»Wer aufbricht, kann hoffen«
Umkehr: Die Landeskirche will sich stärker für Nachhaltigkeit und eine andere Art des Wirtschaftens einsetzen. Doch wie kann dieser Wandel gestaltet werden?In Zeiten verbreiteter Untergangsstimmung hat sich die sächsische Landeskirche gegen den Trend für Aufbruchstimmung entschieden und ist der Initiative »Ökumenischer Prozess – Umkehr zum Leben« beigetreten, einem bundesweiten kirchlichen Netzwerk, das sich für Nachhaltigkeit und eine Wirtschaft im Dienst des Lebens einsetzt. »Die Frage der Umkehr ist hochaktuell«, sagte Landesbischof Tobias Bilz bereits in seiner Einführungspredigt vor einigen Wochen in Meißen. Bezogen auf den wirtschaftlichen Neustart nach den Corona-Beschränkungen forderte er eine umweltverträgliche Form des Wirtschaftens. »Ist es nicht auch wie ein Fluch, dass Wirtschaft immer weiter wachsen muss? Brauchen wir wirklich eine fortwährende Verbesserung unserer Lebensmöglichkeiten?«, fragte er. Mit der Mitwirkung beim »Ökumenischen Prozess« will die Landeskirche nun diese Umkehr vom permanenten Wachstumsstreben aktiv befördern.
Dieses Netzwerk wurde 2013 gegründet und umfasst derzeit 30 Landeskirchen, Bistümer, Werke und kirchliche Einrichtungen. Ziel ist es, durch kirchliche Beiträge die »Große Transformation« voranzutreiben – eine Forderung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung aus dem Jahr 2011, die unter anderem Gegenentwürfe zum Streben nach Wachstum umfasst. Dies will der »Ökumenische Prozess« für den kirchlichen Bereich befördern. »Ein großer Teil der globalen Ungerechtigkeit entsteht durch ein ausbeuterisches Wirtschaftssystem, das wir durch unseren täglichen, unmäßigen Verbrauch stützen«, erklärt Christine Müller von der landeskirchlichen Arbeitsstelle Eine Welt und ergänzt: »Um die Transformation unserer Gesellschaft voranzubringen, müssen wir Kirchen selbst radikal umkehren: Beim Einkaufen und Verbrauchen oder auch zum Beispiel mit der konsequenten CO2-Sanierung unserer Gebäude, mit solidarischer Landwirtschaft, einer ökofairen Verpachtung von Kirchenland oder bei unserer eigenen Mobilität und unseren Flug-Dienstreisen zum Beispiel.« Müller wird die sächsische Landeskirche künftig beim »Ökumenischen Prozess« vertreten.
Zeitgleich ist auch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) dem »Ökumenischen Prozess« beigetreten. Für deren Landesbischof Friedrich Kramer ist der »Umbau unserer ganzen Gesellschaft hin zu einer post-fossilen Lebensweise« die große aktuelle Herausforderung. Dieser Umbau sei nicht nur eine Frage des Klimaschutzes oder des Kohlendioxid-Ausstoßes, sondern einer generellen Transformation »Es ist nötig, einen kulturellen Wandel in diesen Fragen voranzubringen«, betonte er.
In ähnlicher Weise hatte bereits vor einigen Wochen Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) für eine Abkehr von den Spielregeln des bisherigen Kapitalismus plädiert. »Der Immer-weiter-schneller-mehr-Kapitalismus der letzten 30 Jahre muss aufhören«, sagte er der »Rheinischen Post«. Die Corona-Krise sei ein Weckruf an die Menschheit, mit Natur und Umwelt anders umzugehen.« Und der brasilianische Theologe Leonardo Boff fragt in einem aktuellen Beitrag: »Nach dem Coronavirus wird es nicht mehr möglich sein, das Projekt des Kapitalismus als Produktionsweise oder des Neoliberalismus als sein politischer Ausdruck fortzusetzen.« Dieser Kapitalismus sei nur gut für die Reichen, ansonsten sei er eine Hölle und für die Natur ein Krieg ohne Waffenstillstand. Boff plädiert für ein Zusammenleben, das von Kooperation und gegenseitiger Verantwortung, von einer »Ethik des Genug« und von Nachhaltigkeit geprägt ist. Dazu brauche es eine »Wirtschaft im Dienst des Lebens«. Wenn sich die Landeskirche nun an dieser »Umkehr zum Leben« aktiv beteiligt, folgt sie dem Ratschlag des Theologen und Lieddichters Klaus-Peter Hertzsch, der in seinem Lied »Vertraut den neuen Wegen« dichtete: »Wer aufbricht, der kann hoffen.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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