Kirsten Fehrs zur Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche gewählt
Die deutschen Protestanten soll in den nächsten drei Jahren die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs repräsentieren. Sie wurde am Dienstag in Würzburg zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählt.Kirsten Fehrs ist zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden. Bei der Synodentagung in Würzburg erhielt die 63 Jahre alte Hamburger Bischöfin am Dienstag 97 von 130 Stimmen der Mitglieder des Kirchenparlaments sowie der Delegierten der 20 Landeskirchen, die in der Kirchenkonferenz organisiert sind. Es gab 14 Gegenstimmen und 19 Enthaltungen.
Als stellvertretender Ratsvorsitzender wurde der 60 Jahre alte sächsische Landesbischof Tobias Bilz zur Wahl vorgeschlagen. Die Abstimmung verzögerte sich zunächst aus technischen Gründen.
Fehrs sagte nach ihrer Wahl, sie wolle sich weiter für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt einsetzen. Maßnahmen, die sich aus der Studie zum Ausmaß von Missbrauch in der evangelischen Kirche ergeben, müssten „einheitlich, konsequent und zugleich empathisch“ umgesetzt werden. Mit Blick auf den Mitgliederverlust der Kirche und notwendige Reformen sagte sie: „Die nächsten Jahre werden uns viel abverlangen.“ Sie wolle „mit Mut und Zuversicht“ an Entscheidungen herangehen.
Die norddeutsche Theologin hatte das Amt als oberste Repräsentantin der rund 18,6 Millionen deutschen Protestanten vor einem Jahr bereits kommissarisch übernommen, nachdem die westfälische Präses Annette Kurschus im Zusammenhang mit einem Missbrauchsverdacht in ihrem früheren Arbeitsumfeld in Siegen zurückgetreten war. Nun erfolgte die Wahl für drei Jahre. 2027 endet die Amtszeit des 15 Mitglieder zählenden Rates der EKD, dem einer Regierung ähnlichen Leitungsgremium neben Synode und Kirchenkonferenz.
Fehrs ist seit 2011 Bischöfin in Hamburg, ihr Sprengel Hamburg und Lübeck gehört zur evangelischen Nordkirche. Dem Rat der EKD gehört Fehrs seit 2015 an, 2021 wurde sie zur stellvertretenden Ratsvorsitzenden gewählt.
Die Wahl von Fehrs zur Ratsvorsitzenden am Dienstag galt als sicher. Jedoch hatte am Montagnachmittag eine unabhängige Anwältin des Publikums den Synodalen in Würzburg Anliegen von Betroffenen sexualisierter Gewalt in der Kirche vorgetragen und dabei auch Vorwürfe gegen die Nordkirche und Fehrs angesprochen. Eine Betroffene aus der Nordkirche wirft der Theologin im Zusammenhang mit der Aufarbeitung ihres Missbrauchsfalls Befangenheit vor.
Hintergrund ist eine von der Betroffenen als „freundschaftlich“ bezeichnete Verbindung zwischen Fehrs und einem ehemaligen Pastor einer Hamburger Gemeinde, der von dem Missbrauchsfall in den 1980er Jahren gewusst haben soll. Fehrs leitete die Unterstützungsleistungskommission (ULK) der Nordkirche, die sich mit Fällen von Missbrauch und deren Aufarbeitung befasste. Die Nordkirche und die EKD weisen den Vorwurf der Befangenheit zurück, lassen den Fall jedoch inzwischen extern untersuchen. Die Nordkirche wollte aus rechtlichen Gründen keine näheren Angaben machen. Sie teilte aber mit, es sei unstrittig, dass der Betroffenen Anerkennungsleistungen zustehen.
Ratsmitglied Andreas Barner sagte am Dienstag vor der Wahl von Fehrs, der Rat habe sich die Einschätzung der EKD-Fachstelle Sexualisierte Gewalt zu eigen gemacht, wonach es keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten von Fehrs gebe. Ihn habe „immer wieder ganz besonders beeindruckt“, wie sich Fehrs in den vergangenen Jahren bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in evangelischer Kirche und Diakonie engagiert habe.
Auf den Fall ging Fehrs in ihrem Statement nach der Wahl direkt nicht ein. Sie sagte nur, sie habe in der jahrelangen Beschäftigung mit dem Thema gelernt, „in ordentlichen Verfahren zu arbeiten“ und „nicht jeden Vorwurf persönlich zu nehmen“.
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