstimmungsverfahren, die einzelnen Qualifikationen und letztlich das Mischungsverhältnis verschiedener Standpunkte. Auch wäre es notwendig sich über das Wahlverfahren der Landessynodenwahl zu informieren, wenn es das überhaupt gibt.
Eine Kirchenleitung fasst Beschlüsse und gibt zumindest eine Richtung vor, in die die jeweilige Landeskirche steuern sollte. Fraglich ist ob diese Beschlüsse umgesetzt werden und vor allem wie diese in den einzelnen Werken und Kirchgemeinden kommuniziert und umgesetzt werden. Gibt es ein Zeitfenster bis zu dem jeder Pfarrer auch "Nein" zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften sagen kann ? Gegenwärtig wird gern mit dem Gewissensschutz der Pfarrer und ihrer Gemeinden argumentiert. Ich gebe Herrn Flessing recht. Meistens stimmen Pfarrer und Kirchenvorstand in diesen Fragen überein. Die Gemeinde bestellt ja schließlich auch ihren Pfarrer bzw entscheidet mit. Was passiert jedoch, wenn da keine Übereinstimmung herrscht , wenn ein Gewissensnotstand ausbricht. Wer schützt die Gewissen der Segnungswilligen ? Die Entscheidung der Kirchenleitung ist für mich zwar richtungsweisend jedoch zwitterartig. Es ist (kirchen politischer Druck, der diese Entscheidung begünstigt. Gleichzeitig ist diese Entscheidung keine für Schwulen und Lesben rehabilitierende Entscheidung, da die Verantwortung an die Kirchgemeinden zurückgegeben wird. Das Gewissen ist hier das Schmiermittel, welches den Riss zwischen realer gesellschaftlicher Situation und landeskirchlicher Realität kitten soll.
Die zunehmende Gottlosigkeit bringt letztlich auch die großen Kirchen in starke Bedrängnis. Die Kirche wird älter, es sterben mehr Mitglieder als getauft werden, es gibt Austrittswellen, übrig bleibt eine kleine Gruppierung Evangelikaler Christen, älterer Menschen, vereinzelt Quereinsteiger im Glauben. Auch deshalb wird der Ball zur Basis zurückgespielt. Mir scheint als werden Schwule und Lesben zum kirchenpolitischen Spielball degradiert und als Sündenböcke den Gemeinden vorgeführt. Mir wäre es wichtig, dass diese Situation in einem zeitlich begrenzten Rahmen nur erhalten bleibt. Ein Gewissensschutz darf nur noch eine bestimmte Zeit gelten. Eine Kirchenleitung muss ihre Glaubwürdigkeit behalten und sich nicht selbst als Instrument evangelikaler Ansichten benutzen lassen.
Das Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Religion kann nur durch eine Niemandslandzone in Spannung gehalten werden. Diese "Niemandslandzone" kann gefüllt werden mit allgemeinen Grundrechten wie wir sie in Deutschland haben und nur diese können einen drohenden Riss kitten. Durch manche religiöse Entscheidungen wird deutlich, dass man nicht zusammenhanglos mit Heiligen Schriften wie der Bibel und dem Koran allein Antworten kann, sondern man muss diese in Relation zu den Grundrechten setzen und die größtmögliche Schnittmenge finden. Denn in einem Gottesstaat wie wir ihn im Iran haben möchte ich nicht Leben.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Es ist sehr gut geschrieben und spricht mir aus dem Herzen.
Ein weitreichender Beschluss, wie ich finde und den Beiträgen bisher zu entnehmen ist.
Was mich daran verwundert ist, dass es hier um eine Handlung Gottes (Segen) an den Menschen geht, über die nun (natürlich dem eigenen Gewissen verpflichtet) ganz unterschliedlich entschieden werden kann. Wo ist Gottes Souverenität dabei?
Ein biblisches Zeugnis, welche die Segnung einer Lebenspraxis beschreibt, von der es auch heißt, dass sie Gott ein Greuel ist, bekomme ich in meinem Kopf einfach nicht mehr zusammen.
Gott im religiösen Verständnis kann nicht begrenzbar in eine Form gepresst werden, Gott ist eine Größe, die über den menschlichen Verstand reicht. Wie heißt es immer so schön "Gott ist höher als unsere Vernunft", "Gottes Wege sind unergründlich". Gott ist oft nicht kalkulierbar, berechenbar für uns. Eine Segenshandlung ist deshalb als Akt des bittenden Vertrauens zu diesem unbegrenzten Gottesbild zu verstehen. Man bittet um Begleitung und gibt die eigenen Vorstellungen bewusst an Gott ab. Man muss nicht alles aus eigener Kraft bewerten oder entwerten. Ich sehe in einer Segnung letztlich auch keine Wertung, ob etwas gut oder böse ist, ob etwas moralisch oder unmoralisch ist. Es ist ein Vertrauensakt auf Gottes gutes Handeln, eine Anerkennung seiner Allmacht, ein oft symbolischer, ritualisierter Vorgang, der verdeutlicht, dass nicht alle Entscheidungen aus eigener Kraft oder Vernunft getroffen werden müssen und können. Auch eigene Wünsche oder Haltungen dürfen Gottes Handeln nicht ersetzen bzw beschneiden. Ist eine Entscheidung der Kirchenleitung vom Gewissen der Gemeinde, des Pfarrers abhängig, wird der Akt des bedingungslosen Vertrauens, teilweise ersetzt durch menschliche, oft ganz unterschiedliche Bewertungen. Es gibt aber keinen halben Segen. Segenshandlungen dürfen nicht von menschlichen Kriterien bedingt werden, nur um den Gemeindefrieden nicht zu gefährden.
Auch Jesus hat nie in den Evangelien behauptet, bspw wenn er die Hände auflegt; "du wirst vielleicht gesund". Gott spricht Menschen direkt an und befiehlt [...]"steh auf und geh![...]", er setzt auf Vertrauen "[...]dein Glaube hat dir geholfen.[...]". Nach einem 3 jährigen Gesprächsprozess wünsche ich mir für die nächste Entscheidung der Landessynode deshalb einen zeitlich begrenzten Gewissensschutz in dieser Angelegenheit. Es kann nicht sein, dass in manchen Gemeinden homosexuelle Paare in Predigten verteufelt werden und in einer Nachbargemeinde findet ein Segnungsgottesdienst statt.
Sehr geehrter René,
ein "zeitlich begrenzter Gewissensschutz", da es nicht sein kann, dass in manchen Gemeinden.... (vgl. Ihre Schlussbemerkungen) ? Na - da beneide ich die Pfarrer nicht, deren Gewissen nach 5 Jahren noch immer schlägt und sie mahnt, es nicht zu tun. Die Gemeinden, die die Handlungen ihres Pfarrers ggf. zu akzeptieren haben, beneidet ich ohnehin nicht. Wieviel Zeit braucht es, um sein Gewissen zu verlieren? Gibt es nicht schon genügend gewissenlose Christen?
Vielfalt bedeutet tatsächlich Vielfalt - und nicht nach einer vielfältigen Übergangszeit von ca. 5 (oder wieviel Jahren auch immer) wiederum erzwungene Einheit. Und da kann es sehr wohl sein, dass....
Mir kommt angesichts solcher Ausführungen immer die Frage auf, ob uns Deutschen die Vielfalt überhaupt wirklich so sehr liegt. Wirkliche Vielfalt der Meinungen und Lebensformen muss man in Deutschland tatsächlich immer gegen beide Richtungen erkämpfen. Es gibt nicht nur "braune Einfalt" (wie es manchmal auf Spruchbändern bei Gegendemos erscheint), sondern auch stets "bunte Einfalt". Und auch die "Liberalen" können hierzulande in der Regel wenig mit wirklicher Freiheit anfangen.
Schöne - liberalfundamentalistische - Grüße aus dem Erzgebirge.
Manuel
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