Der geheime Konzern
Wie sich Sachsens Diakonie mit Kliniken und Millionen verhob, zur Rettung einen Konzern schuf, expandiert – und damit neuen Streit schafft.![](https://www.sonntag-sachsen.de/sites/default/files/styles/article/public/field/image/2016_10/2016_10_98162.jpg?itok=vnlW60DW)
Die Misere begann, als es am schönsten war. Befreit von den Fesseln der DDR wollte die Diakonie in den 1990er Jahren auch in Sachsen ein großes Stück vom Sozialmarkt. In Weinböhla etwa ließ man sich vom Immobilienfonds Serapeum eine Suchtklinik bauen und verpflichtete sich zu einer Jahresmiete von über 1,1 Millionen Euro – jährlich um zwei Prozent wachsend. In Zschadraß kaufte der Diakonie-Landesverband vom Freistaat eine psychiatrisch-neurologische Klinik.
Die Diakonie setzte auf steigende Sozialausgaben bei Staat und Kassen – die aber begannen um die Jahrtausendwende zu knausern. Das Diakoniewerk Zschadraß rutscht in die roten Zahlen. Andere Einrichtungen der Diakonie Sachsen wie die Reha-Klinik in Bad Elster standen vor der Pleite. Und in der Weinböhlaer Klinik musste der zur Rettung beispringende Landesverband 2012 zusammen mit dem Moritzburger Diakonenhaus mit 228 000 Euro aushelfen und im Folgejahr noch einmal mit 305 000 Euro.
Von einer »Infektionsgefahr« begann man in den Spitzen von Diakonie und Landeskirche zu sprechen. Über zehn Jahre diskutierte man dort über mögliche Auswege.
Die Lösung lieferte der Wirtschaftsberater Roberto Schimana: Er konstruierte ab 2008 in aller Stille und mit dem Segen der Spitzengremien aus elf mehr oder weniger Not leidenden Tochtergesellschaften des Diakonie-Landesverbandes einen Konzern mit heute über 1250 Mitarbeitern und führte sie in die schwarzen Zahlen. Die Anteile der Firmen samt Millionenrisiko wurden ausgelagert in eine 2013 gegründete Diakoniestiftung.
Für über elf Millionen Euro konnte sich die Stiftung aus dem Knebelvertrag für die Weinböhlaer Klinik freikaufen. Das Problem: Keine Bank gab Kredit. Das Landeskirchenamt lieh deshalb kurzfristig und ohne Synodenbeschluss vier Millionen Euro, wollte das Geld aber schnell zurück. Also griff die Stiftung in die Rücklagen der eigenen Unternehmen.
Das profitable Diakoniewerk Westsachsen, an dem der Landesverband zu 93 Prozent beteiligt ist, sollte vier Millionen Euro abliefern. Dagegen aber legte der Glauchauer Diakonieverein, dem die restlichen sieben Prozent gehören, sein Veto ein.
Er wehrt sich auch gegen die Übernahme des Werkes in die Stiftung und einen von ihr entsandten zweiten Geschäftsführer. Im Januar kam der Streit vor das Zwickauer Landgericht – und ging zugunsten der Westsachsen aus. »Es ist zutiefst bedauerlich, dass sich das Diakonische Werk Glauchau nur mit Hilfe stattlicher Gerichte gegen das rechtswidrige Vorgehen des eigenen Dachverbandes wehren kann«, sagt der Glauchauer Superintendent Johannes Jenichen. »Auch muss die Frage gestellt werden dürfen, ob sich durch solch eine Handlungsweise des Dachverbandes nicht Diakonie und Kirche auseinander entwickeln.«
Die Diakonistiftung ist weiter auf Expansionskurs. Ihr zentrales Steuerungsunternehmen mit dem Namen SEG Stiftungsentwicklungsgesellschaft mbH Chemnitz übernimmt schon heute für 35 diakonische Träger in Sachsen die Gehaltsabrechnung. Für die Dresdner Stadtmission betreut sie die Computertechnik. Bereits Mitte 2014 übernahm die Diakoniestiftung 76 Prozent des Diakoniewerkes Reichenbach. Der Rest gehört weiter dem örtlichen Diakonieverein, der sich einen starken Partner auf dem härter werdenden Sozialmarkt gewünscht hatte. Andere diakonische Träger haben bei der Stiftung schon angeklopft.
In diesem Jahr greift die Stiftung sogar über die Diakonie hinaus. Im Januar stieg sie bei dem Pirnaer Träger Hilfe und Selbsthilfe für psychisch Kranke gGmbH ein – dabei gehörte der bisher zum Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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