Mit den Augen Gottes sehen
Glauben: Der Sonntag Okuli bedenkt den Psalm »Meine Augen schauen stets den Herrn«. Doch wie »sieht« man Gottes Wirklichkeit? Eine kleine biblische Sehschule.
Die Auferweckung Jesu ist der Beginn der neuen Welt Gottes. Gott hat exemplarisch an einem Menschen gezeigt, was mit uns allen und der ganzen Schöpfung geschehen soll. Deshalb spricht Paulus davon, dass Jesus Christus der »Erstling« der neuen Schöpfung ist (1. Korinther 15,20). So wie Jesus verwandelt wurde, wie er eine neue leibliche Seinsweise von Gott bekam, so soll die ganze Schöpfung verwandelt werden.
Wenn wir uns vorstellen, dass unsere irdische Existenz das Raupenstadium darstellt und die Vollendung darin besteht, dass wir zu wunderbaren Schmetterlingen werden, dann ist Jesus der Erste, an dem Gott diese Metamorphose vollzogen hat. Durch Jesus hat Gott einen Prozess eingeleitet, der letztlich dazu führen wird, dass die ganze Schöpfung in diesen Strudel des Lebens hineingezogen wird. An einem Ort seiner Schöpfung ist Gott bereits die absolute Mitte geworden: in dem Menschen Jesus von Nazareth. Nun wird er nicht ruhen, bis er allem einwohnt und so das Werk vollendet, das er in Jesus begonnen hat. Wenn wir also wissen wollen, wie Gottes neue Schöpfung aussieht, dann müssen wir nur auf den Auferstandenen blicken. Dort sehen wir eine neue verwandelte Form von Leiblichkeit und erkennen: Das letzte Ziel Gottes besteht nicht in der Erschaffung eines Geistreiches, wo Gott die Seelen der Menschen versammelt. Gott geht es nicht um die Vernichtung seiner Schöpfung, sondern um deren Erlösung und Verwandlung.
Es hängt alles an der Auferstehung. Sie ist der archimedische Punkt, von dem aus die unheilvolle Wirklichkeit unserer Welt aus den Angeln gehoben werden kann. Wenn da nur dieses Wort »wenn« nicht wäre: »Wenn Gott Jesus auferweckt hat …«. Natürlich behaupten seine Jünger genau dies. Aber gibt es für uns heute einen Weg, dies zu beglaubigen? Oder bleibt nur der frustrierende Weg eines blinden Glaubens, sodass man zugeben muss, dass auch wir Christen über bloße Behauptungen nicht hinauskommen?
Eine Möglichkeit könnten die Zeugen der Auferstehung sein. Paulus nennt im 1. Korintherbrief (Kapitel 15) viele Menschen, denen der auferstandene Christus begegnet ist. Paulus und die Evangelien betonen, dass Jesus den Menschen erschienen ist – im griechischen Text steht so viel wie »er ließ sich sehen« –, also von außen her, überraschend, oft eher Verwirrung stiftend als beglückend. Alle Aktivität lag bei dem Erscheinenden und nicht innerhalb der menschlichen Psyche.
Im Grunde genommen wird uns auch heute nur die Begegnung mit dem lebendigen Christus von seiner Auferweckung überzeugen: Dass uns Christus als liebendes Du begegnet, als einer, der von außen her in unser Leben einbricht, so dass unsere Lebensgeister neu erwachen. Dabei kann er sich in ganz menschliche Gewänder hüllen. Er kann durch Zufälle begegnen, durch ein Buch, durch das Wort eines Menschen, durch ungeheuere Glücksmomente und durch tiefe Krisen, durch schlechthin alles. Aber dort, wo er uns begegnet, da ist es so, wie wenn uns mitten in der irdischen Wirklichkeit ein Licht aus der Ewigkeit entgegenleuchtet.
In der Geschichte vom Zweifler Thomas sagt Jesus den Satz: »Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.« Ich halte es für ein grobes Missverständnis dieses Satzes, wenn man daraus einen blinden Glauben ableitet. Gerade das Johannesevangelium zielt auf Gotteserfahrung, so fragmentarisch diese in unserem Leben auch immer bleiben mag.
Zu glauben und zu vertrauen bedeutet, einen Schritt ins Ungewisse zu tun, über mich hinaus, hin auf Gott. Das ist, wenn man so will, tatsächlich erst einmal ein »blinder Glaube«. Aber der blinde Glaube zielt auf das Sehen und Erkennen, zielt auf Erfahrung, zielt darauf, dass mir Gott entgegenkommt. So angefochten der Glaube auch immer sein wird, er kommt aus Erfahrung und zielt auf Erfahrung.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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