Landesbischof Bilz: »Wir haben Kraft«
Landesbischof Tobias Bilz ermutigt seine Kirche zu gestalten, nicht nur zu verwalten. Mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sprach Bilz, der auch stellvertretender Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, über Mitgliederzahlen, Nachwuchsgewinnung und leere Kirchen.epd: Im neuen Jahr wird die sächsische Geschäftsstelle einer unabhängigen regionalen Aufarbeitungskommission zu sexualisierter Gewalt eingerichtet. Welche Erwartungen verbinden Sie damit?
Bilz: Das ist nach vielen Aktivitäten in der Aufarbeitungsarbeit ein wichtiger Neustart für uns. Zunächst werden drei Mitarbeiterinnen von Januar an in der Geschäftsstelle arbeiten. Bis März soll dann die unabhängige Kommission gebildet werden. Wir tun alles dafür, dass das Vorhaben gelingt.
epd: Wer wird in die Kommission berufen?
Bilz: Es wird jeweils eine Person von der Landeskirche und vom Diakonischen Werk dabei sein, zwei Vertreter von Betroffenen sowie drei unabhängige Personen, die vom Freistaat bestimmt werden. Daraus ergibt sich ein Gremium, welches eine neue Qualität der Aufarbeitungsarbeit ermöglicht.
epd: Die Mitgliederzahlen in den Kirchen gehen weiter zurück, auch in der sächsischen Landeskirche. Damit werden auch weniger Steuern erwartet. Worauf kommt es vor diesem Hintergrund jetzt besonders an?
Bilz: Den Rückgang haben wir schon über viele Jahre. Er ist offensichtlich ganz unabhängig von einzelnen Maßnahmen, die wir ergreifen. Das ist so etwas wie ein Megatrend. Als Kirche sollten wir uns nicht daran abarbeiten. Wir haben weiterhin Kraft, auch wenn es sich kleiner anfühlt. Ich wünsche mir, dass wir als Kirche nicht unablässig auf diese Zahlenkolonnen schauen. Christinnen und Christen müssen in einer Gesellschaft nicht zwingend die Mehrheit bilden. Aber sie können sich ihrer Kraft und Möglichkeiten bewusst sein. Es gilt, sich zu konzentrieren auf das, was wir gut können und was gebraucht wird. Ich möchte meine Kirche dazu ermutigen: Wir haben Kraft und wir setzen diese ein. Wir sollten uns weniger an Defiziten orientieren.
epd: Die sächsische Kirchenleitung hat 2016 das Papier „Kirche mit Hoffnung“ zum Strukturwandel der Landeskirche bis 2040 entwickelt. Wie bewerten Sie das Papier?
Bilz: Es war für mehrere Schritte der Strukturveränderung in den vergangenen Jahren ein wichtiges Leitpapier. Das hat uns geholfen. Jetzt sind wir dabei zu schauen, wie wir unsere Strategie weiterentwickeln können.
epd: Wo steht die sächsische Landeskirche aktuell?
Bilz: Alle fünf Jahre überprüfen wir, wie wir mit den aktuellen Mitteln und Mitgliederzahlen unsere Arbeit tun. Derzeit haben wir eine Arbeitsgruppe in der Kirchenleitung „Kirche im Wandel - Wege bauen für das Kommende“, die das Papier aktualisiert und Schwerpunkte neu bestimmt. Sie soll Leitgedanken entwickeln für die Zukunft der Kirche. Die Gruppe wird bis Ende 2025 arbeiten. Daher kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts Konkretes sagen. Drei Stärken unserer Landeskirche aber sind auf jeden Fall Kirchenmusik, Bildung und Diakonie. Und wir sollten - auch vor Ort - immer wieder schauen, wo wir als Kirche gebraucht werden.
epd: Welche Anstrengungen gibt es beim Thema Pfarrernachwuchs?
Bilz: Nachwuchsgewinnung funktioniert vor allem über persönliche Gespräche, über Menschen, die in kirchlichen Berufen sind. Ich würde die Menschen in diesen Berufen ermutigen, das im Blick zu behalten, wenn sie mit jungen Menschen zu tun haben. Wir werden zudem weiter werben, zum Beispiel auf Messen und mit vielfältigen Aktivitäten. Wie gesagt, die persönlichen Kontakte sind besonders wichtig. Für viele Theologiestudierende war die Religionslehrerin oder der Religionslehrer ein Anstoß, den Pfarrerberuf zu ergreifen. Jetzt in dieser Zeit Theologie zu studieren und einen kirchlichen Beruf zu beginnen ist absolut sinnvoll, weil wir in Gestaltungszeiten hineinkommen, aus denen sich vielfältige Möglichkeiten der beruflichen Mitwirkung ergeben. Es geht nicht nur um Erhaltung, wir wollen gestalten.
epd: Im landeskirchlichen Haushalt stehen sechs Millionen Euro weniger für Kirchengebäude bereit. Muss sich die Landeskirche zukünftig von Sakralgebäuden verabschieden oder zumindest in der Nutzung komplett umdenken?
Bilz: Die Kürzung im Baubereich ist als Instrument zur Steuerung des Haushaltes nicht ungewöhnlich. Das heißt aber nicht, dass wir uns langfristig aus den Bauaufgaben für unsere kirchlichen Gebäude zurückziehen. Es gibt keine Pläne, sich von Kirchgebäuden zu trennen. Allerdings gibt es weitere Gebäude der Gemeinden, wie Pfarrhäuser oder Gemeindehäuser, da prüfen wir immer wieder, in welcher Form diese zu halten sind. Die Frage ist trotzdem berechtigt, tatsächlich ist der Kirchenbestand dafür ausgelegt, dass eine Mehrheit der Bevölkerung auch der Kirche angehört. Es sind aber aktuell nur noch 17 Prozent der sächsischen Bevölkerung evangelische Christinnen und Christen. Wir werden fragen müssen, wie wir unsere Gebäude nutzen können, vielleicht auch in Kooperationen mit regionalen Initiativen. Dass wir die Gebäude mit unseren Mitmenschen teilen, das ist für mich sehr wichtig.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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