Können Sie halten, wie willst Du!
Die Welt in schwarz und weiß
Fundamentalismus ist ein Kind der Angst: Die einen fürchten um ihre Freiheit, die anderen um Gottes Wort. Auch in Sachsens Landeskirche ist das zu spüren.![](https://www.sonntag-sachsen.de/sites/default/files/styles/article/public/field/image/2015_05/2015_05_90561.jpg?itok=LyoxP9ZE)
Religion rüttelt die Menschen wieder. Auf die gesamte Menschheitsgeschichte gesehen ist das nichts sonderlich Neues – im weitgehend atheistischen Ostdeutschland allerdings schon. Zehntausende gehen auf sächsische Straßen gegen die Islamisierung des Abendlandes, Islamisten wiederum drohen mit Terroranschlägen in Dresden, und Fernsehsender recherchieren alarmierend so wie gerade der MDR über christlichen Fundamentalismus.
Hat das eine mit dem anderen zu tun? Nein – und irgendwie doch. Der Begriff des Fundamentalisten ist eine christliche Erfindung, konservative Protestanten in den USA gaben sich vor gut 100 Jahren selbst diese Bezeichnung. Sie wollten mitten im Strudel der Moderne zurück zum Fundament, zur irrtumslosen Bibel – gegen eine liberale Theologie, die historisch-kritisch jeden Stein in ihr umdrehte.
Heute ist der Begriff zum Angstbild geworden. Und zur rhetorischen Keule. Je fremder einer Gesellschaft die Religion wird, desto furchterregender erscheint sie ihr, wenn sie mehr beansprucht als nur Wellness für die Seele. Eine linksliberale Öffentlichkeit hat Angst vor einem konservativen Christentum, die Konservativen von Pegida haben Angst vor einem konservativen Islam. Auch Salafisten wollen schließlich zurück zur reinen Lehre. Das Urteil: Fundamentalismus.
Was die Kritiker am stärksten beunruhigt: Dass Gläubige aus heiligen Schriften Forderungen ableiten für die ganze, im Osten mehrheitlich nicht-gläubige Gesellschaft. Das muss als Bedrohung gesehen werden. Scharia statt Grundgesetz? In Deutschland bislang undenkbar. Doch auch der jährliche »Schweigemarsch für das Leben« in Annaberg-Buchholz, bei dem hunderte Christen gegen straffreie Abtreibungen protestieren, wird in einer Studie der grünen Böll-Stiftung als Beleg für Fundamentalismus – diesmal christlicher Art – angeführt.
Oder die Debatte über gleichgeschlechtliche Paare in Pfarrhäusern, die seit Jahren in Sachsen schwelt. Eliten in Politik, Medien und Kirchen mutet das archaisch an, oder gar rechtsextrem: Haben Grundgesetz, Wissenschaft und aufgeklärte Menschenfreundlichkeit da nicht längst das letzte Wort gesprochen? Dass Gläubige sich in ihrer Ablehnung von Homosexualität durch die Heilige Schrift gebunden fühlen, können sie nicht verstehen. Beide Seiten begegnen einander nicht selten mit einem Gefühl von moralischer Überlegenheit. Den Unmut der Unverstandenen schürt das nur noch weiter. Siehe Pegida.
Neu ist dieser Konflikt nicht. Stellt man sich die Propheten des Alten Testaments lebendig vor Augen, man würde sie heute Fundamentalisten nennen. Radikale, Feuerköpfe, göttliche Rechthaber. Ihnen ging es freilich mehr um Gerechtigkeit als um Homosexualität, um die Treue zu Gott und eine gepfefferte Watsche an eine blasse Amtstheologie ging es ihnen aber auch.
Was heute aber wirklich neu ist: Mit Gott lässt sich in einer Gesellschaft, in der viele an keinen Gott mehr glauben, nicht länger Politik machen. Die Menschen sind so frei von Bevormundung wie noch nie, und sie wollen es bleiben. Auch die Gläubigen leben – gebunden nur an Gott und ihr Gewissen, wie es Luther und die Pietisten vordachten – ihren Glauben so individuell wie noch nie. Doch zugleich suchen nicht wenige Gläubige im Meer dieser Freiheiten nach sicheren Fundamenten. Sie suchen im Überfluss all der Zweideutigkeiten das Eindeutige, das Wahre. Das Schwarz und das Weiß.
Das kann hart machen. Oder weich, wo sich das Eindeutige in der Liebe Gottes zu den Menschen finden lässt. Dies könnte ein Fundament sein, auf dem sich auch Nicht- und Andersgläubige treffen könnten. Ein Fundamentalismus ohne Bedrohung und Angst.
Britta schreibt:
06. Februar 2015, 17:32
Liebe Britta,
die Anstalt ist wirklich außergewöhnlich gut!
Ich gebe Ihnen recht, dass wir den Islam nicht liberalisieren werden. Und wenn sie sehen, was bei uns so die Alternative ist, bekommen sie vielleicht auch gar keine Lust dazu.
Unsere Fundis sind ja kein bisschen besser. Der Link des Muslims, den ich aus Rücksicht auf die Schwachen im Glauben nicht einstellen möchte, macht das wunderbar deutlich. Der argumentiert genauso, wie es etwa Bastl gemacht hat oder der Beobachter es immer noch tut – nur eben aus seiner Sicht. Und da merkt man, dass Denken überall nicht nur FreundInnen hat. Aber es gibt eben auch die anderen – so als Trost.
Weil es immer die Räuberbanden gibt, braucht es die Alternativen. Weil Räuberbanden aber immer noch so etwas wie Ordnung garantieren – manche besser, manche schlechter – müssen die Alternativen komplementär gedacht werden.
Und das mit dem Lob und dem Link – aber das wissen Sie ja – war ja nicht für Sie gedacht. Sicher erinnern Sie sich an den, der es auch gern gekonnt hätte: "Auch, wenn ich mit Ihnen spielte, gehöre ich nicht exklusiv Ihnen. Anders: Ich spiele simultan zugleich noch andere Spiele, da ich ja weiß, dass meine Texte auch von anderen gelesen werden. (Kränkt Sie das?)"
Sie wissen ja, wie ich Ihre Geduld und Ihre Bereitschaft schätze, sich gerade dort einzubringen!
Herzlich
Ihr Paul
Niemals, lieber Paul,
wäre ich von Ihnen gekränkt! Egal, wie hart wir diskutieren - übrigens auch eine Eigenschaft, die ich sehr an Herrn Rau schätze! Ich hoffe, es ergeht Ihnen umgekehrt genauso!
Herzlich
Ihre Britta
Lieber Paul,
zu Paul schreibt 04. Februar 2015, 0:26 - m.E. wird aber regelmäßig ausgeblendet, daß das Gewaltpotential vom NT absolut nicht jenem des Korans (incl. der Fatwas) entspricht, so daß sich Gewalttäter nicht darauf berufen können. Und wenn in Uganda jemand unter Ermordung von Tausenden einen Gottesstaat unter Berufung auf die 10 Gebote gründen will, dazu gehört doch auch das 5.?! Also ist diese Begründung weniger schlüssig als jene des IS...
zu Paul schreibt 05. Februar 2015, 19:38 - wer gern Scholl-Latour liest, kennt diese Zusammenhänge, weiß auch, wer die Russen nach Afghanistan gerufen hat... Zur Schlußfigur sage ich nur: Lawrence von Arabien bzw. Balfour-Deklaration...
Ich werde mir am Montag persönlich Cegida ansehen, da schon bei der ersten die Augenzeugenberichte deutlich von den Presseberichten abwichen. Zudem wüßte ich gern, was an den 6 Punkten des Programms von Cegida auszusetzen sei, das würde ich wirklich gern mal konkret von einem ...gida-Gegner ausgeführt haben wollen... Könnte sogar ein lustiger Abend werden, da einige Kollegen und Bekannte dort auch hinwollen.
A propos Weihnachtsmann: https://www.youtube.com/watch?v=3RnyEXKVlec
Herzliche Grüße
Ihre Britta
Liebe Britta,
bitte richten Sie in Chemnitz schöne Grüße an a l l e Freunde aus.
Und bitte, halten Sie bei den "Gegnern" die vielen unschuldigen Kinder und Studenten aus der Sache raus. Die können doch nichts dafür, daß sie dort sein müssen!
Sie wissen doch, wo wir früher überall (gegen unseren Willen!) hin "mußten"!
Ich hatte eigentlich nicht vor, mit stichsicherer Weste und Curareblasrohr zu gehen :-)
Ich meinte ja nur, weil Sie von einem der Gegner "Auskunft" haben wollten!
Ich wär, wie Gert, auch auf Ihren Bericht gespannt. Ich denke, er wird eher dem entsprechen, den wir von dem letzten Spaziergang erhielten. Noch sind die Medien nicht ganz so weit!
Toll, daß Ihre Kolleginnen auch dort hingehn!
Liebe Britta, auf Ihren Bericht bin ich gespannt. Der mir bisher vorliegende könnte dadurch in ein neues Licht gerückt werden.
ein schönes Wochenende
Gert Flessing
http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.villingen-schwenningen-christen...
Mann beachte die Lerserkommentare!
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